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„Wir müssen den Konzernen die Stirn bieten“ - Naomi Klein fordert vereintes Engagement gegen den Klimawandel
Bestsellerautorin Naomi Klein geht in ihrem neuesten Buch zwei Schritte weiter als die meisten Autoren und Denker bisher: Sie setzt voraus, dass die Klimakatastrophe begonnen hat, dass es technisch und physikalisch möglich ist, das Ruder noch herumzureißen. Sie beschreibt, wie und woraus jetzt eine Massenbewegung entstehen kann, die genug politischen Einfluss nimmt, um innerhalb weniger Jahre zum Ziel zu kommen. Die Uhr tickt…
Die globale Erwärmung muss auf zwei Grad begrenzt werden, dann können wir den Klimawandel noch beherrschen: Das ist seit Jahren das Mantra der Weltklimakonferenzen. Aber von Gipfel zu Gipfel steigt die Erdtemperatur weiter an. „Die Klimakatastrophe ist bereits im Gange“, stellt die kanadische Bestsellerautorin Naomi Klein in ihrem neuen Buch „Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima“ nüchtern fest. Es sei schlicht zu spät, den Klimawandel aufzuhalten. Aber es sei sehr wohl noch möglich, eine absolute Klimakatastrophe zu verhindern. Dabei setzt sie nicht auf „den einen, großen Schock“, der der Welt die Augen öffnen könnte. Denn weder die mehrjährige Dürre in Kalifornien noch Wirbelstürme und Überflutungen, Hitzewellen und Gletscherabbrüche hätten bisher den Willen zum Umsteuern genügend gefüttert.
„Wir brauchen einen Plan“, sagt Klein. Denn die Zeit, um Gegenmaßnahmen einzuleiten, werde knapper. In Deutschland hat es etwa 25 Jahre gedauert, um alleine beim Stromverbrauch von einem Erneuerbare-Energie-Anteil von vier Prozent auf die heutigen etwa 25 Prozent zu kommen. Das ist unter den großen Industrienationen der Welt eine Rekordleistung, aber selbst hier blasen Kohlekraftwerke weiter Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre, der Verkehr sorgt für mehr klimaschädliche Abgase denn je, die Regierung kann sich nicht einmal auf ein Förderprogramm für Dämmmaßnahmen im Wohnungsbau einigen. Klein hält es zumindest physikalisch noch für möglich, die zwei Grad nicht zu überschreiten. Voraussetzung: Die Emissionen müssen um sechs Prozent sinken. In den reichen Industrienationen sogar um zehn Prozent. Aber wie soll das gehen? Technisch sei es möglich, versichert Klein. Die schwierigere Frage sei, wie man es politisch durchsetze.
Gegen den Neoliberalismus
Obwohl der Buchtitel vermuten lässt, sie wolle dem Kapitalismus an den Kragen, ist sie so radikal nicht. Eindämmen will sie die neoliberale Haltung, die ohne verbindliche Vorschriften alles der sich selbst ordnenden Hand des Marktes überlassen will. „Sich in den Markt einzumischen gilt vielen Regierungen in den führenden Wirtschaftsstaaten als Ketzerei. Aber wir brauchen nun die Bereitschaft, den Konzernen die Stirn zu bieten, die immer noch auf fossile Energien setzen“, erklärt Klein. Ein Sakrileg in Staaten wie den USA, aber auch für die deutsche Sozialdemokratie. Übrigens sagt Klein von sich, sie habe als brave Sozialdemokratin begonnen. Den Kurs, nun mit Engelsgeduld auf eine Wandlung der Wirtschaft aus sich selbst heraus zu hoffen, hält sie für den Weg ans baldige Ende einer Sackgasse. Vor 25 Jahren sei eine schrittweise Lösung mit dem Kapitalismus noch möglich gewesen. Nun seien Wirtschaftswachstum und Klimaschutz nicht mehr vereinbar. Im Jahr 2015 bei dem gegenwärtigen Stand des Klimawandels reiche es nicht aus, in diesem Tempo weiterzuwerkeln, erklärt Klein. Sie fordert eine strategische Wirtschaftspolitik, mit der die Menschen bewusst entscheiden, in welchen Bereichen Wachstum stattfindet. Förderung der Energiewende, effiziente Stromnetze, Wachstum im Gesundheits- und Pflegebereich, in den Märkten für Bildung und Kultur, das seien Möglichkeiten für klimaneutrale Arbeit.
