Zentrale der KD-Bank in Dortmund. / Foto: Unternehmen

  Finanzdienstleister, Interview

Wie kommen Anleger gut durch die Corona-Krise? KD-Bank-Vorstand Thiesler im Interview

Was zeichnet gute nachhaltige Finanzprodukte aus? Wie liquide sind Altersheime und Kitas in Corona-Zeiten? Und was bedeutet es für Kirchenbanken, wenn weniger Kirchensteuer gezahlt wird? Dr. Ekkehard Thiesler, Vorstandsvorsitzender der Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) aus Dortmund, gibt Antworten.


ECOreporter: Herr Thiesler, das Geschäftsjahr 2019 lief für Ihre Bank besser als erwartet. Woran lag es?

Ekkehard Thiesler: Besonders ragt das Kreditgeschäft heraus, hier verzeichneten wir ein Plus von 10 Prozent. Sowohl im institutionellen als auch im privaten Kundenkreditgeschäft konnten überplanmäßig Finanzierungsmittel ausgezahlt werden. Gründe dafür sehen wir in der anhaltenden Niedrigzinssituation und in der hohen Beratungsqualität, die uns nicht nur sehr am Herzen liegt, sondern sich auch in unseren Zahlen niederschlägt.

Welche Finanzprodukte empfehlen Sie Ihren Privatkunden in Corona-Zeiten?

Anlegergerechte Empfehlungen lassen sich erst nach Betrachtung der individuellen Situation aussprechen. Grundsätzlich ist eine breit gestreute Vermögensanlage eine gute Basis. Aktiv gemanagte Anlagen, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, haben Anleger im Corona-Crash vor einem Teil der Verluste bewahrt - das bestätigt etwa eine Scope-Analyse vom 5. Mai.

Was zeichnet gute aktiv gemanagte Finanzprodukte aus?

Sie investieren vorwiegend in Zukunftsmärkte wie Gesundheit, regenerative Energie oder die Digitalisierung und setzen auf Qualität anstatt auf schnelle Gewinne. Werteorientierte Unternehmen richten ihre Strategie an langfristigen Zielen aus, sodass auch in Krisenzeiten stabile Erträge möglich sind.

Seit Monaten geht es an den Finanzmärkten immer wieder sehr turbulent zu. Wie können Privatanleger ihr Risiko minimieren?

In schwankenden Märkten kann eine Kombination mit flexiblen Ansparplänen sinnvoll sein. Das Investitionsrisiko wird reduziert, und die Anleger profitieren von einem günstigen Durchschnittspreis. Eine Auswahl an von uns geprüften nachhaltigen Investmentfonds stellen wir gerne in einem persönlichen Gespräch vor. Oder testen Sie unseren digitalen Anlage-Assistenten MeinInvest Nachhaltig.

Investieren Sie als Bank in der Corona-Krise anders als vorher?

Nein. Wir haben lediglich taktische Entscheidungen im Rahmen unserer nachhaltigen Anlagestrategie getroffen. Der grundlegende Investitionsansatz der Bank für Kirche und Diakonie sieht eine Diversifikation innerhalb der verschiedenen Assetklassen wie beispielsweise Aktien, Renten und Immobilien vor. Der Fokus liegt auf liquiden Anlagen, die unserem KD-Bank Nachhaltigkeitsfilter entsprechen. Als Beispiele sind hier Anleihen von Banken und Unternehmen, Green Bonds, Staatsanleihen bzw. Landesschatzanweisungen sowie deutsche und ausländische Pfandbriefe zu nennen. Wir ergänzen das Portfolio um Investitionen im Immobilienfondsbereich und in Aktien.

Die KD-Bank finanziert vor allem Unternehmen der Sozialwirtschaft: Altersheime, Krankenhäuser, Kitas, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Wie schätzen Sie die Situation der Branche in der Corona-Krise ein?

Grundsätzlich ist die Bedeutung der Sozialwirtschaft für unsere Gesellschaft nochmals unterstrichen worden, das werten wir positiv. Die Maßnahmen von Bund, Ländern und Kostenträgern zur Liquiditätsunterstützung diakonischer Einrichtungen waren wirkungsvoll und bemerkenswert unbürokratisch. Dennoch ist es derzeit so, dass diakonische Einrichtungen zum Teil mit Belegungsproblemen und Umsatzrückgängen zu kämpfen haben. Gleichzeitig steigt der Aufwand durch die zusätzlichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen. Hier wird es darauf ankommen, welche Aufwendungen durch die Schutzschirme gedeckt sein werden.

