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„Wir schaffen die Energiewende, das geht gar nicht anders“ – Teil 2 des ECOreporter.de-Interviews mit Jörg Müller, Enertrag AG
Welche Zukunft hat das EEG? Was sind die größten Hindernisse auf dem Weg zu mehr Erneuerbarer Energie? Über diese und weiter Fragen hat ECOreporter.de mit Jörg Müller gesprochen, Firmenchef und Unternehmensgründer der Enertrag AG aus Dauerthal in der Uckermark. Diese zählt zu den Pionieren der deutschen Windkraftbranche. Sie betreibt und überwacht heute insgesamt in Deutschland und in Nachbarländern wie Frankreich und Polen über 1.000 Windenergieanlagen. Bei diesem Beitrag handelt es sich um die Fortsetzung unseres Interviews mit Jörg Müller. Per
Mausklick gelangen Sie zu dem ersten Teil.
ECOreporter: Die Politik sägt heute auch am Erneuerbare- Energie-Gesetz (EEG). Wird es demnächst ohne das EEG gehen können?
Jörg Müller: Das EEG gibt es ja seit 1991. Es hat zwei Seiten: Es sichert den Absatz der Erneuerbare- Energie-Anlagen. Das ist der Anti-Monopol-Teil. Und es sichert einen Mindestlohn für Erneuerbare- Energie-Strom. Wenn man also gut darin ist, Erneuerbare-Energie-Anlagen zu betreiben, dann bleibt auch etwas übrig. Politiker und vor allem Lobbyisten, die am EEG sägen, gab es immer schon - aber 90 Prozent der Abgeordneten stimmten fraktionsübergreifend immer wieder für das EEG.
ECOreporter: Also brauchen wir das EEG weiterhin?
Müller: Das EEG ist das Herz der Energiewende. Ohne EEG käme es zum Stillstand, so wie in den vielen Ländern, die kein EEG haben. Die Grundsätze Einspeisevorrang und Mindestvergütung sind unabdingbar, um die massive Förderung der fossilen Energiewirtschaft auszugleichen und den Erneuerbaren ein unabhängiges Wachstum zu ermöglichen. Ausschreibungsmodelle und CO2-Handel dienen nur den Energiemonopolen, führen zu höheren Strompreisen und bremsen die Energiewende.
ECOreporter: Enertrag betreibt heute ein eigenes Stromnetz. Wie hat es dem Stromnetzbetreiber in Ihrer Region gefallen, dass Sie Ihr eigenes Stromnetz wollten?
Müller: Gar nicht. Sie haben uns behindert, wo sie können. Vor allem juristisch. Die hatten ja eine ganze Reihe von Anwälten. Ich war anfangs unser einziger „Anwalt“, musste alles selbst lesen und verstehen. Und wir haben viel gelesen, haben uns selbst unsere Gedanken gemacht. Es ging vor allem um die Anschlussbedingungen, mit denen sie uns blockiert haben. Die waren technisch gesehen Quatsch. Ich war ja in der DDR-Zeit schon Elektrobastler, hatte auch umfangreich Netze und Generatoren studiert und kannte mich mit elektrotechnischen Dingen aus, deshalb konnte ich sehen, dass das technisch unhaltbar war. Auf diese Anschlussbedingungen haben wir uns nicht eingelassen.
ECOreporter: Und dann hat der Stromnetzbetreiber gesagt, gut wir ergeben uns, ihr könnt Euer eigenes Netz haben?
Müller: Nein, wir mussten erst mit Hilfe des Verbandes Eurosolar eine Kampagne starten, wir haben die Medien informiert, auch die Politiker. Leider hat das bis zu unserem Erfolg einige Zeit gedauert. Ein halbes Jahr standen die Windanlagen still.
ECOreporter: Haben Sie in der Zeit schlecht geschlafen?
Müller: Nein, ich bin davon ausgegangen, dass wir den Prozess gewinnen. Und ein paar Jahre später waren unsere Ansätze dann Standard in Deutschland.
ECOreporter: Nun betreiben Sie ein eigenes, immerhin 600 Kilometer langes Stromnetz. Mit einer Besonderheit, die jetzt richtig aktuell wird: Ihre Stromkabel liegen in der Erde. Müller: Ja, wir haben schon 1995 mit Erdkabeln angefangen.
