Fonds / ETF

„Wir beobachten eine gigantische Finanzblase bei Staatsanleihen“ – Rainer Unterstaller Acatis Investment GmbH

Die Krisen im Nahen Osten und der Ukraine gehen an den Finanzmärkten nicht spurlos vorbei. Kann ein nachhaltiger Investmentfonds in Zeiten wie diesen eine sichere Alternative für Privatanleger sein? Im Interview spricht Rainer Unterstaller vom Frankfurter Fondsanbieter Acatis Investment GmbH über Chancen und Risiken für Nachhaltigkeitsfonds im aktuellen Marktumfeld. Außerdem erklärt er, was Acatis Investment nachhaltig orientierten Anlegern anbietet, auf welche Strategien das Fondsmanagement dabei setzt und wie der Nachhaltigkeitsansatz dieser Fonds funktioniert.

Die Acatis Investment GmbH ist Aussteller der Messe Grünes Geld Hamburg. Bei freiem Eintritt können sich Anfänger ebenso wie Finanzprofis ein umfassendes Bild vom nachhaltigen Finanzmarkt machen. Die Veranstaltung zeigt neue Trends, Entwicklungen und Angebote rund um ethisch und ökologisch einwandfreies Investment. Abgerundet wird die Messe durch ein umfangreiches Vortragsprogramm zum Thema und eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Grün oder grün gewaschen? Sicher oder riskant? Wie Sie nachhaltige Geldanlagen beurteilen können. Damit sich auch Eltern und Großeltern entspannt umschauen können, gibt es ein Kinderprogramm für kleine Messebesucher (näheres zu der Veranstaltung erfahren Sie  hier.


ECOreporter.de: Warum bietet die Acatis Investment GmbH Nachhaltigkeitsfonds an? Für wen kommen Ihre Produkte in Frage?

Rainer Unterstaller: Das Interesse an Nachhaltigkeit wird immer größer und gewinnt zunehmend an Attraktivität. Und der Investmentstil  des „Value Investing“ bringt langfristig Erfolg, weil es sich am Wert und nicht am Preis von Firmen ausrichtet. Die Idee beides zu kombinieren, ein Alleinstellungsmerkmal, stammte aus Gesprächen zwischen Dr. Hendrik Leber und mir. Eine eigene Studie zeigte, dass die Kombination langfristig erfolgversprechend ist. In die drei Nachhaltigkeitsfonds der ACATIS Investment GmbH können sowohl Privatanleger als auch institutionelle Anleger investieren. Je nach Risikoeinstellung können die Investoren zwischen einem nachhaltigen Rentenfonds, einem Vermögensverwaltungsfonds und einem Aktienfonds wählen. Der ACATIS Fair Value Modulor Vermögensverwaltungsfonds weist eine sehr niedrige Volatilität auf und ist daher für viele Anleger geeignet. Das Anlagekonzept dieses breit diversifizierenden Mischfonds wurde im Mai 2012 auf Nachhaltigkeit umgestellt. Die Performance seitdem:  + 22,5 Prozent. Der Fonds ist durch seine Ausrichtung auch für Stiftungen sehr interessant.


ECOreporter.de: Wer bewertet für Sie die Nachhaltigkeit der Investments? Inwiefern verwenden Sie Ausschlusskriterien?

Unterstaller:  Das Themengebiet „Nachhaltigkeit“ wird bei den ACATIS Fair Value Fonds von der ACATIS Fair Value Investment AG betreut. Hier werden die Nachhaltigkeitskriterien ausgearbeitet. Die Auswertung wird von der Ratingagentur imug/EIRIS nach den ACATIS-Fair-Value-Kriterien erstellt. Dadurch ist die Unabhängigkeit des Nachhaltigkeitsscreenings sichergestellt.  Wir verwenden Ausschlusskriterien, kombinieren sie aber zusätzlich mit Positivkriterien. Damit grenzen wir uns deutlich von einem Best-in-Class-Ansatz ab. Mit unseren Positivkriterien möchten wir die positive Entwicklung in einem Unternehmen zu den Themen Nachhaltigkeit und Ethik abbilden. Gefragt ist beispielsweise, wie sich Unternehmen sozial engagieren, was in Sachen Umwelt geleistet wird und wie die Unternehmensführung aussieht. Das heißt, es wird nicht nur einfach ausgesiebt, sondern es werden Eigenschaften oder Entwicklungen bewertet. Positives wird gefördert und Fehlentwicklungen werden immer mehr eingeschränkt.


ECOreporter.de: Warum setzen Sie eine Toleranzschwelle von fünf Prozent?

