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Zukunftsmarkt: Banken für kleine Leute in Afrika, Südamerika, Asien - ECOreporter.de-Interview mit Claus-Peter Zeitinger, Geschäftsführer IPC GmbH, dem deutschen Mikrofinanz-Spezialisten
Wie bekommen Existenzgründer in Rio de Janeiro, im kenianischen Nairobi oder im indischen Kotai einen Kredit? Meistens gar nicht, und wenn doch, dann durch so genannte Mikrofinanzierer. Das sind Banken, die sich auf kleine Kredite spezialisiert haben. Führend in diesem Geschäft ist die Deutsche IPC GmbH. Sie bietet nicht nur ein interessantes Geschäftsfeld, sondern den deutschen Anlegern auch eine Anleihe an, die fest verzinst wird. ECOreporter.de sprach mit Dr. Claus-Peter Zeitinger; dem Gründer und Geschäftsführer der Frankfurter IPC GmbH.
ECOreporter.de: Herr Zeitinger, die IPC beschäftigt sich mit Mikrofinanzierung. Können Sie Nicht-Fachleuten kurz erläutern, was das ist?
Claus-Peter Zeitinger: Die IPC beschäftigt sich mit Mikrofinanzierung in Entwicklungs- und Transformationsländern. In vielen unserer Einsatzländer sind Banken für die breite Öffentlichkeit eigentlich nicht zugänglich; es sind eher Clubs, die die oberen Zehntausend der Gesellschaft oder große Betriebe als Kunden akquirieren wollen. Unter Mikrofinanzierung verstehen wir nun Ansätze, die denjenigen Bevölkerungsgruppen, die bislang keinen Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen haben, Zugang zu diesen Dienstleistungen ermöglichen. Einfach gesagt geht es darum, einem Kleinunternehmer oder einer Kleinunternehmerin die Möglichkeit zu geben, Kredit zu erhalten.
Unter Mikrokrediten versteht man typischerweise, je nach Land, Kredite zwischen 200 und 10.000 Euro, die zur Erweiterung des Warenbestandes oder zum Erwerb von Produktions- und Ausrüstungsgütern verwendet werden. Auf der anderen Seite geht es auch darum, Durchschnittsbürgern die Möglichkeit zu geben, ein Sparkonto zu eröffnen oder seine Stromrechnung per Überweisung zu begleichen. Um dies zu erreichen, gibt es zwei Modelle: entweder man gründet und managt eine solche Institution selbst, oder berät eine Bank mit dem Auftrag, zielgruppenorientierte Produkte zu entwickeln und anzubieten.
ECOreporter.de: Wie sind Sie selbst zu diesem Thema gekommen?
Zeitinger: Zusammen mit zwei Kollegen - beide sind Finanzprofessoren geworden - habe ich Anfang der 80er Jahre einige Entwicklungsbanken in Lateinamerika evaluiert. Ich sage auch heute noch, dass man nur zu dem ernüchternden Fazit kommen kann, dass diese mit wenigen Ausnahmen Beutestücke der jeweils herrschenden Bürokratien und ihrer Klientel sind; beim Endkunden -"dem kleinen Mann"- kam in den von mir untersuchten Fällen von den zur Verfügung gestellten Mitteln herzlich wenig an. Ich hatte - und habe - Sympathie für die "kleinen Leute" und nahm mir vor, es besser zu machen.
ECOreporter.de: Wie hat sich die IPC GmbH entwickelt?
Zeitinger: Die ersten zehn Jahre waren schwer. Unsere Entwicklungsbankenstudie war kritisch, und damit nicht geeignet, uns zu weiteren Aufträgen in diesem Bereich zu verhelfen. Statt dessen übernahmen wir Projekte im damals noch jungen Feld der erneuerbaren Energien und kamen erst über Umwege wieder zum Finanzsektor, damals als Berater von Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Kleinkreditvergabe: ein vergleichsweise informelles Feld, in dem es ohne klare Eigentümerstruktur nur wenig Kontinuität gab, nur selten klare Zielvorstellungen und noch seltener signifikante Umsetzungserfolge. Letztere stellten sich erst mit dem von der IPC betreuten Aufbau eines Sparkassensystems in Peru ein. Die Öffnung Osteuropas Anfang der 90er Jahre führte zu einem starken Wachstum der IPC; wir gewannen Aufträge für umfangreiche Beratungsprojekte von Geschäftsbanken, v.a. in Russland. Innerhalb von zwei, drei Jahren wuchs unser Mitarbeiterstamm von 30 auf über 100 Mitarbeiter. Gegen Ende der 90er Jahre haben wir dann damit begonnen, selbst Banken zu gründen und zu managen, die ihren Geschäftsschwerpunkt bei kleinen Krediten bzw. Kunden haben.