ECOreporter: Die Stromkonzerne sagen, die Energiewende gehe nicht voran, weil das Leitungsnetz nicht ausgebaut wäre. Das Leitungsnetz wird nicht ausgebaut, unter anderem, weil man denkt, die Bürger wollen keine neuen riesigen Freileitungen. Erdkabel seien zu teuer, etwa 7 Millionen Euro pro Kilometer, heisst es. Was haben Ihre Erdkabel gekostet? Müller: Je nach Kabel- und Verlegungsart, also Kabelpflug oder Bagger, etwa 6.000 bis 30.000 Euro pro Kilometer für 20.000 Volt. Wobei unsere Kabel sogar ein sogenanntes Temperaturmonitoring haben, das die Auslastung effizienter macht. Wir haben auch viele Leitungen mit 110.000 Volt. Das ist regional ausreichend, und die Kabelverlegung ist unterirdisch möglich. Erst im europäischen Strom-Verbundnetz gibt es Leitungen mit 400.000 Volt. Bei der Verlegung dieser Stromtrassen in der Erde gibt es technische Probleme zu lösen, die dann tatsächlich die Kosten in die Höhe treiben. Bei Verbundnetzen sollten wir also bei der guten alten Freileitung bleiben.
ECOreporter: Wo liegen die Wachstumsbegrenzer für Ihr eigenes Unternehmen?
Müller: Der Flaschenhals sind immer wir selbst. Die Unternehmenskultur entscheidet. Wir sind nun über 15 Jahre alt, wir haben angefangen mit vier Leuten. Jetzt sind wir über 400. Das müssen wir erst einmal verarbeiten, das muss sich ordnen. Und dann gibt es einen weiteren Flaschenhals für unser Wachstum: Das sind nicht die Finanzen. Das sind die Genehmigungen. Natürlich sind immer 90 Prozent der Menschen für Windenergie, wenn man danach fragt. Aber bitte nie in der eigenen Nachbarschaft. Es sind oft Zugezogene, die gegen Windanlagen klagen.
Bildhinweis: Windkraftanlage von Enertrag. / Quelle: Unternehmen
ECOreporter: Sie könnten sich Genehmigungen vor Gericht erstreiten.
Müller: Das tun wir in Deutschland nie. Wir gehen nur dahin, wo die Windenergie gewollt wird.
ECOreporter: Ist das in anderen Ländern genauso?
Müller: Wir klagen nur da, wo uns die Verwaltung Steine in den Weg legt. In Frankreich kann das der Fall sein, da sind Klagen teilweise im Verwaltungsverfahren nötig. Aber wie gesagt: Es geht nie um Verfahren gegen den Bürgerwillen.
ECOreporter: Es sind derzeit etliche Hürden für die Energiewende in der Diskussion. Es vor allem um das Stromleitungs-Netz und die vermeintlich fehlenden Speicher. Worin sehen Sie derzeit das größte Hindernis auf dem Weg zu mehr Erneuerbarer Energie?
Müller: Zum einen darin, dass es einzelnen Menschen möglich ist, den Windanlagenbau zu behindern. Also wie gesagt bei den Genehmigungen. Zum anderen darin, dass Konzerne mit fossilen Energien und Atomkraft derartige Mengen an Geld verdienen können und diese Quellen für ihre Gewinne nicht aufgeben wollen. Trotz der Hindernisse: Wir schaffen die Energiewende, das geht gar nicht anders. Und es ist ein gutes Gefühl, das zu tun.
ECOreporter: Herr Müller, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview mit Jörg Müller haben wir vorab im aktuellen Magazin von ECOreporter.de veröffentlicht. Die Energiewende und unbekannte Fakten dazu sind der Themenschwerpunkt des gedruckten Heftes. Wie Sie es bestellen können, erfahren Sie
hier (Link entfernt).

ECOreporter: Die Politik sägt heute auch am Erneuerbare- Energie-Gesetz (EEG). Wird es demnächst ohne das EEG gehen können?
Jörg Müller: Das EEG gibt es ja seit 1991. Es hat zwei Seiten: Es sichert den Absatz der Erneuerbare- Energie-Anlagen. Das ist der Anti-Monopol-Teil. Und es sichert einen Mindestlohn für Erneuerbare- Energie-Strom. Wenn man also gut darin ist, Erneuerbare-Energie-Anlagen zu betreiben, dann bleibt auch etwas übrig. Politiker und vor allem Lobbyisten, die am EEG sägen, gab es immer schon - aber 90 Prozent der Abgeordneten stimmten fraktionsübergreifend immer wieder für das EEG.
ECOreporter: Also brauchen wir das EEG weiterhin?
Müller: Das EEG ist das Herz der Energiewende. Ohne EEG käme es zum Stillstand, so wie in den vielen Ländern, die kein EEG haben. Die Grundsätze Einspeisevorrang und Mindestvergütung sind unabdingbar, um die massive Förderung der fossilen Energiewirtschaft auszugleichen und den Erneuerbaren ein unabhängiges Wachstum zu ermöglichen. Ausschreibungsmodelle und CO2-Handel dienen nur den Energiemonopolen, führen zu höheren Strompreisen und bremsen die Energiewende.
ECOreporter: Enertrag betreibt heute ein eigenes Stromnetz. Wie hat es dem Stromnetzbetreiber in Ihrer Region gefallen, dass Sie Ihr eigenes Stromnetz wollten?
