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Was ist heute für eine Nachhaltigkeitsrating-Agentur wichtig? Der neue imug-rating-Leiter Axel Wilhelm im Interview
Nachhaltigkeitsanalysen sind das Kernstück des nachhaltigen Investments. Das Nachhaltigkeitsresearch von imug aus Hannover gehört hier zu den Pionieren und hat seit kurzem einen neuen Leiter: Axel Wilhelm. Er war Gründer und langjähriger Geschäftsführer der Nachhaltigkeitsratingagentur scoris, der heutigen Sustainalytics GmbH in Frankfurt, arbeitete danach im Portfolio Management der Concordia Versicherungen Hannover. Im ECOreporter-Interview erläutert der Experte unter anderem, worauf es beim Nachhaltigkeitsresearch ankommt und wie sich das Geschäft von Nachhaltigkeitsrating-Agenturen verändert hat.
ECOreporter.de: Wenn Sie 15 Jahre zurückschauen - was waren damals die großen Themen für Nachhaltigkeitsrating-Agenturen?
Axel Wilhelm: Vor ca. 15 Jahren war tatsächlich gerade das Thema Rating im engeren Sinne aktuell, d.h. die dahinter stehende Methodik und auch die zu verwendende Technik. Bis dahin standen eigentlich eher Unternehmensprofile im Mittelpunkt. Diese waren zwar bereits sehr informativ – aber die vergleichende Bewertung dieser Informationen steckte noch in den Kinderschuhen.
Auf übergeordneter Ebene spielte zudem die Internationalisierung eine wichtige Rolle. Die Portfolien von nachhaltigen Investoren wurden seinerzeit bereits immer größer und internationaler, und alle Nachhaltigkeitsrating-Agenturen machten sich Gedanken, wie ihrerseits mit den steigenden Anforderungen umzugehen sei.
ECOreporter.de: Wie war früher die Rolle der Agenturen, wie schwierig war es, Kunden zu finden?
Wilhelm: Zahlungskräftige Kunden waren rar gesät. Es gab natürlich bereits ein paar Überzeugungstäter, die ja dann auch bereits die ein oder andere Nachhaltigkeits-Ratingagentur in den 90er Jahren mit hochgepäppelt hatten, aber der Markt war insgesamt noch recht überschaubar. Wir und die wenigen anderen Agenturen haben früher viel Zeit damit verbracht, überhaupt erstmal zu erklären, was nachhaltiges Investment ist und warum und wofür man dafür auch externe Spezialisten braucht.
ECOreporter.de: Heute ist Nachhaltigkeitsrating etabliert, für viele Investmentanbieter eine Selbstverständlichkeit. Dafür drängen Finanzdienstleister wie MSCI in das Geschäft. Wie ändert sich dadurch der Markt für Nachhaltigkeitsrating-Agenturen?
Wilhelm: Qualität und Quantität der vorhandenen Informationen, Kundenbasis oder auch Anzahl der Mitarbeiter sind bei den internationalen, spezialisierten Agenturen ja mindestens genauso groß wie bei MSCI, wenn nicht sogar größer. Und bei oekom research, Sustainalytics oder dem imug Partner Vigeo Eiris ist das Thema Nachhaltigkeits-Rating auch bereits seit 20 Jahren Kerngeschäft, bei MSCI insgesamt wohl eher noch ein kleineres Randgeschäft. Aber spannend ist die Entwicklung natürlich schon - ich deute das zunächst mal als positives Signal, wenn internationalen Finanzdienstleister anfangen, in das Thema ESG zu investieren.
Richtig ist zwar auch, dass der Wettbewerbsdruck durch jeden neuen Marktteilnehmer steigt – das ist aber aus meiner Sicht akzeptabel, da ja schließlich auch der Markt insgesamt wächst. Ich sehe das somit wie gesagt eher als Bestätigung und Ansporn – und in diesem Sinne ist auch die Verschmelzung von Vigeo und dem langjährigen imug-Partner Eiris zu verstehen (ECOreporter.de hat darüber berichtet). Ein wachsender, aber anspruchsvoller werdender globaler Markt braucht auch zunehmend globale und professionellere Strukturen auf Seiten der Nachhaltigkeits-Ratingagenturen. Für das imug ist das im Übrigen eine hervorragende Entwicklung – je stärker unser internationaler Partner wird, desto überzeugender können wir uns hierzulande präsentieren.
ECOreporter.de: Wie stark ist der Preisdruck im Wettbewerb zwischen den Nachhaltigkeitsrating-Anbietern?
Wilhelm: Nachhaltigkeits-Ratingagenturen heutigen Zuschnitts produzieren zunächst einmal hohe Fixkosten. Wenn es gelingt, die Kosten im Zeitverlauf auf eine größere Zahl von Kunden zu verteilen, können Preise sinken, ohne dass ich das gleich als Preisdruck bezeichnen würde.