ECOreporter.de: Wie wird es mit der IPC weitergehen?
Zeitinger: Wir glauben, dass die Lernkurve noch weitergehen wird: Anfangs waren wir bei unseren Eigenkapitalbeteiligungen an den Neugründungen noch zögerlich da wir vergleichsweise wenig Kapital zur Verfügung hatten. In Zusammenarbeit mit kapitalkräftigeren Institutionen (Kreditanstalt für Wiederaufbau, International Finance Corporation) haben wir daher eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft, die IMI Internationale Micro Investitionen AG, gegründet. Mit mittlerweile 18 Bankgründungen seit 1996 hat die IMI mehr Erfolg als ursprünglich erhofft; wir sehen noch großes Potenzial in diesem Ansatz. Die Banken firmieren unter dem Namen ProCredit und die IPC managt sowohl die einzelnen Banken als auch das ProCredit-Netzwerk. In Russland, Kasachstan, Ukraine und einigen anderen Ländern Osteuropas läuft das mittlerweile schon als "klassisch" einzustufende Beratungsgeschäft für Geschäftsbanken auf hohem Niveau weiter. Wir beraten dort zur Zeit ca. 30 Geschäftsbanken; unsere Partnerbanken haben mittlerweile über 80.000 Kredite mit kleinen Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von über 400 Millionen Euro ausliegen.
ECOreporter.de: Die IPC ist in Deutschland bisher recht wenig bekannt - warum? Was ist das Geschäftsfeld der IPC?
Zeitinger: Die IPC beschäftigt cirka 160 Mitarbeitern weltweit. Damit sind wir eine der größten Firmen in diesem Bereich und zugleich wohl auch eine der wenigen, die sich ausschließlich mit Mikrofinanzierung beschäftigt. Da wir in Westeuropa keine Umsätze tätigen, sind wir hierzulande - außer bei Fachleuten - wenig bekannt; Publicity war für uns bislang nicht so wichtig, da für uns wie auch für unsere Auftraggeber die Erfolge vor Ort zählen. Im Bereich Mikrofinanzierung decken wir die komplette Bandbreite möglicher Dienstleistungen ab: Wir managen Banken, gründen Banken, beraten Banken, machen Sektorstudien und evaluieren Projekte, Produkte und Programme; eigene wie fremde. Viele unserer Mitarbeiter sind seit acht oder mehr Jahren bei uns.
ECOreporter.de: Erzielt die IPC Gewinne?
Zeitinger: Früher nicht; heute schon. Um in unseren Einsatzländern erfolgreich arbeiten zu können, brauchen wir Profis; Leute, die die Landessprache sprechen, eine vernünftige Ausbildung im Bank- oder kaufmännischen Bereich haben, und sich vor Ort zu helfen wissen. Wenn sie im Feld gute und beständige Ergebnisse liefern, können sie ihre Dienstleistung auch gut verkaufen; Auftragsmangel oder Akquisitionsprobleme gibt’s dann nicht. Die IPC hat in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 20 Millionen Euro pro Jahr umgesetzt. Da wir von unserem Geschäftsfeld überzeugt sind, haben wir die Gewinne in den Aufbau der IMI (Beteiligungsgesellschaft) investiert.
ECOreporter.de: Mikrofinanzierung würde man, oberflächlich betrachtet, zunächst einmal in den Non-Profit-Bereich einordnen. Warum erwirtschaftet die IPC Gewinne, wer sind Ihre Auftraggeber?
Zeitinger: Ich denke, Mikrofinanzierung hat sich in den letzten Jahren entscheidend weiterentwickelt. Früher war es die Spielwiese von Nichtregierungsorganisationen, öffentlichen, kirchlichen und sonstigen Trägern oder Gebern, die die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten nicht berücksichtigten oder - aus verschiedenen, z.T. auch gut gemeinten Gründen - gar nicht berücksichtigen wollten. Heute herrscht weitgehend Einigkeit, dass Subventionen struktureller Art in diesem Geschäftszweig eigentlich nur schädlich sind: Ein Kredit sollte nur Kredit genannt werden, wenn davon auszugehen ist, dass der Gläubiger die ausgelegten Mittel plus Zins zum vereinbarten Zeitpunkt zurückfordert; alles andere ist Spielgeld und verdirbt nur die Zahlungsmoral im Sektor.