Unterstaller: Die Toleranzschwelle resultiert aus einer Umfrage unter Kunden und Investoren, die wir vor der Festlegung unserer Nachhaltigkeitskriterien durchgeführt haben. Allein durch die Fünf-Prozent-Regel wird das Anlageuniversum stark eingeschränkt. Ohne diese Toleranz gäbe es nur schwarz und weiß und viele Unternehmen, die nur einen geringen Umsatz oder Anteil in nicht nachhaltigen Bereichen haben, entfielen auch. Doch viele dieser Unternehmen weisen ansonsten gute Ansätze und Produkte auf.

ECOreporter.de: Können Sie Beispiele von Unternehmen, die aus Ihre Anlageuniversum ausgeschlossen wurden und die Gründe dafür?

Unterstaller:  Das Unternehmen Apple wurde zum Beispiel im September 2013 aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen und aus den Fonds verkauft, weil seine Lieferanten Foxconn und Pegatron unter anderem Verstöße im Bereich Zwangsarbeit aufweisen. Und jedes Unternehmen hat eine Mitverantwortung für seine Zulieferer. Zwangs- und Kinderarbeit sind ein absolutes Ausschlusskriterium. Berkshire Hathaway ist ebenfalls aus dem Universum der Fair Value-Fonds ausgeschieden. Durch die Übernahme des PVC-Herstellers Lubrizol wurde der Negativscore in unserem Nachhaltigkeitsrating überschritten. Chlorchemie ist in PVC enthalten und bei den ACATIS Fair Value-Fonds als kritische Branche eingestuft. Die Beispiele belegen, dass ein Nachhaltigkeitsscreening mit Positiv- und Negativkriterien sehr gut funktioniert.

ECOreporter.de: Treten Sie mit Emittenten in Kontakt, um sie zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen? Über welche Druckmittel verfügen Sie?

Unterstaller:  Immer wieder mal. Ein aktuelles Beispiel: Wir haben ein Unternehmen im Blick, möchten aber noch die aktuellen Daten zu Wasser- und Energieverbrauch erfahren. Nur wenn der Verbrauch sinkt und Einsparungen ersichtlich sind, würde der Titel unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten als investierbar eingestuft. Leider warten wir seit Wochen auf entsprechende Informationen. In der Konsequenz teilen wir dem Unternehmen mit, dass wir es nicht in unser Anlageuniversum aufnehmen.


ECOreporter.de: Das Zinsniveau ist weiter niedrig, doch mancher Anleger sorgt sich angesichts der Krisenherde Nahost und Ukraine auch um die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten. Wie schätzen sie vor dem Hintergrund die Chancen und Risiken ein, über nachhaltige Fonds in Aktien und in Anleihen zu investieren?

Unterstaller:  Der russisch-westliche Konflikt belastet die russische Börse, aber nicht unser Sicherheitsgefühl. Finanzblasen gibt es derzeit nur wenige auf der Welt. Eine Blase ist sicherlich bei den amerikanischen Technologie-Startups zu beobachten. Beim Stichwort "Silicon Valley - Start-up" brennen alle Vorsichtssicherungen durch. 50 Millionen US-Dollar sind eine ganz normale Start-up Finanzierung ("50 million is the new single-digit-financing"). Ein amerikanischer Pennystock ohne jeden Umsatz wurde vor kurzem sogar auf vier Milliarden Dollar Börsenwert hochgejubelt, bevor er wieder zusammenbrach. Eine weitere gigantische Finanzblase ist bei Staatsanleihen zu beobachten. Weder japanische noch südeuropäische Staatsanleihen können die geringen Risikoaufschläge rechtfertigen. In einer normalen Welt wären die Zinsen für Griechenland, Italien oder Frankreich viel höher.

ECOreporter.de: Woran liegt das?

Unterstaller:  Seien wir realistisch: Viele Staaten können ihre Schulden nicht zurückzahlen, und das bedeutet, dass Pensionssysteme, Versicherungen und Banken „kaputt“ sind. Wir versuchen, unsere Anleger davor zu schützen, indem wir möglichst wenig in Staatsanleihen investieren. Ansonsten aber herrscht an den Märkten viel Umsicht. Immobilien, Ackerland, Wälder, und insbesondere Aktien sind zwar teuer geworden, aber sie sind nicht überteuert und es herrscht keine Champagner-Stimmung, sondern im Gegensatz sehr große Vorsicht. Ein Investment in den von der ACATIS Investment GmbH ACATIS Fair Value Modulor Vermögensverwaltungsfonds kann vor diesem Hintergrund zum Beispiel für viele Anleger attraktiv sein, weil hier die Titel nach Risiko allokiert werden. Mit steigendem Risiko werden die Titel geringer gewichtet und umgekehrt.

ECOreporter.de: Wir danken für das Gespräch, Herr Unterstaller.
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