Im letzten Jahr ein seltener Anblick: Ein neues Windrad wird errichtet. / Foto: Pixabay

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Windkraftzubau in Deutschland steigt um 260 % – Trendumkehr oder Einmaleffekt?

In Deutschland gingen im ersten Quartal 2020 107 Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von zusammen 348 Megawatt (MW) in Betrieb. Diese noch vorläufigen Zahlen hat die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) auf Basis der veröffentlichten Daten im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur ermittelt.

Im Vorjahr gingen von Januar bis März nur 41 Windenergieanlagen mit 134 MW Leistung ans Netz. Das bedeutet im Vergleich für das erste Quartal 2020 einen Anstieg von rund 260 Prozent. Wie ist diese Entwicklung einzuschätzen? Ist sie nachhaltig oder nur eine Momentaufnahme? Welche Rolle können dabei Ausschreibungs-Projekte aus 2017 spielen?

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Der Windkraftzubau im ersten Quartal 2019 lag laut FA Wind rund 90 Prozent unter dem Niveau des jeweils ersten Quartals in den vorangegangenen drei Jahren. Insofern sind die 260 Prozent Steigerung nicht eindrucksvoll, sondern resultieren aus der sehr niedrigen Vorjahres-Vergleichszahl.

Das erste Quartal 2019 gab den Auftakt für ein Jahr mit sehr geringem Windkraftzubau in Deutschland: 2019 gingen nur 282 neue Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von lediglich 958 MW in Betrieb. Zum Vergleich: 2018 waren es laut FA Wind noch 762 Windenergieanlagen mit 2.464 MW und 2017 sogar 1.852 Windturbinen mit zusammen 5.498 MW.

Werden dieses Jahr noch vermehrt Windpark-Projekte aus 2017 errichtet?

Die Zuschlagsmengen bei den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur waren 2017 und in der ersten Jahreshälfte 2018 noch deutlicher höher als 2019/2020. Nach der erfolgreichen Teilnahme an einer Ausschreibung kann es in der Regel ein bis zwei Jahre dauern, bis die bezuschlagten Windenergieanlagen in Betrieb gehen. Die Bürgerenergiegesellschaften, die bei den Ausschreibungen 2017 den Großteil der Zuschläge erhielten, haben sogar bis zu vier Jahre Zeit, ihre Anlagen zu errichten.

Daher ist es möglich, dass einige Ausschreibungsprojekte aus 2017/2018 noch nicht bis Ende 2019 realisiert wurden, sondern erst im ersten Quartal 2020. Und zahlreiche weitere dieser älteren Windkraftprojekte könnten in den folgenden Monaten errichtet werden. Sicher ist das aber nicht, da viele Bürgerenergiegesellschaften aufgrund einer Sonderregelung 2017 ohne eine Bau- und Betriebsgenehmigung an den Ausschreibungen teilnehmen konnten. Zudem waren die Zuschlagswerte 2017 und Anfang 2018 deutlich geringer. Während seit der Ausschreibung im August 2018 der durchschnittliche Zuschlagswert immer über 6 Cent/kWh lag, müssen die Windkraftprojekte der letzten beiden Ausschreibungsrunden von 2017 mit 4,29 bzw. 3,82 Cent/kWh auskommen. Fraglich, ob alle diese Projekte mit solch niedrigen Einspeisevergütungen realisiert werden.

Zu wenige Genehmigungen verhindern stärkeren Windkraftzubau

Zudem waren die Ausschreibungsrunden für Windenergieanlagen an Land seit Oktober 2018 in der Regel (deutlich) unterzeichnet, da viel weniger Windkraftprojekte genehmigt werden. Bei der letzten Windenergie-Ausschreibungsrunde war die Zuschlagsmenge sogar so niedrig wie nie zuvor. Daher ist derzeit gar nicht das Potenzial vorhanden, dass der Windkraftzubau in 2020 auf das höhere Niveau von 2018 oder gar 2017 zurückkehren könnte. Dafür müsste sich zunächst die Genehmigungssituation für neue Windkraftanlagen grundlegend verbessern.

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