Man sollte sich nicht beeindrucken lassen, wenn eine Organisation auf ihre "Wiedereinbringungsquote von über 90 Prozent" stolz ist; im Gegenteil, die Organisation ist vermutlich eher ineffizient und zudem nicht darauf angewiesen zu versuchen zu kaschieren, dass sie in der Lage ist, einen Ausfall von knapp zehn Prozent dauerhaft zu tolerieren. Wenn man das zu Ende denkt, geht der Ausfall entweder zu Lasten derjenigen Kunden, die brav zurückzahlen, da diese den Ausfall anderer durch höhere Zinszahlungen ausgleichen müssen, oder zu Lasten des Investors, der das Kapital bereitgestellt hat; in keinem der beiden Fälle ist davon auszugehen, dass die Organisation dauerhaft Bestand haben wird.
Der dauerhafte Bestand einer Institution ist für IPC eine der Grundmaxime unserer Tätigkeit. Dafür muss man gut rechnen können, seine Produkte verstehen, die Konkurrenz kennen, und dafür sorgen, dass die Kreditausfälle auf ein absolutes Minimum reduziert bleiben. Z.B gilt bei uns in Sachen Kreditausfall ein Prozent als Toleranzgrenze; einzige legitime Ausnahmen sind Bürgerkriege oder ähnliche Risiken außerhalb unseres Einflussbereiches. Unsere Auftraggeber teilen und unterstützen diese Logik und sind daher bereit, für professionelle Arbeit angemessen zu bezahlen. Zu unseren wichtigsten Auftraggebern gehören die Osteuropa-Aufbaubank (European Bank for Reconstruction and Development; EBRD), die KfW-Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW; Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, DEG), die International Finance Corporation (IFC; Weltbankgruppe) und - nicht zuletzt - die von uns in den vergangenen Jahren erfolgreich aufgebauten Banken selbst.
ECOreporter.de: Wo sehen Sie in den nächsten fünf Jahren weiteres Potenzial; was sind die Ziele der IPC für diesen Zeitraum?
Zeitinger: Wir sind davon überzeugt, dass der weitere Ausbau des ProCredit-Bankennetzwerkes noch erhebliches Potenzial birgt. Die mittlerweile 18 Institutionen im Netzwerk wachsen ordentlich und trotz ihres jungen Alters arbeiten die meisten der Investitionen bereits profitabel. Mit cirka 5.500 Mitarbeitern im Netzwerk bedienen wir über 500.000 Kunden, davon 350.000 Kreditkunden und managen ein Bilanzvolumen von cirka 1,3 Milliarden Euro.
Ein wichtiges Ziel wird sein, die von verschiedenen Partnern gehaltenen Eigenkapitalanteile an den ProCredit-Banken nach Möglichkeit in der IMI zu konsolidieren. Dadurch wird die IMI zur starken Kraft im Netzwerk und es lassen sich eine Vielzahl von Synergien erwirtschaften sobald wir auch die entsprechenden zentralen Steuerungselemente (z.B. Risikomanagement, Controlling, Marketing) aufgebaut haben. Ein weiteres Ziel wird sein, das Geschäftsvolumen vor Ort qualitativ und quantitativ auszubauen.
Wir halten es für realistisch, innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Bilanzvolumen von cirka 3,5 Milliarden Euro zu erreichen wobei das Volumenwachstum im wesentlichen in den schon bestehenden Banken erzielt werden wird. Auch denken wir natürlich über die Ausweitung des Netzwerkes nach. Unsere nächsten Bankengründungen werden in Afrika sein; auch einige Länder in Mittel- und Südamerika halten wir für attraktiv. Um das Wachstum unserer Banken zu unterlegen und um eine Konsolidierung der Eigenkapitalanteile in der IMI zu ermöglichen, werden wir in den nächsten fünf Jahren einen erheblichen Kapitalbedarf haben.
ECOreporter.de: Wie wollen Sie die Expansion finanzieren?