Wenn allerdings neue Anbieter Marktanteile erobern wollen und nicht kostendeckend arbeiten müssen, ist das erst mal ein Ärgernis für den Wettbewerb. Aber: Kein Anbieter ist aus rein altruistischen Motiven unterwegs; es sollte also jedem klar sein, dass am Ende einer die Zeche zahlt! Und das kann dann auf lange Sicht auch der Kunde sein, der sich kurzfristig über sinkende Preise freut.
Erfreulicherweise gibt es aber auch noch eine Vielzahl von Investoren und Asset Managern, die Nachhaltigkeitsresearch nicht nur nach Preis kaufen wollen, sondern denen Qualität, Glaubwürdigkeit, Expertise und Kundenservice u.a. ebenso wichtig sind und die am Ende zu einem differenzierten Anforderungsprofil kommen, und sich eben nicht für den günstigsten Anbieter entscheiden. Außerdem lebt das Thema Nachhaltigkeit und somit auch das Nachhaltige Investment von der Vielfalt – ich halte somit Debatten um inhaltliche Aspekte und die beste Methodik für zielführender als eine Fokussierung auf den Preis.
ECOreporter.de: Was hat sich in der Nachhaltigkeitsrating-Methodik in den letzten Jahren geändert? Wie arbeitet IMUG und unterscheidet sich dabei von anderen Nachhaltigkeitsrating-Agenturen?
Wilhelm: Im Grunde genommen ist das inhaltliche Gerüst einer Nachhaltigkeitsbewertung in den letzten Jahren relativ stabil geblieben. Aber es gibt in der Breite immer mehr Kriterien, die aus Investorensicht interessant sind. Zudem gibt es ein verbessertes Verständnis für die Möglichkeiten der Umsetzung von Nachhaltigkeit in den Unternehmen selbst, die Analyse geht also auch stärker in die Tiefe als früher. Und nicht zuletzt wird auch ein branchenspezifischer Bezug immer wichtiger.
Das imug arbeitet ja tatsächlich mit einer breiten Palette von ESG Research-Methoden. Wir haben zwar einen einheitlich hohen Qualitätsstandard für unser gesamtes Nachhaltigkeits-Research vereinbart. Inhaltlich zeichnen wir uns aber durch hohe Flexibilität und einen gewissen Anspruch aus. Zum einen untersuchen wir im Rahmen des Vigeo Eiris Research insbesondere die deutschen Unternehmen. Dann haben wir einen eigenen Ansatz zur Bewertung von Bankanleihen entwickelt, der einen besonderen Fokus auf das Kerngeschäft von Finanzdienstleistern legt. Auf Kundenwunsch führen wir auch maßgeschneidertes Research durch. Hier möchte ich beispielhaft unsere Arbeit für den FairWorldFunds nennen; der Fokus liegt hier insbesondere auf entwicklungspolitischen Untersuchungskriterien (lesen Sie dazu den ECOfondstest zum FairWorldFonds).
ECOreporter.de: Geben Sie uns bitte ein praktisches Beispiel: Was macht eine Nachhaltigkeitsratinganalyst hauptsächlich während seiner Arbeit? Schaut er sich an, wie Unternehmen produzieren, ist er vor Ort - oder recherchiert er in Datenbanken?
Wilhelm: In der Regel ist ein Nachhaltigkeitsratinganalyst nicht vor Ort, sondern erledigt seinen Job am Schreibtisch. Die Informationsquellen sind vielfältig: Unternehmensberichte, Print- und Onlinemedien, NGOs, Datenbanken, Unternehmensbefragungen u.a. Ein Unternehmensbesuch wäre wünschenswert. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn man es systematisch in die Analyse aller Unternehmen einbauen könnte. Der Aufwand hierfür wäre allerdings sehr hoch, diese Leistung würde derzeit nicht von den Kunden honoriert.
ECOreporter.de: Blicken Sie bitte einmal in die Glaskugel: Wo steht das imug-Nachhaltigkeitsrating in zehn Jahren, was wird dann Ihre hauptsächliche Herausforderung sein?
Wilhelm: imug rating wird auch in 10 Jahren eine unabhängige, clevere und kritisch-anspruchsvolle Nachhaltigkeits-Ratingagentur mit einer starken regionalen Verwurzelung im deutschsprachigen Raum sein. Die grundlegende Herausforderung wird sich dabei nicht von der vor 10 Jahren und der von heute unterscheiden und es wird vermutlich auch nicht leichter: Eine fordernde und wichtige Arbeit zu bewältigen, zu Themen, die mir und allen imug Mitarbeitern inhaltlich am Herzen liegen - und im Ergebnis die Finanzmärkte nachhaltiger zu gestalten!
