Erneuerbare Energie, Fonds / ETF

Wie wichtig ist ein erfolgreicher Klimagipfel in Kopenhagen für die Grünstrombranche und das Nachhaltige Investment?



So ist zwar auch Gaetan Herinckx, Leiter des Nachhaltigen Investments bei Dexia Asset Management, der Meinung, dass ein Scheitern des Klimagipfel ein Nachteil wäre für Umwelt, Gesellschaft und Investmentgemeinschaft. Die negativen Auswirkungen eines solchen Scheitern auf Umwelttechnologieunternehmen im Allgemeinen und Grünstromunternehmen im Besonderen würden sich nach seiner Einschätzung aber in Grenzen halten. Den an den Fakten ändere sich ja nichts: es sei weiter mit steigenden Ölpreisen zu rechnen, einem zunehmenden Kluft zwischen Angebot und Nachfrage dieses Energielieferanten und mit einer weiter zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit Erneuerbarer Energien. Auch ohne einen Erfolg in Kopenhagen würden die Maßnahmen der einzelnen Staaten zum Ausbau klimaschonender Technologien nicht gestoppt, sondern fortgeführt.

Herinckx geht davon aus, dass die Kopenhagener Konferenz nicht wirklich scheitert. Wahrscheinlich werde ein Minimalkonsens erreicht und eine Agenda für konkrete Maßnahmen wie etwa die Einführung eines weltweiten Emissionshandels verabredet. Über diese Maßnahmen werde dann wohl später weiter verhandelt. Der Dexia-Experte betont, dass schon allein aufgrund der durch sie ermöglichten Kostenvorteile Investments in Umwelttechnologien attraktiv bleiben werden. Wer etwa weniger Energie verbrauche, schone nicht nur das Klima, sondern spare bares Geld. Die Geschäftsmodelle von Umwelttechnologie-Unternehmen seien daher auch unabhängig von einem weltweiten Klimaschutzabkommen aussichtsreich. Für langfristig ausgerichtete Investoren bleibe der Sektor daher interessant, auch wenn ein Scheitern in Kopenhagen sich kurzfristig als ein Rückschlag auswirken könne.

Bernhard Engl, Nachhaltigkeitsexperte des Schweizer Fondsanbieters Swisscanto, rechnet mit schwierigen Verhandlungen in der dänischen Hauptstadt. Wesentlich sei die Festlegung darauf, wie der Ausstoß einer Tonne Treibhausgase in Zukunft bemessen werde und dass dafür ein fairer Preis entstehe. Das sei die Voraussetzung für einen weltweiten Emissionshandel.„Wenn es einen fairen Preis für das Klimagas CO2 gibt, können Investoren herausfiltern, welche Kosten Unternehmen durch ihre Klimabelastung entstehen“, erläutert Engl. Dann sei es möglich, die Unkosten je Tonne CO2 im Verhältnis zum Umsatz eines Unternehmens zu berechnen und zu erkennen, welche Firmen hier Vorteile haben und welche Nachteile. Nachhaltige Investoren achteten schon heute auf die Klimarisiken der Aktiengesellschaften, in die sie investieren. Ein erfolgreicher Klimagipfel werde die Entwicklung nachhaltiger Fonds daher gewiss beflügeln. Auch wenn eine Einigung gewiss sehr komplexe Modalitäten enthalte, um etwa die Lasten von Industrie – und Schwellenländern einigermaßen gerecht zu verteilen.

Im Falle eines Scheiterns des Klimagipfels befürchtet Engl keine große Belastung für nachhaltige Fonds. Wie er auf Nachfrage von ECOreporter.de erklärte, müsse die Politik dann eben weiter um eine Lösung ringen. Die Erderwärmung schreite ja dennoch fort, der Druck, sich gemeinsam dagegen zu stemmen, werde ständig größer. Zudem sei die Wirtschaft nicht darauf angewiesen, dass die Politik sich zu Vorgaben durchringt. Sie könne selbst beim Klimaschutz aufs Tempo drücken. Es gebe bereits viele Anzeichen dafür, zum Beispiel hätten bereits etliche internationale Großkonzerne Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt und sich Klimaschutzinitiativen angeschlossen. Der Experte von Swisscanto ist davon überzeugt, dass es sich für Investoren immer mehr rechnen wird, auf klimaschonende Unternehmen zu setzen. Ihm sei für das nachhaltige Investment „nicht Bange, im Gegenteil“.