Zeitinger: Um unser Engagement im ProCredit-Netzwerk ausweiten zu können, haben wir uns entschlossen, eine Inhaber-Teilschuldverschreibung zu begeben. Wir suchen vor allem private Interessenten, die unsere ethischen Vorstellungen und Maßstäbe teilen - Maßstäbe, die eine permanente Abwägung zwischen Profit und sozialer Auswirkung erfordern. Entsprechend haben wir unsere Papiere und auch den Verkaufsprospekt gestaltet. Wir bieten eine Anleihe über drei Jahre zu einem Zinssatz von fünf Prozent pro Jahr, sowie eine Anleihe über sechs Jahre zu einem Zinssatz von 6,5 Prozent.
Die mobilisierten Mittel werden wir in den Ausbau unserer Eigenkapitalbeteiligung an der IMI investieren; die IMI wiederum wird die Mittel in den Ausbau bestehender als auch in den Erwerb neuer Eigenkapitalbeteiligungen stecken. Zwar denken wir auch über eine Öffnung des Kapitals der IMI nach; wir wollen allerdings noch zwei oder drei Jahre am Auf- und Ausbau des Netzwerkes arbeiten, bevor dieser Schritt gewagt werden kann. Natürlich sind auch die Banken selbst gefragt, ihre eigene Expansion voranzutreiben: Wachstum, z.B. in Form von weiteren Zweigstellen, kann aus thesaurierten Gewinnen bezahlt werden, und Sparkapital muss mobilisiert werden, um im Kreditbereich weiter wachsen zu können.
ECOreporter.de: Welche Sicherheiten bieten Sie dem Anleger?
Zeitinger: Die IPC hat einen guten Namen, und wir arbeiten mit guten Partnern. Ich selbst habe - wie auch viele unserer Mitarbeiter - erhebliche Teile der eigenen privaten Mittel in den Aufbau von IPC und IMI investiert. Und: Wir glauben an unsere eigene Arbeit. So gesehen können wir eine gute Story mit guten Perspektiven bieten; dingliche Sicherheiten im banküblichen Sinne stehen also nicht im Vordergrund. Für professionelle Investoren mag es von Interesse sein, dass wir uns derzeit um Ratings für die IMI wie auch für einige der ProCredit-Banken bemühen; meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir auch auf diesem Feld mit vorzeigbaren Ergebnissen aufwarten können. In unserem Verkaufsprospekt zur Inhaber-Teilschuldverschreibung gehen wir detailliert darauf ein, dass die Zins- und Tilgungsbelastung aus der Schuldverschreibung selbst bei konservativer Erwartung der Geschäftsentwicklung der IPC einen eher geringen Teil der zukünftigen Erträge ausmachen wird. Auch weist das Verhältnis zwischen Eigenmitteln in der IPC, die bei etwa zehn Millionen Euro liegen, und dem Volumen der Schuldverschreibung von geplanten sechs Millionen Euro darauf hin, dass wir uns die berechtigte Frage eines Gläubigers, zu welchem Grad der Unternehmer Risiken trägt, auch selbst gestellt haben.
ECOreporter.de: Kann der Anleger die Anleihe während der Laufzeit zurückgeben oder sie anderweitig verkaufen, wenn er Kapital braucht?
Zeitinger: Eher nein. Wir haben bewusst eine Anleiheform gewählt, die für Kunden interessant ist, die das Papier bis zur Fälligkeit halten wollen. Unsere Arbeit ist langfristig ausgerichtet, daher müssen wir auch mit den uns zur Verfügung gestellten Mitteln über die angegebenen Zeiträume planen können. Ebenso haben wir bewusst darauf verzichtet, ein börsenfähiges Papier zu begeben; mit sechs Millionen Euro ist das gesamte Emissionsvolumen für eine Anleihe sehr klein. Das Handelsvolumen wäre zu gering, um die Einführungskosten zu rechtfertigen. Ein geregelter Markt wird für unsere Papiere daher nicht entstehen. Da es sich um ein Inhaber-Papier handelt - wir liefern effektive Stücke aus - steht es dem Käufer jedoch frei, seine Papiere jederzeit an Dritte weiterzuveräußern. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Zeichner unserer Anleihe zufriedene Kunden sein werden, die - abgesehen von eigenen Liquiditätsengpässen - keinen Anlass finden werden, ihre Papiere vor Fälligkeit abzugeben.
