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„Wir waren darauf vorbereitet“ – wie Murphy&Spitz Green Energy den angekündigten Zahlungsstopp für Ökostromanlagen in Tschechien bewertet

Der Streit um die angekündigte Aussetzung der staatlich garantierten Ökostromvergütung in Tschechien hält an. Der Photovoltaik-Branchenverband des Landes läuft dagegen Sturm. Die Murphy&Spitz Green Energy AG betreibt in Tschechien Solarkraftwerke. ECOreporter.de hat bei dem Bonner Unternehmen nachgefragt, wie es die Situation in Tschechien für sich und ihre Anleihe- und Genussrechte-Anleger bewertet.

Vor kurzem hat die Vorsitzende der tschechischen Energieregulierungsbehörde ERU, Alena Vitásková, die die Ökostrombranche des Landes schwer in Aufruhr versetzt. Grund war ihre Ankündigung, ab 2016 die staatlich garantierte Einspeisevergütung für alle Ökokraftwerke  auszusetzen, die vor 2012 in Betrieb gingen. Anlass dazu sei die laufende Prüfung  des Ökostromgesetzes durch die EU-Kommission, hatte die Behördenleiterin erklärt (ECOreporter.de  berichtete).

Photovoltaikverband fürchtet Klangen- und Pleitewelle

Ein großer Teil des Ökostromausbaus in Tschechien fand zwischen 2006 und 2012 statt. Ebendiese Baujahre wären vom Zahlungsstopp betroffen. Deshalb wäre das ein harter Schlag für die gesamte Ökostrombranche des Landes. Der tschechische Photovoltaikbranchenverband CZPHO warnt in einer Stellungnahme einerseits vor einer drohenden Pleitewelle bei den Betreibergesellschaften und andererseits vor einer Flut von Klagen von Investoren. Eine unabhängige Analyse von Rechtsexperten habe ergeben, dass die ERU „rechtliche Grenzen überschreitet“, wenn es zum Stopp komme, so der CZPHO. Zudem werde eine Aussetzung den Ruf des Wirtschaftsstandorts Tschechien international „irreparablen Schaden“ zufügen,  sagt Veronica Hamáčková, Direktorin des Photovoltaikverbandes. Dass gerade der Photovoltaikverband Alarm schlägt, ist kein Zufall. Ihm zufolge sind 22.000 der 25.000 potenziell betroffenen Kraftwerke Solaranlagen. An diesen Anlagen hänge zudem der Bankensektor mit Finanzierungen im Gegenwert von umgerechnet 5,6 Milliarden Euro, so Hamáčková weiter.

Murphy&Spitz Green Energy AG „nicht  überrascht“

Die Murphy&Spitz Green Energy AG aus Bonn ist als Anlagenbetreiber unter anderem am tschechischen Markt aktiv. Anleger sind über Anleihen und Genussrechte am Unternehmen beteiligt (lesen Sie dazu unseren  ECOanlagecheck (Link entfernt), und dieser  Artikel (Link entfernt)  stellt die Anleihe vor). „Überrascht hat uns das Vorgehen der tschechischen Behörde ERU nicht. Wir waren darauf vorbereitet.“, sagt Philipp Spitz, Vorstand der Murphy&Spitz Green Energy AG. Marktakteure dürften die tschechische Politik generell nicht so konstant erwarten wie beispielsweise in Deutschland, erklärt er. „Wir haben in der Vergangenheit mit der Kürzung der Einspeisetarife und der Abschaffung beziehungsweise Reduzierung der Sondersteuer auf Stromerträge aus Solaranagen positive und negative Überraschungen erlebt“, blickt er zurück. Tarifkürzungen bei Erneuerbare-Energien habe es vielerorts in Europa gegeben, sagt Spitz. „Wirklich hart getroffen wurden in der Vergangenheit beispielsweise  Photovoltaikanleger in Spanien und auch Italien“, erläutert der Vorstand. „In diesen Fällen waren oftmals jedoch nicht in erster Linie die Tarifkürzungen selbst das Problem. Es traf vor allem klassische geschlossene Fonds, die einzig in einem Land und vielleicht in eine einzelne Anlage investiert hatten“, führt er aus. Entscheidend sei dabei auch, „ob die Solaranlagen günstig eingekauft und defensiv finanziert worden sind“, so Spitz weiter.