Eine aktuelle Untersuchung von New Energy Finance, einer weltweit führenden Unternehmensberatung mit Fokus auf Umwelttechnologien, rechnet für das kommende Jahr mit Rekordinvestitionen in alternative Energien. Nach einer Prognose des Unternehmens aus London, das unter anderem die Vereinten Nationen mit Marktdaten versorgt, könnten im kommenden Jahr über 200 Milliarden Dollar in den Sektor investiert werden. In 2008 habe sich das Volumen der Gesamtinvestitionen auf 155 Milliarden Dollar belaufen.

Neben staatlichen Fördermitteln sind es vor allem Energieunternehmen, die Geld in den Grünstromsektor pumpen. Weltweit haben Energieversorger hohe Investitionen angekündigt. So kündigte die texanische NRG Energy an, in den kommenden sechs Jahren zwei Milliarden Dollar für alternative Energieprojekte aufzuwenden. Das Unternehmen hat bereits 400 Millionen Dollar in Windparks investiert und erst kürzlich von First Solar das größte Photovoltaik-Projekt in Kalifornien erworben (wir Opens external link in new windowberichteten). In Europa investieren Energiekonzern bereits seit längerem stark in Grünstromprojekte, nach langem Zögern auch die deutschen RWE und E.on, nachdem mediterrane Konkurrenten wie EDP und Iberdrola sich zu den größten Windstromerzeugern der Welt entwickelt haben. Die China Longyuan Power Group aus Peking will allein im kommenden Jahr Windparks mit sechs Gigawatt Windstrom umsetzen und bereitet erste Investitionen in Offshore-Windparks vor.

CLP, der größte Energieversorger von Hong Kong, hat angekündigt, bis 2050 seine Treibhausgasemissionen um drei Viertel zu verringern. Zunächst will er 903 Millionen US-Dollar in einen Offshore-Windpark investieren. Wie Andrew Brandler, Firmenchef von CLP, gegenüber Bloomberg bei der Präsentation der Pläne erklärte, erfolgen die Investitionen unabhängig vom Ausgang der Klimakonferenz in Kopenhagen. Schon aus ökonomischen Gründen mache es Sinn, auf alternative Energieerzeugung zu setzen. Laut der Internationalen Energie Agentur (IEA) ist solches Engagement der Wirtschaft auch unerlässlich. Denn nur wenn Investitionen aus der Wirtschaft hinzukommen, könne es gelingen, bis 2020 den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen so zu vermindern, dass die Erderwärmung in einem erträglichen Rahmen bleibt. Der IEA zufolge muss die Privatwirtschaft die Klimaschutzinvestitionen der Staaten um mindestens 430 Milliarden Dollar ergänzen.

Christian Kjaer vom Europäischen Windenergieverband, der European Wind Energy Association (EWEA), unterstreicht dennoch die Bedeutung des am Montag beginnenden Klimagipfels. Mit einem international gültigen Abkommen könne man der Investitionsbereitschaft der Privatwirtschaft einen zusätzlichen Schub verleihen, so Kjaer. Zwei Wochen wird in Kopenhagen verhandelt. Für den Verhandlungsmarathon haben sich Vertreter von über 190 Ländern angekündigt. Nachdem bis zum 15. Dezember in Expertenrunden verhandelt wird, kommen vom 16. bis 18. Dezember Minister, Regierungschefs und Präsidenten zusammen, um die Verhandlungen abzuschließen.

Bildhinweis: Bernhard Engl / Quelle: Swisscanto; Offshore-Windpark / Quelle: AWEA; Aufbau einer Windkraftanlage von Vestas / Quelle: Unternehmen
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