Müller: Gar nicht. Sie haben uns behindert, wo sie können. Vor allem juristisch. Die hatten ja eine ganze Reihe von Anwälten. Ich war anfangs unser einziger „Anwalt“, musste alles selbst lesen und verstehen. Und wir haben viel gelesen, haben uns selbst unsere Gedanken gemacht. Es ging vor allem um die Anschlussbedingungen, mit denen sie uns blockiert haben. Die waren technisch gesehen Quatsch. Ich war ja in der DDR-Zeit schon Elektrobastler, hatte auch umfangreich Netze und Generatoren studiert und kannte mich mit elektrotechnischen Dingen aus, deshalb konnte ich sehen, dass das technisch unhaltbar war. Auf diese Anschlussbedingungen haben wir uns nicht eingelassen.
ECOreporter: Und dann hat der Stromnetzbetreiber gesagt, gut wir ergeben uns, ihr könnt Euer eigenes Netz haben?
Müller: Nein, wir mussten erst mit Hilfe des Verbandes Eurosolar eine Kampagne starten, wir haben die Medien informiert, auch die Politiker. Leider hat das bis zu unserem Erfolg einige Zeit gedauert. Ein halbes Jahr standen die Windanlagen still.
ECOreporter: Haben Sie in der Zeit schlecht geschlafen?
Müller: Nein, ich bin davon ausgegangen, dass wir den Prozess gewinnen. Und ein paar Jahre später waren unsere Ansätze dann Standard in Deutschland.
ECOreporter: Nun betreiben Sie ein eigenes, immerhin 600 Kilometer langes Stromnetz. Mit einer Besonderheit, die jetzt richtig aktuell wird: Ihre Stromkabel liegen in der Erde. Müller: Ja, wir haben schon 1995 mit Erdkabeln angefangen.
ECOreporter: Die Stromkonzerne sagen, die Energiewende gehe nicht voran, weil das Leitungsnetz nicht ausgebaut wäre. Das Leitungsnetz wird nicht ausgebaut, unter anderem, weil man denkt, die Bürger wollen keine neuen riesigen Freileitungen. Erdkabel seien zu teuer, etwa 7 Millionen Euro pro Kilometer, heisst es. Was haben Ihre Erdkabel gekostet? Müller: Je nach Kabel- und Verlegungsart, also Kabelpflug oder Bagger, etwa 6.000 bis 30.000 Euro pro Kilometer für 20.000 Volt. Wobei unsere Kabel sogar ein sogenanntes Temperaturmonitoring haben, das die Auslastung effizienter macht. Wir haben auch viele Leitungen mit 110.000 Volt. Das ist regional ausreichend, und die Kabelverlegung ist unterirdisch möglich. Erst im europäischen Strom-Verbundnetz gibt es Leitungen mit 400.000 Volt. Bei der Verlegung dieser Stromtrassen in der Erde gibt es technische Probleme zu lösen, die dann tatsächlich die Kosten in die Höhe treiben. Bei Verbundnetzen sollten wir also bei der guten alten Freileitung bleiben.
ECOreporter: Wo liegen die Wachstumsbegrenzer für Ihr eigenes Unternehmen?

Bildhinweis: Windkraftanlage von Enertrag. / Quelle: Unternehmen
ECOreporter: Sie könnten sich Genehmigungen vor Gericht erstreiten.
Müller: Das tun wir in Deutschland nie. Wir gehen nur dahin, wo die Windenergie gewollt wird.
ECOreporter: Ist das in anderen Ländern genauso?
Müller: Wir klagen nur da, wo uns die Verwaltung Steine in den Weg legt. In Frankreich kann das der Fall sein, da sind Klagen teilweise im Verwaltungsverfahren nötig. Aber wie gesagt: Es geht nie um Verfahren gegen den Bürgerwillen.
ECOreporter: Es sind derzeit etliche Hürden für die Energiewende in der Diskussion. Es vor allem um das Stromleitungs-Netz und die vermeintlich fehlenden Speicher. Worin sehen Sie derzeit das größte Hindernis auf dem Weg zu mehr Erneuerbarer Energie?
Müller: Zum einen darin, dass es einzelnen Menschen möglich ist, den Windanlagenbau zu behindern. Also wie gesagt bei den Genehmigungen. Zum anderen darin, dass Konzerne mit fossilen Energien und Atomkraft derartige Mengen an Geld verdienen können und diese Quellen für ihre Gewinne nicht aufgeben wollen. Trotz der Hindernisse: Wir schaffen die Energiewende, das geht gar nicht anders. Und es ist ein gutes Gefühl, das zu tun.
ECOreporter: Herr Müller, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview mit Jörg Müller haben wir vorab im aktuellen Magazin von ECOreporter.de veröffentlicht. Die Energiewende und unbekannte Fakten dazu sind der Themenschwerpunkt des gedruckten Heftes. Wie Sie es bestellen können, erfahren Sie
