wi Wind & Solar 10 möchte drei gekaufte Windräder refinanzieren und sammelt dafür Anlegergeld über die Crowd ein. / Symbolfoto: Pixabay

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Windanleihe Pfälzerbergland & Hunsrück II mit 4,25 % Zins und Strompreis-Bonus

Die wi Wind & Solar 10 GmbH & Co. KG hat im Mai 2022 drei Windenergieanlagen erworben, die seit vielen Jahren in Rheinland-Pfalz in Betrieb sind. Um die dafür aufgenommene Zwischenfinanzierung zurückzuzahlen, bietet das Unternehmen ab 250 Euro Schuldverschreibungen über die Plattform wiwin an. Die Anleihe hat bei einer geplanten Laufzeit von rund 3,5 Jahren einen Zinssatz von 4,25 Prozent pro Jahr. Zudem gibt es eine variable Bonuskomponente, die von der Entwicklung des Marktpreises für Windkraftanlagen abhängt. Welche Bonushöhe ist derzeit realistisch? Welche Risiken bestehen?

Anbieterin und Emittentin der nachrangigen tokenbasierten Schuldverschreibungen mit der Bezeichnung „Windanleihe Pfälzerbergland & Hunsrück II“ ist die wi Wind & Solar 10 GmbH & Co. KG mit Sitz in Gerbach in Rheinland-Pfalz. Sie wurde im November 2021 im Handelsregister eingetragen. Ihre persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist die wiwi Beteiligungs GmbH, die durch ihren Geschäftsführer Matthias Willenbacher vertreten wird. Willenbacher ist laut Anlagebroschüre (Stand: 15.6.2022) auch Alleingesellschafter der Wi IPP GmbH & Co. KG, die gemeinsam mit fünf natürlichen Personen Kommanditistin der Emittentin ist.

Das Gesamtinvestitionsvolumen für die drei Windkraftanlagen beläuft sich laut Anlagebroschüre auf ca. 3,65 Millionen Euro. Davon wurden 2,26 Millionen Euro über Kommanditbeteiligungen und Eigenkapital bereitgestellt. Crowdinvestoren sollen weitere rund 1,39 Millionen beisteuern. Davon wurden laut Anlagebroschüre bereits rund 650.000 Euro über die vorherige Windanleihe Pfälzerbergland & Hunsrück finanziert (ECOreporter berichtete hier). Die neue Windanleihe Pfälzerbergland & Hunsrück II soll nun den Restbetrag finanzieren. Das Emissionsvolumen der Anleihe beträgt bis zu 800.000 Euro.

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Windräder seit mehreren Jahren in Betrieb

Die drei Windturbinen des Herstellers Enercon drehen sich in Rheinland-Pfalz. Zwei der Anlagen haben eine Nennleistung von jeweils 2,3 MW und sind laut Anlagebroschüre seit 2006 in Höheinöd im Betrieb. Die dritte Anlage befindet sich in Walhausen, hat eine Nennleistung von 2,0 MW und ist seit 2005 in Betrieb.  Den Anlagen steht eine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bis Ende 2026 (Höheinöd) bzw. Ende 2025 (Walhausen) zu. Laut Anlagebroschüre bestehen für die Windenergieanlagen mit dem Anlagenhersteller Enercon GmbH Vollwartungsverträge, deren Vertragslaufzeiten 2025/2026 enden. Die beiden Anlagen in Höheinöd und die Anlage in Walhausen stehen jeweils in einem Windpark, bestehend aus insgesamt drei Windrädern. Die Infrastruktur der Windparks wird laut Anlagebroschüre von einer Infrastrukturgesellschaft verwaltet.

Die Emittentin geht davon aus, dass die Windkraftanlagen in den nächsten Jahren repowered, also durch neue, leistungsstärkere Anlagen ersetzt werden können. Dafür sollen sie an einen auf Repowering spezialisierten Projektentwickler veräußert werden. Dadurch reduziert sich der zu finanzierende Zeitraum nach Einschätzung der Emittentin erheblich, weshalb die neue Anleihe mit 3,5 Jahren eine deutlich kürzere Laufzeit als die erste Windanleihe Pfälzerbergland & Hunsrück (rund zehn Jahre) aufweise.

