Anleihen / AIF

Böse Überraschung: Warum Solvis die Anleger nicht über die Insolvenzpläne und den neuen Inhaber vorab informiert hat

Die Solvis GmbH &Co KG hat Insolvenz angemeldet. Direkt zum Start des Insolvenzverfahrens hat das Unternehmen aber einen Investor aus dem Hut gezaubert. Dazu musste es im Vorfeld Verhandlungen gegeben haben. Waren die Anleger von Solvis vor der Insolvenz über die Übernahme informiert? Wie erklärt die Geschäftsleitung den Ablauf und die Informationspolitik, die viele Anleger überraschte?

Schon jetzt ist klar, dass zahlreiche Anleger bei dem Insolvenzverfahren der Solvis GmbH & Co. KG leer ausgehen werden. Der Produzent für Solarheizsysteme und Solarthermie aus Braunschweig, 1988 gegründet, zog viele Anleger an, die sich als Darlehensgeber, Kommanditisten und Genussrechte-Anleger engagierten. Insgesamt sind es nach Unternehmensangaben 400 Kommanditisten und 200 Darlehensgeber. Hinzu kommt nach Angaben von Solvis-Geschäftsführer Stefan Lindig eine „dreistellige Zahl von Genussrechteinhabern“, die einen zusammengenommen „siebenstelligen Betrag“ in Solvis-Genussrechte investiert haben. Das Unternehmen hatte nach eigener Darstellung drei Tranchen dieser Wertpapiere auf den Markt gebracht.

Die finanzielle Schieflage der Solvis GmbH & Co. KG war erstmals 2014 bekannt geworden (mehr lesen Sie  hier).  Welche Situation sich für die unterschiedlichen Anleger nun ergibt, hat ECOreporter.de  berichtet.

Nun hat Solvis, als der Insolvenzantrag öffentlich wurde, einen neuen Investor für das Unternehmen vorgestellt. Warum kam das so überraschend? Geschäftsführer Stefan Lindig  holt dazu etwas aus: Speziell im dritten Quartal 2015 habe Solvis eine sehr negative Geschäftsentwicklung verzeichnet. Es sei bereits im Spätsommer absehbar gewesen, dass Solvis im Dezember am Rande der Zahlungsunfähigkeit stehen würden. „Mit der erheblichen Ergebnisverfehlung wäre auch das Eigenkapital in Form von Kommanditanteilen vollständig aufgezehrt gewesen, wir hätten keine positive Fortführungsprognose darstellen können“, erläutert Lindig gegenüber ECOreporter.de. Deshalb habe man Insolvenz aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit angemeldet. „Wir haben die Kommanditisten darüber nicht im Vorfeld informieren können“, erklärt er. Als Grund führt er an, dass die Transaktion - also die Übernahme - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zustande gekommen wäre, wenn etwas davon öffentlich geworden wäre. Ohne ein solches Verfahren  wäre eine Fortführung über das Jahresende hinaus nicht mehr möglich gewesen, beteuert Lindig. Das hätte das Aus für 130 Arbeitsplätze bedeutet, die nun erhalten würden.

Den Kommanditisten sei lange bekannt gewesen, dass es der Solvis GmbH & Co. KG wirtschaftlich nicht gut ginge. „Im Frühjahr 2015 haben wir uns in einem Aufruf an die Kommanditisten und andere Gläubiger gewendet, um zusätzliche Mittel einzuwerben. Zum damaligen Zeitpunkt bestand berechtigte Hoffnung, den Turnaround noch aus eigener Kraft zu schaffen“, sagt der Geschäftsführer.  
Die Kommanditgesellschaft (KG) hat einen vierköpfigen Beirat, der aus drei externen Mitgliedern und einem Arbeitnehmervertreter besteht und  von den Kommanditisten gewählt wurde. Der Beirat dient als Bindeglied zwischen den Kommanditisten und der Geschäftsführung.  „Der Beirat hat auf den jährlichen KG-Treffen ebenfalls einen Bericht abgegeben, er wurde ja regelmäßig über die wirtschaftliche Situation informiert und hat die Geschäftsführung aufgefordert, entsprechende Szenarien zur Abwendung einer Insolvenz zu ergreifen“, erläutert Bindig. Diese Bemühungen seien am Ende leider fruchtlos verlaufen, weil der negative Geschäftsverlauf nicht umzukehren gewesen sei. 

Die Kommanditisten seien über den Verlust ihres Kapitals vor der Insolvenz nicht informiert worden, bestätigt Lindig. Er verweist darauf, dass die Veröffentlichung der Bilanz für 2014 wegen Schwierigkeiten in der Fertigstellung des Jahresabschlusses 2014 verschoben werden musste. Daher habe Solvis die Kommanditisten erst bei einer Versammlung am 31. Oktober 2015 über die Gesamtlage  informiert.

Solvis sei nun nach der Übernahme 100 Prozent eigenkapitalfinanziert und komplett schuldenfrei, so Bindig. Der neue Eigner hat laut Bindig mit dem Insolvenzverwalter einen Kaufvertrag abgeschlossen, mit dem der gesamte Geschäftsbetrieb gekauft wurde. Der Kaufpreis fließe somit in das Verfahren  ein und werde vom Verwalter u.a. für die Forderungen der Gläubiger aufgewendet. Die gesamte Transaktion habe ein Volumen in zweistelliger Millionenhöhe.
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