ECOreporter.de: Herr Zeitinger, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Die IPC GmbH gehört zu den Ausstellern im Themenpark Grünes Geld auf der Internationalen Anlegermesse (IAM), die vom 23. bis 25. 9. 2004 in Düsseldorf stattfindet. Informationen hierzu finden Sie unter: www.gruenes-geld.de.
Bild: Claus-Peter Zeitinger
ECOreporter.de: Herr Zeitinger, die IPC beschäftigt sich mit Mikrofinanzierung. Können Sie Nicht-Fachleuten kurz erläutern, was das ist?
Claus-Peter Zeitinger: Die IPC beschäftigt sich mit Mikrofinanzierung in Entwicklungs- und Transformationsländern. In vielen unserer Einsatzländer sind Banken für die breite Öffentlichkeit eigentlich nicht zugänglich; es sind eher Clubs, die die oberen Zehntausend der Gesellschaft oder große Betriebe als Kunden akquirieren wollen. Unter Mikrofinanzierung verstehen wir nun Ansätze, die denjenigen Bevölkerungsgruppen, die bislang keinen Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen haben, Zugang zu diesen Dienstleistungen ermöglichen. Einfach gesagt geht es darum, einem Kleinunternehmer oder einer Kleinunternehmerin die Möglichkeit zu geben, Kredit zu erhalten.
Unter Mikrokrediten versteht man typischerweise, je nach Land, Kredite zwischen 200 und 10.000 Euro, die zur Erweiterung des Warenbestandes oder zum Erwerb von Produktions- und Ausrüstungsgütern verwendet werden. Auf der anderen Seite geht es auch darum, Durchschnittsbürgern die Möglichkeit zu geben, ein Sparkonto zu eröffnen oder seine Stromrechnung per Überweisung zu begleichen. Um dies zu erreichen, gibt es zwei Modelle: entweder man gründet und managt eine solche Institution selbst, oder berät eine Bank mit dem Auftrag, zielgruppenorientierte Produkte zu entwickeln und anzubieten.
ECOreporter.de: Wie sind Sie selbst zu diesem Thema gekommen?
Zeitinger: Zusammen mit zwei Kollegen - beide sind Finanzprofessoren geworden - habe ich Anfang der 80er Jahre einige Entwicklungsbanken in Lateinamerika evaluiert. Ich sage auch heute noch, dass man nur zu dem ernüchternden Fazit kommen kann, dass diese mit wenigen Ausnahmen Beutestücke der jeweils herrschenden Bürokratien und ihrer Klientel sind; beim Endkunden -"dem kleinen Mann"- kam in den von mir untersuchten Fällen von den zur Verfügung gestellten Mitteln herzlich wenig an. Ich hatte - und habe - Sympathie für die "kleinen Leute" und nahm mir vor, es besser zu machen.
ECOreporter.de: Wie hat sich die IPC GmbH entwickelt?
Zeitinger: Die ersten zehn Jahre waren schwer. Unsere Entwicklungsbankenstudie war kritisch, und damit nicht geeignet, uns zu weiteren Aufträgen in diesem Bereich zu verhelfen. Statt dessen übernahmen wir Projekte im damals noch jungen Feld der erneuerbaren Energien und kamen erst über Umwege wieder zum Finanzsektor, damals als Berater von Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Kleinkreditvergabe: ein vergleichsweise informelles Feld, in dem es ohne klare Eigentümerstruktur nur wenig Kontinuität gab, nur selten klare Zielvorstellungen und noch seltener signifikante Umsetzungserfolge. Letztere stellten sich erst mit dem von der IPC betreuten Aufbau eines Sparkassensystems in Peru ein. Die Öffnung Osteuropas Anfang der 90er Jahre führte zu einem starken Wachstum der IPC; wir gewannen Aufträge für umfangreiche Beratungsprojekte von Geschäftsbanken, v.a. in Russland. Innerhalb von zwei, drei Jahren wuchs unser Mitarbeiterstamm von 30 auf über 100 Mitarbeiter. Gegen Ende der 90er Jahre haben wir dann damit begonnen, selbst Banken zu gründen und zu managen, die ihren Geschäftsschwerpunkt bei kleinen Krediten bzw. Kunden haben.
