Aktientipps, Anleihen / AIF

Singulus-Krise setzt ihre Investoren unter Druck

Seit die Führung der Singulus Technologies AG vor wenigen Tagen umfassende Kapitalmaßnahmen angekündigt hat, befindet sich die Aktie des Solarausrüsters im freien Fall. Drohen weitere große Wertverluste oder ist der aktuell niedrige Kurs eine Gelegenheit zum Einstieg? Und wie sollten Anleger reagieren, die in die Anleihe des Maschinenbauers investiert haben? Der Kurs der 2012 begebenen 60-Millionen-Euro-Anleihe ist ebenfalls stark eingebrochen. An der Börse wird die Schuldverschreibung derzeit rund 40 Prozent unter dem Ausgabekurs gehandelt.

Neue Aufträge aus der Solarbranche hatten in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres bei den Börsianern Hoffnung auf bessere Geschäfte der Singulus Technologies AG genährt. Doch Ende März 2015 verdeutlichte der dann vorgelegte Geschäftsbericht für 2014, wie tief das Unternehmen aus Kahl am Main in Schwierigkeiten steckt. Gegenüber 2013 hatte sich der Jahresumsatz mehr als halbiert und beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) verzeichnete Singulus einen Verlust von 49 Millionen Euro, nach einem knappen Plus von 2,2 Millionen Euro im Vorjahr. Die Liquididät schrumpfte zum Jahresende auf 35,8 Millionen Euro, das Eigenkapital auf Konzernebene auf 20,1 Millionen Euro. Und das bei einem Nettoverlust in Höhe von 51,6 Millionen Euro im letzten Geschäftsjahr.

Der Vorstand stellte zwar für 2015 eine deutliche Ergebnisverbesserung in Aussicht, wies aber auch darauf hin, dass der Zinsaufwand für die Anleihe weiter die Ergebnisentwicklung belaste. Daher wolle der Vorstand die Finanzstruktur des Unternehmens stark umkrempeln. Auf der Hauptversammlung im Juni sollen die Aktionäre über das von ihm entwickelte Restrukturierungskonzept abstimmen. Das sieht vor, das Grundkapital  um 51,6 Millionen Euro herabzusetzen. Das entspricht dem Nettoverlust aus dem Jahr 2014. Die gesamten Schulden aus der Anleihe sollen in Eigenkapital getauscht werden, durch den Umtausch von Anleihen in Aktien, um dadurch eine Eigenkapitalquote von 100 Prozent zu erreichen. Experten bezeichnen diesen Umtausch als Debt to Equity Swap. Eine von der Hauptversammlung zu beschließende Umwandlung der Inhaberaktien in Namensaktien soll die Umsetzung deser Maßnahmen erleichtern.

Analyst empfiehlt den Verkauf der Aktie

Die Aktionäre können die Zustimmung zu diesem Konzept angesichts der prekären Lage der Singulus Techologies AG kaum verweigern. Schließlich besteht ein „nicht unerhebliches Insolvenzrisiko“, wie Markus Friebel feststellt, Aktienanalyst von Independent Research. Er rät zum Verkauf der Beteiligung. Sein Kursziel reduziert er von 0,85 auf 0,50 Euro. Bis heute Mittag hat sich der Anteilsschein im Xetra um weitere fünf Prozent auf 0,80 Euro verbilligt. Damit sind die Kurszuwächse des ersten Quartals wieder aufgebraucht und notiert die Singulus-Aktie um 63 Prozent unter dem Vorjahreskurs. Auf Sicht von fünf Jahren hat sie sich gar um 87 Prozent verbilligt. Bei einer Pleite droht den Aktionären der Totalverlust ihres Investments. Wer jetzt verkauft, kann immerhin seine Verluste begrenzen.

Das Unternehmen leidet seit Jahren unter einem Nachfrageeinbruch für seine Maschinen zur Produktion von Solartechnik. Hohe Überkapazitäten im Weltmarkt hatten nach 2014 eine massive Marktbereinigung bei den Solarherstellern ausgelöst, die kaum noch in neue Anlagen investierten. Erst seit dem vergangenen Jahr kehrt sich dieser Trend allmählich um. Doch die Nachfrage  für Produktionstechnik zur Herstellung von Solarzellen wächst nur langsam, und sie hängt wesentlich von der Entwicklung in China ab, wo zwei Drittel der weltweiten Solarproduktion erfolgt. Dort aber kann es schnell zu einem Einbruch bei der Nachfrage für Solartechnik kommen, wie das letzte Jahr gezeigt hat, als in den ersten sechs Monaten nur halb so viele Solarmodule in der Volksrepublik verbaut wurden wie von Experten erwartet. Eine ähnliche Entwicklung in 2015 wurde die Solarhersteller davon abhalten, in Singulus-Technologie zu investieren. Die Krise des Solarausrüsters würde sich dann schnell existenzbedrohend zuspitzen.

Droht eine Restrukturierung zu Lasten der Anleihegläubiger?

Zudem ist offen, ob die Anleihegläubiger sich darauf einlassen, die Schuldverschreibungen in Aktien umzutauschen. Zwar müssten auch sie bei einer Pleite den größten Teil ihres Investments abschreiben. Doch ein Totalverlust wie er bei einer Aktienbeteiligung droht, ist eher unwahrscheinlich, auch wenn vorrangige Gläubiger wie Banken sich zuerst aus der Insolvenzmasse bedienen können. „Betroffene Anleihegläubiger sollten sich jetzt formieren“, empfiehlt  Klaus Nieding, Vorstand der Nieding+Barth Rechtsanwaltsaktiengesellschaft, der als Vertreter der Anlegerschutzvereinigung DSW bereits seit etlichen Jahren die Hauptversammlung der Singulus Technologies AG besucht. „Es geht darum, sicher zu stellen, dass alle Gläubigergruppen gleich behandelt werden. Der Debt to Equity Swap muss so ausgestaltet sein, dass die Restrukturierung nicht vorwiegend auf dem Rücken der Anleihegläubiger ausgetragen wird. Dabei sollte angemessen berücksichtigen werden, dass die Anleihegläubiger ihre ‚Gläubigerstellung’ verlieren werden“, so Nieding. Der Vorstand müsse die Anleihegläubiger nun davon überzeugen, dass das Unternehmen gestärkt aus einer solchen Maßnahme hervorgehe und eine entsprechend positive Prognose für die künftige Geschäftsentwicklung bestehe. „Andernfalls werden die Anleihegläubiger ihre Gläubigerrolle nicht leichtfertig auf´s Spiel setzen“, ist Nieding überzeugt. 

Singulus Techologies AG: ISIN DE0007238909 / WKN 723890
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