Fonds / ETF

„Wir erwarten, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Investmentfonds weiter zunimmt.“- ECOreporter.de-Interview mit Doris Märzluft, Leiterin Asset Management Anleihen bei der Wilhelm von Finck AG



ECOreporter.de: Welche Anlagestrategie verfolgt Ihr nachhaltiger Mischfonds Wilhelm von Finck (WvF) Rendite und Nachhaltigkeit?

Doris Märzluft: Viele vermögende Privatkunden, Stiftungen und Non-Profit-Organisationen haben sich zum Ziel gesetzt, ihr Vermögen zu steigern bzw. real zu erhalten. Dieses Ziel möchte der Anleger aber auch im Einklang mit ökologischer und sozialer Verantwortung erreichen. Die Wilhelm von Finck AG (WvF AG) als Anlageberater bietet in Zusammenarbeit mit der oekom research AG einen Investmentansatz, der Nachhaltigkeitsgrundsätze mit Kapitalmarktchancen verbindet. Um dieses Ziel zu erreichen wählt der Anlageberater die Wertpapiere der Unternehmen aus, deren ökologische und soziale Verantwortung den Unternehmenswert nachhaltig steigert.  

ECOreporter.de: Wie ist ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit für den Wilhelm von Finck (WvF) Rendite und Nachhaltigkeit definiert?

Märzluft: Das Nachhaltigkeitsrating von oekom research AG ist die Basis für den nachhaltigen Investmentprozess der WvF AG. Für die oekom research AG bilden die Verantwortung gegenüber den Menschen und der Gesellschaft und die Verantwortung gegenüber der natürlichen Umwelt das Fundament des Ratingansatzes.
Diese Schwerpunkte werden durch die folgenden Grundsätze verfeinert:
•    Schutz der menschlichen Würde
•    Gewährleistung der Grundversorgung
•    Gewährleistung individueller Entwicklung
•    Partizipation an politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen
•    Respekt und Erhalt der Vielfalt
•    Schutz der natürlichen Umwelt
•    Effiziente und nachhaltige Nutzung von Rohstoffen
•    Vermeidung von Risiken beim Einsatz neuer Technologien
•    Faire Weltwirtschaftordnung
Die oekom research AG analysiert die weltweit wichtigsten Unternehmen und Staaten in ihrer Rolle als Wertpapieremittenten. Das Rating gliedert sich in einen sozialen und ökologischen Teil.  Die Nachhaltigkeitsanalyse ergibt das oekom Corporate Rating (Unternehmen/Emittenten von Anleihen) bzw. das oekom Country Rating (Staaten).

ECOreporter.de: Nach welchen Negativ- und auch Positivkriterien- findet die Titelwahl für die einzelnen Bereiche des Portfolio statt?

Märzluft: Von der oekom research AG und der WvF AG wurden im Dialog klare Ausschlusskriterien definiert. Deshalb sind Investitionen in Emittenten/Unternehmen ausgeschlossen, die
- in besonders kontroversen Geschäftsfeldern tätig sind, z.B. Alkohol, Atomenergie, Glücksspiel, Grüne  Gentechnik, Pornografie, Rüstung und Tabak
- oder kontroverse Geschäftspraktiken an den Tag legen, z.B. Arbeitsrechte, Kinderarbeit, Menschenrechte, Tierversuche, Umweltverhalten und Wirtschaftspraktiken.
Auf Länderebene führen wesentliche Verstöße bei Kriterien z.B. Arbeitsrechte, Atomenergie, Atomwaffen, autoritäre Regime, Diskriminierung, Geldwäsche, Kinderarbeit, Klimaschutz, Korruption, Menschenrechte, Presse- und Medienfreiheit, Rüstungsbudget, Todesstrafe und Vereinigungsfreiheit zum Ausschluss.

ECOreporter.de: Wer kontrolliert wie oft, inwiefern die definierten Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden? Wie reagieren Sie auf Verstöße gegen den Kriterienkatalog?

Märzluft: Ziel ist es, im Portfolio den Nachhaltigkeitsanspruch diszipliniert umzusetzen. Die WvF AG erhält von der oekom research AG auf monatlicher Basis ein aktualisiertes nachhaltiges Anlageuniversum. Dieses wird mit den Fondsbeständen abgeglichen, falls ein Wertpapier die definierten Nachhaltigkeitskriterien nicht mehr erfüllt, erfolgt innerhalb von drei Monaten der Verkauf. In der Regel wird aber relativ zeitnah der Verkauf umgesetzt.  Bereits vor Ordererteilung jeder einzelnen Order wird im Haus die Einhaltung der definierten Nachhaltigkeitskriterien von unserem Controlling überprüft. Durch die Fondsgesellschaft erfolgt ebenfalls eine Überprüfung vor der Weitergabe der Order an den Handel. Zusätzlich werden die Bestände im Rahmen der täglichen Anlagegrenzenprüfung im Hause der DWS mit dem Anlageuniversum abgeglichen.

ECOreporter.de: Was unterscheidet den Wilhelm von Finck (WvF) Rendite und Nachhaltigkeit von anderen nachhaltigen Mischfonds?