ECOreporter.de: Wie wird es mit der IPC weitergehen?
Zeitinger: Wir glauben, dass die Lernkurve noch weitergehen wird: Anfangs waren wir bei unseren Eigenkapitalbeteiligungen an den Neugründungen noch zögerlich da wir vergleichsweise wenig Kapital zur Verfügung hatten. In Zusammenarbeit mit kapitalkräftigeren Institutionen (Kreditanstalt für Wiederaufbau, International Finance Corporation) haben wir daher eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft, die IMI Internationale Micro Investitionen AG, gegründet. Mit mittlerweile 18 Bankgründungen seit 1996 hat die IMI mehr Erfolg als ursprünglich erhofft; wir sehen noch großes Potenzial in diesem Ansatz. Die Banken firmieren unter dem Namen ProCredit und die IPC managt sowohl die einzelnen Banken als auch das ProCredit-Netzwerk. In Russland, Kasachstan, Ukraine und einigen anderen Ländern Osteuropas läuft das mittlerweile schon als "klassisch" einzustufende Beratungsgeschäft für Geschäftsbanken auf hohem Niveau weiter. Wir beraten dort zur Zeit ca. 30 Geschäftsbanken; unsere Partnerbanken haben mittlerweile über 80.000 Kredite mit kleinen Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von über 400 Millionen Euro ausliegen.
ECOreporter.de: Die IPC ist in Deutschland bisher recht wenig bekannt - warum? Was ist das Geschäftsfeld der IPC?
Zeitinger: Die IPC beschäftigt cirka 160 Mitarbeitern weltweit. Damit sind wir eine der größten Firmen in diesem Bereich und zugleich wohl auch eine der wenigen, die sich ausschließlich mit Mikrofinanzierung beschäftigt. Da wir in Westeuropa keine Umsätze tätigen, sind wir hierzulande - außer bei Fachleuten - wenig bekannt; Publicity war für uns bislang nicht so wichtig, da für uns wie auch für unsere Auftraggeber die Erfolge vor Ort zählen. Im Bereich Mikrofinanzierung decken wir die komplette Bandbreite möglicher Dienstleistungen ab: Wir managen Banken, gründen Banken, beraten Banken, machen Sektorstudien und evaluieren Projekte, Produkte und Programme; eigene wie fremde. Viele unserer Mitarbeiter sind seit acht oder mehr Jahren bei uns.
ECOreporter.de: Erzielt die IPC Gewinne?
Zeitinger: Früher nicht; heute schon. Um in unseren Einsatzländern erfolgreich arbeiten zu können, brauchen wir Profis; Leute, die die Landessprache sprechen, eine vernünftige Ausbildung im Bank- oder kaufmännischen Bereich haben, und sich vor Ort zu helfen wissen. Wenn sie im Feld gute und beständige Ergebnisse liefern, können sie ihre Dienstleistung auch gut verkaufen; Auftragsmangel oder Akquisitionsprobleme gibt’s dann nicht. Die IPC hat in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 20 Millionen Euro pro Jahr umgesetzt. Da wir von unserem Geschäftsfeld überzeugt sind, haben wir die Gewinne in den Aufbau der IMI (Beteiligungsgesellschaft) investiert.
ECOreporter.de: Mikrofinanzierung würde man, oberflächlich betrachtet, zunächst einmal in den Non-Profit-Bereich einordnen. Warum erwirtschaftet die IPC Gewinne, wer sind Ihre Auftraggeber?
Zeitinger: Ich denke, Mikrofinanzierung hat sich in den letzten Jahren entscheidend weiterentwickelt. Früher war es die Spielwiese von Nichtregierungsorganisationen, öffentlichen, kirchlichen und sonstigen Trägern oder Gebern, die die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten nicht berücksichtigten oder - aus verschiedenen, z.T. auch gut gemeinten Gründen - gar nicht berücksichtigen wollten. Heute herrscht weitgehend Einigkeit, dass Subventionen struktureller Art in diesem Geschäftszweig eigentlich nur schädlich sind: Ein Kredit sollte nur Kredit genannt werden, wenn davon auszugehen ist, dass der Gläubiger die ausgelegten Mittel plus Zins zum vereinbarten Zeitpunkt zurückfordert; alles andere ist Spielgeld und verdirbt nur die Zahlungsmoral im Sektor.
