Erneuerbare Energie

Bremst die EEG-Novelle den deutschen Klimaschutz aus?

Am Sitz der Vereinten Nationen in New York wollen heute mehr als 130 Staaten das Klimaabkommen unterzeichnen, auf das sie sich im Dezember in Paris verständigt haben (wir  berichteten  darüber). Es sieht eine deutliche Begrenzung der Treibhausgasemissionen vor. Dazu soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien wesentlich beitragen. Für Deutschland befürchten Experten, dass dieser Ausbau ins Stocken gerät. Anlass sind die Pläne des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) für eine Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Demnach sollen ab 2017 die Preise für Wind- und Solarstrom aus Neuanlagen vor allem über Ausschreibungen ermittelt werden (lesen Sie unseren  Artikel  darüber).

Das geplante Ausschreibungsmodell bringe den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland in Gefahr, warnt Tjark Goldenstein, Vorstand der Ökoranta AG, die seit vielen Jahren in Grünstromprojekte investiert. Sie bietet Anlegern Direktbeteiligungen in dem Bereich an. Ihre Beteiligungsangebote, die sich zurzeit in der Platzierung befinden, sind nach seinen Angaben aber nicht von der angekündigten Novellierung des EEG betroffen. Sie würden noch die bestehenden Vergütungsregelungen beanspruchen.

Laut Goldenstein würden nach den vorliegenden Plänen für die Novelle kleine Projektierer und Betreiber durch hohe Sicherheitsleistungen, die zu hinterlegen sind, von den Ausschreibungsrunden ausgeschlossen und Privatanleger aus dem Markt gedrängt. Als problematisch sieht er auch die Vorlaufkosten an, die beim Ausschreibungsverfahren anfallen. „Diese Hürde, die kleine Gesellschaften oft nicht nehmen können, wird die Energieerzeugung wieder in die Hände der Großkonzerne spielen. Bürger und Privatanleger, die die Energiewende initiiert haben und bis heute mittragen, werden von der weiteren Entwicklung des Marktes ausgeschlossen. Damit wird die Energiewende an gesamtgesellschaftlicher Akzeptanz verlieren“, so Goldenstein.

Der Vorstand übt grundsätzliche Kritik an dem Auktionsmodell: „Die bisher gemachten Erfahrungen mit Ausschreibungsverfahren zeigen aber, dass sie die Energiewende behindern statt sie zu fördern. Das sieht man an Ländern, in denen sie bereits gelten ebenso wie an der Pilotphase bei uns in Deutschland. Für Goldenstein ist der Befund eindeutig: „Zubaumengen werden nur dann erreicht, wenn die Teilnehmer einer Ausschreibung im Fall eines Zuschlags auch tatsächlich zeitnah bauen. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass der Anteil der realisierten Projekte noch Jahre nach der Ausschreibung extrem niedrig ist. Vertragsstrafen könnten solche Verzögerungen eventuell verhindern, treiben aber die Kosten und erhöhen das Risiko des Projekts. In einigen Ländern sind Ausschreibungen inzwischen wieder abgeschafft worden.“

Der Referentenentwurf für die EEG-Novelle sieht vor, dass von 2021 bis 2024 bei der Windkraft auf See (offshore) nur noch 730 Megawatt (MW) Leistung pro Jahr errichtet werden. Diese Menge soll ausschließlich im Jahr 2017 ausgeschrieben werden. Das stößt auf heftige Kritik vom WAB e.V., einem Unternehmensnetzwerk für Windenergie. Ihm gehören nach eigener Darstellung mehr als 350 Unternehmen und Institute aus allen Bereichen der Windenergie-Industrie an. WAB-Geschäftsführer Andreas Wellbrock kritisiert vor allem, dass Bieter im Auktionsverfahren mit dem Gebot hohe Bankbürgschaften von rund 100 Millionen Euro abgeben sollen. Er sagt zu den Plänen: „Das Ausschreibungsdesign ist wettbewerbsfeindlich, weil mittelständische Unternehmen die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen können – hier drohen oligopole Strukturen. Der Ausschreibungszyklus ist technologiefeindlich, weil das Potenzial von technischem Fortschritt und Innovationen über Jahre hinweg völlig unberücksichtigt bleiben."
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