Mit Plan und Konzept statt Schocktherapie und Fatalismus
Klein, Tochter einer Dokumentarfilmerin und eines Arztes, entwirft Szenarien, die einen konkreten Weg weisen zu einer Weltwirtschaft, die sich von fossilen Brennstoffen abkehrt. Sie sieht den Bedarf für Millionen an neuen Arbeitsplätzen, und das sind keine Visionen oder Luftschlösser. Denn sie stützt sich auf zahlreiche wissenschaftliche Studien, deren Grundannahmen gar nicht umstritten sind. Es sei heute alles eine Frage der Durchsetzung, so Kleins Buch. Ihre größte Hoffnung sei, dass sich unterschiedliche politische Bewegungen zusammenschlössen, etwa die Gruppen, die gegen wirtschaftliche Verelendung kämpfen mit den Klimaschützern. Wir müssen es versuchen, ist ihre Parole – eine Erfolgsgewissheit sieht sie nicht. Dass sie mit ihren Gedanken die Massen erreicht und motivieren kann, hat die Schriftstellerin mit ihren bisherigen Bestsellern schon bewiesen. Am bekanntesten ist „No Logo! Der Kampf der Global Players um Marktmacht: ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern“, in dem es darum geht, dass aus Produzenten reine Vermarktungsmaschinerien geworden sind. Um privaten Konsum geht es auch beim Klimawandel, erläutert sie nun. Denn im Ergebnis würde auch der Verbraucher die Auswirkungen des Kampfes um das Umsteuern mittragen müssen. Laut Klein müssen wir alle beispielsweise unseren Überkonsum beschränken. Und wir sollten beispielsweise nicht mit dem Finger auf China zeigen. Schließlich würde ein hoher Anteil des chinesischen Ausstoßes an Klimagas daher rühren, dass dort überflüssige Dinge für die westlichen Verbraucher hergestellt würden. Der Originaltitel ihres Buchs lautet „This changes everything“. Er scheint noch besser gewählt als die deutsche Fassung, denn es gehe nun um radikale Veränderungen, erklärt Klein. „Das hier ist für uns alle der Kampf unseres Lebens“, sagt sie. Wer das Buch liest, versteht warum sie Recht hat.
Die globale Erwärmung muss auf zwei Grad begrenzt werden, dann können wir den Klimawandel noch beherrschen: Das ist seit Jahren das Mantra der Weltklimakonferenzen. Aber von Gipfel zu Gipfel steigt die Erdtemperatur weiter an. „Die Klimakatastrophe ist bereits im Gange“, stellt die kanadische Bestsellerautorin Naomi Klein in ihrem neuen Buch „Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima“ nüchtern fest. Es sei schlicht zu spät, den Klimawandel aufzuhalten. Aber es sei sehr wohl noch möglich, eine absolute Klimakatastrophe zu verhindern. Dabei setzt sie nicht auf „den einen, großen Schock“, der der Welt die Augen öffnen könnte. Denn weder die mehrjährige Dürre in Kalifornien noch Wirbelstürme und Überflutungen, Hitzewellen und Gletscherabbrüche hätten bisher den Willen zum Umsteuern genügend gefüttert.
„Wir brauchen einen Plan“, sagt Klein. Denn die Zeit, um Gegenmaßnahmen einzuleiten, werde knapper. In Deutschland hat es etwa 25 Jahre gedauert, um alleine beim Stromverbrauch von einem Erneuerbare-Energie-Anteil von vier Prozent auf die heutigen etwa 25 Prozent zu kommen. Das ist unter den großen Industrienationen der Welt eine Rekordleistung, aber selbst hier blasen Kohlekraftwerke weiter Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre, der Verkehr sorgt für mehr klimaschädliche Abgase denn je, die Regierung kann sich nicht einmal auf ein Förderprogramm für Dämmmaßnahmen im Wohnungsbau einigen. Klein hält es zumindest physikalisch noch für möglich, die zwei Grad nicht zu überschreiten. Voraussetzung: Die Emissionen müssen um sechs Prozent sinken. In den reichen Industrienationen sogar um zehn Prozent. Aber wie soll das gehen? Technisch sei es möglich, versichert Klein. Die schwierigere Frage sei, wie man es politisch durchsetze.