Man sollte sich nicht beeindrucken lassen, wenn eine Organisation auf ihre "Wiedereinbringungsquote von über 90 Prozent" stolz ist; im Gegenteil, die Organisation ist vermutlich eher ineffizient und zudem nicht darauf angewiesen zu versuchen zu kaschieren, dass sie in der Lage ist, einen Ausfall von knapp zehn Prozent dauerhaft zu tolerieren. Wenn man das zu Ende denkt, geht der Ausfall entweder zu Lasten derjenigen Kunden, die brav zurückzahlen, da diese den Ausfall anderer durch höhere Zinszahlungen ausgleichen müssen, oder zu Lasten des Investors, der das Kapital bereitgestellt hat; in keinem der beiden Fälle ist davon auszugehen, dass die Organisation dauerhaft Bestand haben wird.
Der dauerhafte Bestand einer Institution ist für IPC eine der Grundmaxime unserer Tätigkeit. Dafür muss man gut rechnen können, seine Produkte verstehen, die Konkurrenz kennen, und dafür sorgen, dass die Kreditausfälle auf ein absolutes Minimum reduziert bleiben. Z.B gilt bei uns in Sachen Kreditausfall ein Prozent als Toleranzgrenze; einzige legitime Ausnahmen sind Bürgerkriege oder ähnliche Risiken außerhalb unseres Einflussbereiches. Unsere Auftraggeber teilen und unterstützen diese Logik und sind daher bereit, für professionelle Arbeit angemessen zu bezahlen. Zu unseren wichtigsten Auftraggebern gehören die Osteuropa-Aufbaubank (European Bank for Reconstruction and Development; EBRD), die KfW-Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW; Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, DEG), die International Finance Corporation (IFC; Weltbankgruppe) und - nicht zuletzt - die von uns in den vergangenen Jahren erfolgreich aufgebauten Banken selbst.
ECOreporter.de: Wo sehen Sie in den nächsten fünf Jahren weiteres Potenzial; was sind die Ziele der IPC für diesen Zeitraum?
Zeitinger: Wir sind davon überzeugt, dass der weitere Ausbau des ProCredit-Bankennetzwerkes noch erhebliches Potenzial birgt. Die mittlerweile 18 Institutionen im Netzwerk wachsen ordentlich und trotz ihres jungen Alters arbeiten die meisten der Investitionen bereits profitabel. Mit cirka 5.500 Mitarbeitern im Netzwerk bedienen wir über 500.000 Kunden, davon 350.000 Kreditkunden und managen ein Bilanzvolumen von cirka 1,3 Milliarden Euro.
Ein wichtiges Ziel wird sein, die von verschiedenen Partnern gehaltenen Eigenkapitalanteile an den ProCredit-Banken nach Möglichkeit in der IMI zu konsolidieren. Dadurch wird die IMI zur starken Kraft im Netzwerk und es lassen sich eine Vielzahl von Synergien erwirtschaften sobald wir auch die entsprechenden zentralen Steuerungselemente (z.B. Risikomanagement, Controlling, Marketing) aufgebaut haben. Ein weiteres Ziel wird sein, das Geschäftsvolumen vor Ort qualitativ und quantitativ auszubauen.
Wir halten es für realistisch, innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Bilanzvolumen von cirka 3,5 Milliarden Euro zu erreichen wobei das Volumenwachstum im wesentlichen in den schon bestehenden Banken erzielt werden wird. Auch denken wir natürlich über die Ausweitung des Netzwerkes nach. Unsere nächsten Bankengründungen werden in Afrika sein; auch einige Länder in Mittel- und Südamerika halten wir für attraktiv. Um das Wachstum unserer Banken zu unterlegen und um eine Konsolidierung der Eigenkapitalanteile in der IMI zu ermöglichen, werden wir in den nächsten fünf Jahren einen erheblichen Kapitalbedarf haben.
ECOreporter.de: Wie wollen Sie die Expansion finanzieren?
Zeitinger: Um unser Engagement im ProCredit-Netzwerk ausweiten zu können, haben wir uns entschlossen, eine Inhaber-Teilschuldverschreibung zu begeben. Wir suchen vor allem private Interessenten, die unsere ethischen Vorstellungen und Maßstäbe teilen - Maßstäbe, die eine permanente Abwägung zwischen Profit und sozialer Auswirkung erfordern. Entsprechend haben wir unsere Papiere und auch den Verkaufsprospekt gestaltet. Wir bieten eine Anleihe über drei Jahre zu einem Zinssatz von fünf Prozent pro Jahr, sowie eine Anleihe über sechs Jahre zu einem Zinssatz von 6,5 Prozent.
