Nachhaltige Aktien, Meldungen

Mit dem Rücken zur Wand? - Grundkapital von Singulus aufgezehrt

Die existenzielle Krise der Singulus Technologies AG spitzt sich zu. Wie ernst die Lage um den Ausrüster der Photovoltaikindustrie aus Kahl am Main inzwischen ist, unterstreicht eine Pflichtmitteilung, die unmittelbar vor der für heute angesetzten Hauptversammlung den Aktienkurs abstürzen ließ: Die Verluste der jüngeren Vergangenheit haben große Teile des Grundkapitals der Singulus Technologies AG aufgezehrt. Ob der Befreiungsschlag mittels Schuldenschnitt gelingt, bleibt offen.

Für die Anleger der Singulus Technologies AG häuften sich jüngst die Hiobsbotschaften. Die neueste deutete sich bereits an und ist nun Gewissheit: Über eine Pflichtmitteilung gab die Singulus-Führung bekannt, im Zwischenabschluss zum 31. Mai 2015 sei „ein Verlust nach Steuern in Höhe von 9,8 Millionen Euro eingetreten, durch den mehr als die Hälfte des Grundkapitals verzehrt wurde.“ Im Brief an die Aktionäre geht der Vorstand auf weitere Hintergründe ein: „Ein nicht zu erwartender Einbruch des Optical-Disc-Geschäfts gepaart mit einem ausbleibenden Aufschwung im Solarmarkt haben zu einem drastischen Rückgang der Auftrags- und Umsatzlage geführt. Neben der Schwäche im operativen Geschäft führte schließlich die Zinslast aus der begebenen Unternehmensanleihe zu einem deutlichen Jahresverlust im abgelaufenen Jahr, der das Eigenkapital der Gesellschaft entsprechend gemindert hat“, heißt es. Besagte Anleihe (ISIN DE000A1MASJ4 / WKN A1MASJ) kam Ende März 2012 auf den Markt. Das Wertpapier im Gegenwert von 60 Millionen Euro ist mit 7,75 Prozent verzinst und läuft offiziell noch bis 2017.
Droht die baldige Insolvenz?

Trotz der Verlustanzeige wollen die Singulus-Verantwortlichen von Insolvenzgefahr (zumindest kurzfristig) nichts wissen: „Wenn wir nun nach vorne schauen, so gilt kurzfristig: Die Gesellschaft verfügt über ausreichende Liquidität, um das operative Geschäft der Planung entsprechend zu finanzieren.“

Schon in der Einladung zur heutigen Hauptversammlung stand eine entsprechende Warnung. Dennoch sackte der Aktienkurs von Singulus Technologies zwischenzeitlich um mehr als 20 Prozent ab. Aktuell steht der Anteilsschein bei 0,80 Euro. Auf Jahressicht verzeichnet die Aktie 67,8 Prozent Wertverlust. ECOreporter.de hatte in diesem  Aktientipp  vor einigen Wochen zum Verkauf der Aktie geraten.
Wie geht es weiter?

Auf der heutigen Hauptversammlung geht es nun um eine essentielle Weichenstellung längerfristige Zukunft: Ähnlich wie schon bei der SolarWorld AG sollen ein Schuldenschnitt die Wende bringen. Mit Zustimmung aller Anleger sollen die Anleihegläubiger ihre Anleihen in Singulus-Aktien tauschen und so die faktisch neuen Eigentümer der Singulus Technologies AG werden. Um diesen Tausch von Fremd- zu Eigenkapital (Fachleute sprechen von „Dept to Equity Swap“) zu ermöglichen, sollen zunächst neue Aktien auf den Markt kommen. Danach soll eine Kapitalherabsetzung folgen. Das heißt, die Aktien sollen im Verhältnis sechs alte für eine neue getauscht werden.  Um den Plan umsetzen zu können, müssen die Anleihegläubiger in einer eigenen Abstimmung ebenfalls zustimmen.
Was bedeutet der Schuldenschnitt für die Anleger?

Ob es der Führung gelingt, die Anteilseigner und Anleihegläubiger in ausreichender Zahl zu überzeugen, ist fraglich. Denn für jeden Einzelnen der Aktionäre bedeutet der Schuldenschnitt, dass der jeweilige Anteil am Unternehmen deutlich einschmilzt. Für die Anleihegläubiger bedeutet das wiederum, dass sie auf Anleihezinsen verzichten und dafür Aktionäre werden – mit einer theoretischen Chance auf Dividendenausschüttungen. Im Vorfeld hatten sich bereits Anlegerschutzanwälte zu dem Fall geäußert und gemutmaßt, es gebe Anleihegläubiger, die sich ausrechnen, im Falle einer Insolvenz von Singulus ihre Verluste über die Insolvenzquote stärker in Grenzen halten zu können. Die bisherigen Aktionäre würden im Insolvenzfall leer ausgehen.

Singulus Techologies AG: ISIN DE0007238909 / WKN 723890
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