Wie wird sich die Corona-Pandemie langfristig auf die Sozialwirtschaft in Deutschland auswirken?

Für Aussagen dazu ist es noch zu früh. Aber wir betrachten die massiven Ausgaben und die daraus resultierenden Schulden mit Sorge und stellen uns die Frage, wie viele der gesellschaftlich wichtigen Aufgaben zukünftig von unserer Gemeinschaft getragen werden können.

Welche Möglichkeiten haben Sie, in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen zu helfen?

Wenn Kunden wegen der Maßnahmen zur Bewältigung der Krise einen erhöhten Liquiditäts- und Kreditbedarf haben, ist es zunächst wichtig, möglichst frühzeitig Kontakt zu uns aufzunehmen. Im engen Austausch erarbeiten wir schnell und flexibel Lösungen für die individuelle Liquiditätssicherung. Hierzu zählen beispielsweise Tilgungsstundungen und Tilgungsaussetzungen, aber auch unsere Corona-Express-Finanzierung. Das aktuelle Zinsniveau ist in diesem Fall hilfreich, je nach Dauer und Bonität sind zurzeit Zinssätze ab 0,45 Prozent pro Jahr möglich. Gleichzeitig haben wir die Liquiditäts- und Kreditversorgung der Diakonie insgesamt im Blick, sammeln und bewerten die Informationen der Fördereinrichtungen des Bundes und der Länder und stellen diese unseren Beratungsteams zur Verfügung.

Welche Folgen wird die Corona-Krise für das Kirchensteueraufkommen haben?

Evangelische Landeskirchen und katholische Bistümer rechnen mit einem kurzfristigen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen um bis zu 25 Prozent. Die Gründe dafür sind fehlende Kirchensteuereinnahmen für dieses und das kommende Jahr durch den konjunkturellen Einbruch und die sehr hohe Anzahl der Menschen, die von Kurzarbeit betroffen sind. Auch auf uns als Bank werden rückläufige Kirchensteuereinnahmen Auswirkungen haben, wir gehen längerfristig von rückläufigen Kundeneinlagen aus.

Rechnen Sie mit einer Zunahme der Kreditausfälle?

Nein, davon gehen wir nicht aus. Die Branchen, in die wir Kredite vergeben, stammen aus der Sozial- und Wohnungswirtschaft. Wir sehen hier durch die Corona-Krise keine größeren Risiken. Grundsätzlich haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sehr starke Rücklagen bilden können, um als starker Finanzpartner langfristig Kirche und Diakonie zur Seite zu stehen.

Sie folgen den Empfehlungen der Finanzaufsichtsbehörden und wollen erst im Oktober entscheiden, ob Sie für 2019 eine Dividende auszahlen. Wie sehen Sie die Chancen, im Herbst guten Gewissens Gewinne ausschütten zu können?

Die langfristigen Folgen der Corona-Krise sind nicht absehbar, dies gilt bekanntermaßen auch für viele Unternehmen. Inwiefern es durch Kreditausfälle zu Schieflagen in Banken kommen könnte, ist derzeit völlig offen. Von daher war es eine nachvollziehbare Vorsichtsmaßnahme der Europäischen Zentralbank und der BaFin, dass vorhandene Gewinne in den Häusern verbleiben sollen. Wir haben uns bewusst für eine Generalversammlung im vierten Quartal entschieden, um die Möglichkeit der Dividendenausschüttung zu erhalten. Wir sind in der wirtschaftlich guten Lage, 4 Prozent auszuschütten, die ja auch wieder unseren Anteilseignern aus Kirche, Diakonie und Sozialwirtschaft zugutekommen. Letztlich entscheidet darüber aber das höchste Organ unserer Genossenschaft, die Generalversammlung.

Herr Thiesler, vielen Dank für Ihre Antworten!

Zur Person:

Ekkehard Thiesler, Bankier und Wirtschaftswissenschaftler ist seit 2005 Vorstandsvorsitzender der Bank für Kirche und Diakonie - KD-Bank.

Über die KD-Bank:

Die Bank für Kirche und Diakonie eG – KD‐Bank ist die älteste evangelische Kirchenbank in Deutschland. Seit über 90 Jahren ist sie als Spezialbank für Kirche, Diakonie und die Sozialwirtschaft aktiv. Ihre Eigentümer sind Kirche und Diakonie. Die genossenschaftliche Bank richtet ihre Angebote auch an Privatpersonen, die die christlichen Werte der KD-Bank teilen.

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