Laufzeit und Zins

Die Windanleihe Pfälzerbergland & Hunsrück II hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2025. Die Emittentin ist aber berechtigt, die tokenbasierten Schuldverschreibungen vorher ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von vier Wochen zum Ende eines Quartals zu kündigen. Es ist gemäß den Anleihebedingungen vorgesehen, dass jeweils 20 Prozent des Anleihekapitals bereits Mitte 2024 bzw. Mitte 2025 zurückgezahlt werden, die restlichen 60 Prozent am Ende der Laufzeit.

Der Zinssatz der Anleihe beträgt 4,25 Prozent pro Jahr. Zudem erhalten die Anleihegläubiger laut Basisinformationsblatt (BIB, Stand: 15.6.2022) eine variable Bonuskomponente, die von der Entwicklung des technologiespezifischen Marktpreises für Windkraftanlagen an Land abhängig ist. Für die Berechnung werden die einzelnen Monatsmarktwerte für Wind an Land für ein Kalenderjahr gemittelt („Jahresmarktwert“). Basis dafür sind die veröffentlichten Daten der Website netztransparenz.de.

Je nach Höhe dieses gebildeten Jahresmarktwertes steht den Anlegerinnen und Anlegern laut BIB rückwirkend für das vergangene Kalenderjahr ein variabler Bonuszins zu.  Dieser beträgt 0,5 Prozent pro Jahr, wenn der Jahresmarktwert über 9 Cent/kWh liegt, 1 Prozent pro Jahr bei einem Jahresmarktwert von über 11 Cent/kWh und 1,5 Prozent pro Jahr bei einem Jahresmarktwert von mehr als 13 Cent/kWh.

Der Jahresmarktwert für Wind an Land für 2021 beträgt 7,854 Cent/kWh. Die Monatsmarktwerte 2021 bewegten sich dabei in der ersten Jahreshälfte weitgehend noch um die 4 Cent/kWh und stiegen insbesondere ab September 2021 deutlich an. Dieses hohe Niveau halten sie bisher auch 2022: 12,883 Cent/kWh (Januar), 10,825 Cent/kWh (Februar), 19,766 Cent/kWh (März), 12,703 Cent/kWh (April) und 13,242 Cent/kWh (Mai).

Hohe Risiken

Bei der angebotenen Windanleihe handelt es sich um unbesicherte und nachrangige Schuldverschreibungen mit qualifiziertem Rangrücktritt und vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre.

Bei Windkraftanlagen besteht das Risiko, dass sie aufgrund eines geringeren Windaufkommens weniger Strom produzieren als prognostiziert. Die Anlagen, die die Emittentin erworben hat, sind bereits über 15 Jahre in Betrieb. Nach 20 Jahren (plus Inbetriebnahmejahr) endet die EEG-Vergütung, sodass der Strom anderweitig veräußert werden muss. Es besteht das Risiko, dass technische Probleme auftreten und die Wartungs- und Reparaturkosten bei über 20 Jahre alten Windenergieanlagen zu hoch sind, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen.

Nach oder auch vor dem Auslaufen einer EEG-Vergütung können Windkraftanlagen aber auch durch Repowering-Maßnahmen ersetzt werden. Derzeit geht die Emittentin davon aus, dass die Windkraftanlagen nicht nach dem Ende der EEG-Laufzeit weiterbetrieben werden, sondern in den nächsten Jahren repowered werden können. Es bestehen die Risiken, dass der beabsichtigte Verkauf der Anlagen an einen Projektentwickler nicht gelingt und die Genehmigung für ein Repowering nicht erteilt wird.

Bei der Anleihe besteht für Anlegerinnen und Anleger das Risiko, dass sie ihr eingesetztes Kapital teilweise oder vollständig verlieren.

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