Die mobilisierten Mittel werden wir in den Ausbau unserer Eigenkapitalbeteiligung an der IMI investieren; die IMI wiederum wird die Mittel in den Ausbau bestehender als auch in den Erwerb neuer Eigenkapitalbeteiligungen stecken. Zwar denken wir auch über eine Öffnung des Kapitals der IMI nach; wir wollen allerdings noch zwei oder drei Jahre am Auf- und Ausbau des Netzwerkes arbeiten, bevor dieser Schritt gewagt werden kann. Natürlich sind auch die Banken selbst gefragt, ihre eigene Expansion voranzutreiben: Wachstum, z.B. in Form von weiteren Zweigstellen, kann aus thesaurierten Gewinnen bezahlt werden, und Sparkapital muss mobilisiert werden, um im Kreditbereich weiter wachsen zu können.
ECOreporter.de: Welche Sicherheiten bieten Sie dem Anleger?
Zeitinger: Die IPC hat einen guten Namen, und wir arbeiten mit guten Partnern. Ich selbst habe - wie auch viele unserer Mitarbeiter - erhebliche Teile der eigenen privaten Mittel in den Aufbau von IPC und IMI investiert. Und: Wir glauben an unsere eigene Arbeit. So gesehen können wir eine gute Story mit guten Perspektiven bieten; dingliche Sicherheiten im banküblichen Sinne stehen also nicht im Vordergrund. Für professionelle Investoren mag es von Interesse sein, dass wir uns derzeit um Ratings für die IMI wie auch für einige der ProCredit-Banken bemühen; meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir auch auf diesem Feld mit vorzeigbaren Ergebnissen aufwarten können. In unserem Verkaufsprospekt zur Inhaber-Teilschuldverschreibung gehen wir detailliert darauf ein, dass die Zins- und Tilgungsbelastung aus der Schuldverschreibung selbst bei konservativer Erwartung der Geschäftsentwicklung der IPC einen eher geringen Teil der zukünftigen Erträge ausmachen wird. Auch weist das Verhältnis zwischen Eigenmitteln in der IPC, die bei etwa zehn Millionen Euro liegen, und dem Volumen der Schuldverschreibung von geplanten sechs Millionen Euro darauf hin, dass wir uns die berechtigte Frage eines Gläubigers, zu welchem Grad der Unternehmer Risiken trägt, auch selbst gestellt haben.
ECOreporter.de: Kann der Anleger die Anleihe während der Laufzeit zurückgeben oder sie anderweitig verkaufen, wenn er Kapital braucht?
Zeitinger: Eher nein. Wir haben bewusst eine Anleiheform gewählt, die für Kunden interessant ist, die das Papier bis zur Fälligkeit halten wollen. Unsere Arbeit ist langfristig ausgerichtet, daher müssen wir auch mit den uns zur Verfügung gestellten Mitteln über die angegebenen Zeiträume planen können. Ebenso haben wir bewusst darauf verzichtet, ein börsenfähiges Papier zu begeben; mit sechs Millionen Euro ist das gesamte Emissionsvolumen für eine Anleihe sehr klein. Das Handelsvolumen wäre zu gering, um die Einführungskosten zu rechtfertigen. Ein geregelter Markt wird für unsere Papiere daher nicht entstehen. Da es sich um ein Inhaber-Papier handelt - wir liefern effektive Stücke aus - steht es dem Käufer jedoch frei, seine Papiere jederzeit an Dritte weiterzuveräußern. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Zeichner unserer Anleihe zufriedene Kunden sein werden, die - abgesehen von eigenen Liquiditätsengpässen - keinen Anlass finden werden, ihre Papiere vor Fälligkeit abzugeben.
ECOreporter.de: Herr Zeitinger, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Die IPC GmbH gehört zu den Ausstellern im Themenpark Grünes Geld auf der Internationalen Anlegermesse (IAM), die vom 23. bis 25. 9. 2004 in Düsseldorf stattfindet. Informationen hierzu finden Sie unter: www.gruenes-geld.de.
Bild: Claus-Peter Zeitinger