Anleihe-Anleger und Genussscheininvestoren der Murphy&Spitz Green Energy sollen weiter pünktlich ihre Zinsen erhalten

Gerade in dieser Hinsicht sieht Spitz die Murphy&Spitz Green Energy AG  gut  aufgestellt: „Die Murphy&Spitz Green Energy AG betreibt fünf größere Solaranlagen, zwei Dachanlagen-Portfolios  und eine Windkraftanlage in Deutschland, Italien und in der Tschechischen Republik.  Wir legen bewusst Wert  darauf, unser Anlagenportfolio so zu diversifizieren“, erklärt Spitz. „Unsere Anleihen-Anleger und Genussrechtsinhaber investieren auch nie in eine einzelne Anlage, sonders stets in die Gesellschaft Murphy&Spitz Green Energy“, betont er. In Tschechien betreibe  Murphy&Spitz Green Energy zwei  größere Solaranlagen mit zusammen 1,9 MW Leistungskapazität. „Wir sehen uns in der Tschechischen  Republik nach wie vor in einer sehr guten Position“, sagt Spitz. Beide Anlagen seien mit 30 bis 40 Prozent Eigenkapital „defensiv“ finanziert und die Banken hätten bei der Finanzierung hohe Sicherheiten verlangt, erklärt Spitz; „Die größere der beiden Anlagen ging 2009 in Betrieb, die kleinere ein Jahr später. Als die Anlagen gebaut beziehungsweise erworben wurden, kalkulierten wir mit der damals gültigen Sondersteuer für Solarstrom. Die lag bei 26 Prozent der Bruttoerträge aus der Stromproduktion. Zum 1. Januar 2014 senkte die tschechische Regierung diese Steuer für Anlagen ab dem Inbetriebnahme-Jahr 2010 auf 10 Prozent. Für Anlagen von 2009 entfiel die Steuer sogar komplett.“

Außerdem verfügten die tschechischen Kraftwerke laut Spitz über ein gutes Polster an Rücklagen für Reparaturen und ähnliches, das bisher unangetastet geblieben sei. Und nicht zuletzt liege die Stromproduktion beider Anlagen in Tschechien „regelmäßig über Plan“, sagt der Vorstand der Murphy&Spitz Green Energy AG. All das mache die  tschechischen Anlagen „sehr lukrativ“ für sein Unternehmen und die Anleger. „Sowohl die Anleihe-Anleger als auch die Genussscheininhaber haben ihre Zinsen bislang stets pünktlich und in voller Höhe ausgezahlt bekommen. Wir sind davon überzeugt, dass das auch in Zukunft der Fall sein wird“, sagt Spitz.

Möglicher Auszahlungsstopp nur eine Momentaufnahme?


Ohnedies sei die mögliche Aussetzung der Einspeisevergütung aus der Sicht von Murphy&Spitz lediglich eine „Momentaufnahme, die in maximal ein bis zwei Monaten gelöst werden dürfte“, so Spitz. „Zum aktuellen Vorgehen der ERU in Tschechien ist wichtig zu wissen, dass noch nicht viel passiert ist. Die Einspeisevergütung wird nach wie vor bezahlt. Allerdings werden die Tarife für das kommende Jahr in Tschechien jeweils im November festgesetzt“, erklärt er. Die ERU habe den Termin der Festsetzung lediglich verschoben. Und die Tarife für Januar 2016 würden  üblicherweise erst bis zum Ende des Folgemonats ausgezahlt. Die Regierung habe zudem bereits Maßnahmen angekündigt, um den vorübergehenden Stopp durch die ERU aufzuheben. „Sie können davon ausgehen, dass die Banken in dieser Frage eine gewichtige Stimme haben werden“, fügt Spitz mit Blick auf die milliardenschweren Bankfinanzierungen für Ökokraftwerke in Tschechien an. Gegen die ERU-Leiterin Vitásková werde im Zusammenhang mit möglichen Unregelmäßigkeiten bei Lizenzvergaben für Solaranlagen im Jahr 2010 strafrechtlich ermittelt, so Spitz. „Die Argumentation mit der Prüfung durch die EU erscheint uns in diesem Zusammenhang eher vorgeschoben“, so Spitz weiter.
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