ECOreporter.de: Herr Wilhelm, haben Sie vielen Dank für die Antworten.
Mehr über imug erfahren Sie in diesem Kurzportrait (Link entfernt).
Hier lesen Sie ein ECOreporter-Interview zum Thema Nachhaltigkeitsresearch mit Daniel Sailer, MSCI ESG Research.
ECOreporter.de: Wenn Sie 15 Jahre zurückschauen - was waren damals die großen Themen für Nachhaltigkeitsrating-Agenturen?
Axel Wilhelm: Vor ca. 15 Jahren war tatsächlich gerade das Thema Rating im engeren Sinne aktuell, d.h. die dahinter stehende Methodik und auch die zu verwendende Technik. Bis dahin standen eigentlich eher Unternehmensprofile im Mittelpunkt. Diese waren zwar bereits sehr informativ – aber die vergleichende Bewertung dieser Informationen steckte noch in den Kinderschuhen.
Auf übergeordneter Ebene spielte zudem die Internationalisierung eine wichtige Rolle. Die Portfolien von nachhaltigen Investoren wurden seinerzeit bereits immer größer und internationaler, und alle Nachhaltigkeitsrating-Agenturen machten sich Gedanken, wie ihrerseits mit den steigenden Anforderungen umzugehen sei.
ECOreporter.de: Wie war früher die Rolle der Agenturen, wie schwierig war es, Kunden zu finden?
Wilhelm: Zahlungskräftige Kunden waren rar gesät. Es gab natürlich bereits ein paar Überzeugungstäter, die ja dann auch bereits die ein oder andere Nachhaltigkeits-Ratingagentur in den 90er Jahren mit hochgepäppelt hatten, aber der Markt war insgesamt noch recht überschaubar. Wir und die wenigen anderen Agenturen haben früher viel Zeit damit verbracht, überhaupt erstmal zu erklären, was nachhaltiges Investment ist und warum und wofür man dafür auch externe Spezialisten braucht.
ECOreporter.de: Heute ist Nachhaltigkeitsrating etabliert, für viele Investmentanbieter eine Selbstverständlichkeit. Dafür drängen Finanzdienstleister wie MSCI in das Geschäft. Wie ändert sich dadurch der Markt für Nachhaltigkeitsrating-Agenturen?
Wilhelm: Qualität und Quantität der vorhandenen Informationen, Kundenbasis oder auch Anzahl der Mitarbeiter sind bei den internationalen, spezialisierten Agenturen ja mindestens genauso groß wie bei MSCI, wenn nicht sogar größer. Und bei oekom research, Sustainalytics oder dem imug Partner Vigeo Eiris ist das Thema Nachhaltigkeits-Rating auch bereits seit 20 Jahren Kerngeschäft, bei MSCI insgesamt wohl eher noch ein kleineres Randgeschäft. Aber spannend ist die Entwicklung natürlich schon - ich deute das zunächst mal als positives Signal, wenn internationalen Finanzdienstleister anfangen, in das Thema ESG zu investieren.
Richtig ist zwar auch, dass der Wettbewerbsdruck durch jeden neuen Marktteilnehmer steigt – das ist aber aus meiner Sicht akzeptabel, da ja schließlich auch der Markt insgesamt wächst. Ich sehe das somit wie gesagt eher als Bestätigung und Ansporn – und in diesem Sinne ist auch die Verschmelzung von Vigeo und dem langjährigen imug-Partner Eiris zu verstehen (ECOreporter.de hat darüber berichtet). Ein wachsender, aber anspruchsvoller werdender globaler Markt braucht auch zunehmend globale und professionellere Strukturen auf Seiten der Nachhaltigkeits-Ratingagenturen. Für das imug ist das im Übrigen eine hervorragende Entwicklung – je stärker unser internationaler Partner wird, desto überzeugender können wir uns hierzulande präsentieren.
ECOreporter.de: Wie stark ist der Preisdruck im Wettbewerb zwischen den Nachhaltigkeitsrating-Anbietern?
Wilhelm: Nachhaltigkeits-Ratingagenturen heutigen Zuschnitts produzieren zunächst einmal hohe Fixkosten. Wenn es gelingt, die Kosten im Zeitverlauf auf eine größere Zahl von Kunden zu verteilen, können Preise sinken, ohne dass ich das gleich als Preisdruck bezeichnen würde.
Wenn allerdings neue Anbieter Marktanteile erobern wollen und nicht kostendeckend arbeiten müssen, ist das erst mal ein Ärgernis für den Wettbewerb. Aber: Kein Anbieter ist aus rein altruistischen Motiven unterwegs; es sollte also jedem klar sein, dass am Ende einer die Zeche zahlt! Und das kann dann auf lange Sicht auch der Kunde sein, der sich kurzfristig über sinkende Preise freut.