Gegen den Neoliberalismus
Obwohl der Buchtitel vermuten lässt, sie wolle dem Kapitalismus an den Kragen, ist sie so radikal nicht. Eindämmen will sie die neoliberale Haltung, die ohne verbindliche Vorschriften alles der sich selbst ordnenden Hand des Marktes überlassen will. „Sich in den Markt einzumischen gilt vielen Regierungen in den führenden Wirtschaftsstaaten als Ketzerei. Aber wir brauchen nun die Bereitschaft, den Konzernen die Stirn zu bieten, die immer noch auf fossile Energien setzen“, erklärt Klein. Ein Sakrileg in Staaten wie den USA, aber auch für die deutsche Sozialdemokratie. Übrigens sagt Klein von sich, sie habe als brave Sozialdemokratin begonnen. Den Kurs, nun mit Engelsgeduld auf eine Wandlung der Wirtschaft aus sich selbst heraus zu hoffen, hält sie für den Weg ans baldige Ende einer Sackgasse. Vor 25 Jahren sei eine schrittweise Lösung mit dem Kapitalismus noch möglich gewesen. Nun seien Wirtschaftswachstum und Klimaschutz nicht mehr vereinbar. Im Jahr 2015 bei dem gegenwärtigen Stand des Klimawandels reiche es nicht aus, in diesem Tempo weiterzuwerkeln, erklärt Klein. Sie fordert eine strategische Wirtschaftspolitik, mit der die Menschen bewusst entscheiden, in welchen Bereichen Wachstum stattfindet. Förderung der Energiewende, effiziente Stromnetze, Wachstum im Gesundheits- und Pflegebereich, in den Märkten für Bildung und Kultur, das seien Möglichkeiten für klimaneutrale Arbeit.
Mit Plan und Konzept statt Schocktherapie und Fatalismus
Klein, Tochter einer Dokumentarfilmerin und eines Arztes, entwirft Szenarien, die einen konkreten Weg weisen zu einer Weltwirtschaft, die sich von fossilen Brennstoffen abkehrt. Sie sieht den Bedarf für Millionen an neuen Arbeitsplätzen, und das sind keine Visionen oder Luftschlösser. Denn sie stützt sich auf zahlreiche wissenschaftliche Studien, deren Grundannahmen gar nicht umstritten sind. Es sei heute alles eine Frage der Durchsetzung, so Kleins Buch. Ihre größte Hoffnung sei, dass sich unterschiedliche politische Bewegungen zusammenschlössen, etwa die Gruppen, die gegen wirtschaftliche Verelendung kämpfen mit den Klimaschützern. Wir müssen es versuchen, ist ihre Parole – eine Erfolgsgewissheit sieht sie nicht. Dass sie mit ihren Gedanken die Massen erreicht und motivieren kann, hat die Schriftstellerin mit ihren bisherigen Bestsellern schon bewiesen. Am bekanntesten ist „No Logo! Der Kampf der Global Players um Marktmacht: ein Spiel mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern“, in dem es darum geht, dass aus Produzenten reine Vermarktungsmaschinerien geworden sind. Um privaten Konsum geht es auch beim Klimawandel, erläutert sie nun. Denn im Ergebnis würde auch der Verbraucher die Auswirkungen des Kampfes um das Umsteuern mittragen müssen. Laut Klein müssen wir alle beispielsweise unseren Überkonsum beschränken. Und wir sollten beispielsweise nicht mit dem Finger auf China zeigen. Schließlich würde ein hoher Anteil des chinesischen Ausstoßes an Klimagas daher rühren, dass dort überflüssige Dinge für die westlichen Verbraucher hergestellt würden. Der Originaltitel ihres Buchs lautet „This changes everything“. Er scheint noch besser gewählt als die deutsche Fassung, denn es gehe nun um radikale Veränderungen, erklärt Klein. „Das hier ist für uns alle der Kampf unseres Lebens“, sagt sie. Wer das Buch liest, versteht warum sie Recht hat.