Märzluft: Der Fonds weist durch seine klar definierten und transparenten Nachhaltigkeitskriterien ein geschärftes Nachhaltigkeitsprofil aus. Er kombiniert einen Best-in-Class-Ansatz (Prime Status von oekom research AG) mit weitreichenden Ausschlusskriterien. Zusätzlich runden Themenfonds (bis zu 25% des Fondsvermögens), die sich ausschließlich nachhaltigen Themen, wie z.B. Klimawandel, Umweltschutz oder Energieeffizienz widmen, das Anklagespektrum ab. Gerade diese Bereiche erscheinen aufgrund von langfristig überdurchschnittlich erwarteten Wachstumschancen interessant. Die Nachhaltigkeitsanalyse auf Basis des vorgenannten Ansatzes der oekom research AG erfolgt für diese Investitionen nicht, dennoch wird darauf geachtet, dass die ausgewählten Produkte nachhaltigen Charakter aufweisen. Zusätzlich können noch Produkte die nach einem anerkannten anderen Nachhaltigkeitsansatz anlegen beigemischt werden. Damit ist ein Höchstmaß an Transparenz gewährleistet.

ECOreporter.de: Welche regionalen Schwerpunkte setzt der Fonds, welche Branchen sind im Bereich Aktien und Unternehmensanleihen?

Märzluft: Die Investmententscheidungen basieren auf dem disziplinierten Investmentprozess der WvF AG, der volkswirtschaftlich geprägt ist.  Er umfasst die Regionen USA, Europa und Asien/Emerging Markets. Regionaler Schwerpunkt für Anleiheinvestitionen liegt im Euroraum und für Aktieninvestitionen in Europa. Es kann aber zusätzlich in US-Aktien investiert werden. Die Themenfonds haben i.d.R. eine globale Ausrichtung.
Die Auswahlkriterien im Aktiensegment entsprechen dem WvF-Ansatz „Dividend & Quality“, der die folgenden Kriterien berücksichtigt:
•    Überwiegend Standardwerte aus dem Universum MSCI-World
•    Mehrheitlich Aktien mit einer Marktkapitalisierung über 1 Mrd. €
•    Möglichst breite Branchendiversifikation
•    Schwerpunkt Europa, zusätzlich kann in US-Aktien investiert werden
•    Fokus auf regelmäßige Dividendenzahlungen und attraktiver Dividendenrendite
•    Attraktive Bewertungskennzahlen (KGV,EK-Rendite, etc.).
Die Branchenallokation wird nach Maßgabe der erwarteten, fundamentalen Entwicklung gewählt. Danach richtet sich auch die Auswahl bei den Unternehmensanleihen. Es wird auf eine ausreichende Diversifikation geachtet. Ein Klumpenrisiko soll vermieden werden.  Es wird keine Branche explizit ausgeschlossen. Die Einzeltitelauswahl fällt wieder unter die Nachhaltigkeitskriterien.

ECOreporter.de: Der Fonds setzt auch auf Rentenpapiere im EU-Raum. Inwiefern sind oder waren auch Euro-Krisen-Staaten wie Spanien und Irland und Griechenland vertreten?

Märzluft: Auch hier greift der Nachhaltigkeitsansatz von oekom-research. Griechenland und Spanien sind nach diesen Kriterien aktuell ausgeschlossen. Investments in Irland in Höhe von 0,7 % mit Endfälligkeit in 2014 und in Höhe von 1 % mit Endfälligkeit in 2018 wurden eingegangen. Damit ist nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil des Fondsvolumens von der Krise in den Staatsanleihen der europäischen Peripheriestaaten betroffen.

ECOreporter.de: Wie wird sich nach Ihrer Einschätzung der Markt für nachhaltige Investmentfonds in der nahen Zukunft entwickeln?

Märzluft: Wir erwarten, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Investmentfonds weiter zunimmt. Gerade aus dem Stiftungssegment und zunehmend auch von Privatinvestoren sehen wir ein steigendes Interesse. Die öffentliche Diskussion des Themas Klimawandel und die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise, welche verstärkt den Fokus vieler Investoren auf Wert und Werthaltigkeit lenkt, sehen wir als Treiber.

ECOreporter.de: Wo sehen sie große Potenziale und wo sollte man sein Geld in Zukunft besser nicht investieren?

Märzluft: Das Umfeld für einen Fonds mit dem Schwerpunkt in Euro-Anleihen ist herausfordernd. Angesichts der bereits niedrigen Zinsen stellt sich die Frage nach einer attraktiven Risk-Return-Bewertung. Steht der geringen Rendite ein zu hohes Risiko gegenüber? Auch im kommenden Jahr wird es immer wieder Chancen am Kapitalmarkt geben. So werden auch sichere Staatsanleihen zeitweise gute Einstiegsmöglichkeiten bieten. Aufgrund der intakten Wirtschaft – vor allem in den Kernländern Europas – und der erfolgten Konsolidierung bei den Unternehmen eröffnen sich Renditechancen im Unternehmensanleihesegment, wenngleich die Entwicklung der Kreditaufschläge deutlich verhaltener als in den letzten zwei Jahren ausfallen sollte. Die starke Binnennachfrage in Asien und in den Schwellenländern machen Aktien aus dem Segment der Konsumartikel und Luxusgüter interessant. Ob sich ein Investment in den Staatsanleihen der Peripheriestaaten in 2011 lohnt, kann aufgrund der bisher inkonsistenten Informationslage nicht abschließend beurteilt werden. Hier halten wir uns wie bisher zurück.

ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch!
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x