Erfreulicherweise gibt es aber auch noch eine Vielzahl von Investoren und Asset Managern, die Nachhaltigkeitsresearch nicht nur nach Preis kaufen wollen, sondern denen Qualität, Glaubwürdigkeit, Expertise und Kundenservice u.a. ebenso wichtig sind und die am Ende zu einem differenzierten Anforderungsprofil kommen, und sich eben nicht für den günstigsten Anbieter entscheiden. Außerdem lebt das Thema Nachhaltigkeit und somit auch das Nachhaltige Investment von der Vielfalt – ich halte somit Debatten um inhaltliche Aspekte und die beste Methodik für zielführender als eine Fokussierung auf den Preis.
ECOreporter.de: Was hat sich in der Nachhaltigkeitsrating-Methodik in den letzten Jahren geändert? Wie arbeitet IMUG und unterscheidet sich dabei von anderen Nachhaltigkeitsrating-Agenturen?
Wilhelm: Im Grunde genommen ist das inhaltliche Gerüst einer Nachhaltigkeitsbewertung in den letzten Jahren relativ stabil geblieben. Aber es gibt in der Breite immer mehr Kriterien, die aus Investorensicht interessant sind. Zudem gibt es ein verbessertes Verständnis für die Möglichkeiten der Umsetzung von Nachhaltigkeit in den Unternehmen selbst, die Analyse geht also auch stärker in die Tiefe als früher. Und nicht zuletzt wird auch ein branchenspezifischer Bezug immer wichtiger.
Das imug arbeitet ja tatsächlich mit einer breiten Palette von ESG Research-Methoden. Wir haben zwar einen einheitlich hohen Qualitätsstandard für unser gesamtes Nachhaltigkeits-Research vereinbart. Inhaltlich zeichnen wir uns aber durch hohe Flexibilität und einen gewissen Anspruch aus. Zum einen untersuchen wir im Rahmen des Vigeo Eiris Research insbesondere die deutschen Unternehmen. Dann haben wir einen eigenen Ansatz zur Bewertung von Bankanleihen entwickelt, der einen besonderen Fokus auf das Kerngeschäft von Finanzdienstleistern legt. Auf Kundenwunsch führen wir auch maßgeschneidertes Research durch. Hier möchte ich beispielhaft unsere Arbeit für den FairWorldFunds nennen; der Fokus liegt hier insbesondere auf entwicklungspolitischen Untersuchungskriterien (lesen Sie dazu den ECOfondstest zum FairWorldFonds).
ECOreporter.de: Geben Sie uns bitte ein praktisches Beispiel: Was macht eine Nachhaltigkeitsratinganalyst hauptsächlich während seiner Arbeit? Schaut er sich an, wie Unternehmen produzieren, ist er vor Ort - oder recherchiert er in Datenbanken?
Wilhelm: In der Regel ist ein Nachhaltigkeitsratinganalyst nicht vor Ort, sondern erledigt seinen Job am Schreibtisch. Die Informationsquellen sind vielfältig: Unternehmensberichte, Print- und Onlinemedien, NGOs, Datenbanken, Unternehmensbefragungen u.a. Ein Unternehmensbesuch wäre wünschenswert. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn man es systematisch in die Analyse aller Unternehmen einbauen könnte. Der Aufwand hierfür wäre allerdings sehr hoch, diese Leistung würde derzeit nicht von den Kunden honoriert.
ECOreporter.de: Blicken Sie bitte einmal in die Glaskugel: Wo steht das imug-Nachhaltigkeitsrating in zehn Jahren, was wird dann Ihre hauptsächliche Herausforderung sein?
Wilhelm: imug rating wird auch in 10 Jahren eine unabhängige, clevere und kritisch-anspruchsvolle Nachhaltigkeits-Ratingagentur mit einer starken regionalen Verwurzelung im deutschsprachigen Raum sein. Die grundlegende Herausforderung wird sich dabei nicht von der vor 10 Jahren und der von heute unterscheiden und es wird vermutlich auch nicht leichter: Eine fordernde und wichtige Arbeit zu bewältigen, zu Themen, die mir und allen imug Mitarbeitern inhaltlich am Herzen liegen - und im Ergebnis die Finanzmärkte nachhaltiger zu gestalten!
ECOreporter.de: Herr Wilhelm, haben Sie vielen Dank für die Antworten.
Mehr über imug erfahren Sie in diesem Kurzportrait (Link entfernt).
Hier lesen Sie ein ECOreporter-Interview zum Thema Nachhaltigkeitsresearch mit Daniel Sailer, MSCI ESG Research.