Mehr Licht oder mehr Schatten? Höhere Leitzinsen können die Inflation senken, aber auch die Wirtschaft ausbremsen. / Foto: Pixabay

  Nachhaltige Aktien, Anleihen / AIF

Leitzinsen steigen weiter: Was bedeutet das für nachhaltige Investments?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in dieser Woche ihre Leitzinsen erneut angehoben und weitere Erhöhungen angekündigt. Dies kann sich auf die Kurse von Aktien, Anleihen und Fonds auswirken. Und Fest- und Tagesgeld noch attraktiver machen.

Die EZB erhöhte ihren Leitzins um weitere 0,25 Prozent auf 4,0 Prozent, um die nach wie vor hohe Inflation einzudämmen. In Großbritannien liegt der Leitzins mittlerweile bei 4,5 Prozent, in den USA bei 5,0 bis 5,25 Prozent.

Höhere Zinsen sorgen dafür, dass Geld teurer wird und deshalb die Nachfrage nach Gütern sinkt – in der Folge geht auch die Inflation zurück, weil bei geringerer Nachfrage die Preise sinken. So zumindest die Theorie und die Hoffnung der Zentralbanken. In den Euro-Staaten scheint die Rechnung derzeit halbwegs aufzugehen: Im Mai lag die Inflationsrate im Schnitt bei 6,1 Prozent. Im April waren es noch 7,0 Prozent, im Oktober 2022 sogar 10,1 Prozent. Mittelfristig will die EZB die Inflationsrate wieder auf den langjährigen Zielwert von 2 Prozent drücken. Die Zentralbank geht davon aus, dass dieses Niveau 2025 erreicht werden könnte.

Marktbeobachter hatten mit der jüngsten Zinserhöhung gerechnet, weshalb sie sich bislang kaum auf die Finanzmärkte auswirkt. Dass die Zinsen steigen, ist bei vielen Beurteilungen von Unternehmen und ihren Aktien oder Anleihen bereits eingepreist. Die jüngste Anhebung ist die achte seit Juli 2022.

Die Zinsen dürften weiter steigen

Und die Zentralbanken werden die Leitzinsen wahrscheinlich weiter anheben. EZB-Präsidentin Christine Lagarde stellt die nächste Erhöhung bereits für Juli in Aussicht. Man habe "noch einen Weg zu gehen", sagte sie am Donnerstag auf einer Pressekonferenz und fügte hinzu: "Wir denken nicht an eine Pause." Die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum gebe ein gemischtes Bild ab, die nächste Zinsanhebung sei nach derzeitigem Stand angemessen.

Die Leitzinsen sind in den letzten Monaten so schnell und so stark gestiegen wie nie zuvor in der Geschichte der EZB. Dies führt dazu, dass Unternehmen deutlich mehr Geld für neue Kredite ausgeben müssen und deshalb möglicherweise weniger oder gar keinen Gewinn erzielen. Dadurch werden ihre Aktien und Anleihen unattraktiver. Zudem werden niedrig verzinste Anleihen immer uninteressanter für Investoren, und Aktien-Investments verlieren insgesamt an Strahlkraft, weil festverzinste Geldanlagen nach der langen Niedrigzinsphase wieder bessere Rendite bringen. Banken bekommen für Geld, das sie bei der EZB parken, mittlerweile 3,5 Prozent Zinsen – entsprechend attraktiv sind derzeit viele Zinsangebote für private Anlegerinnen und Anleger.

Eine Übersicht über die Festgeld- und Tagesgeldangebote nachhaltiger Banken finden Sie hier.

Inwieweit die Folgen weiterer Leitzinserhöhungen in den aktuellen Kursen von Aktien und Anleihen im vollen Umfang enthalten sind, ist unklar. Insbesondere bei Rentenfonds und Mischfonds mit einem hohen Anteil niedrig verzinster Anleihen erscheinen weitere Kursverluste nicht unwahrscheinlich. Gleiches gilt für Wertpapiere von jungen, noch nicht rentablen Unternehmen, die auf hohe Kredite angewiesen sind – hier drohen im schlimmsten Fall Totalverluste. In Deutschland haben im ersten Quartal 2023 18 Prozent mehr Firmen Insolvenz angemeldet als im Vorjahreszeitraum. Über aktuelle Pleitefälle aus dem nachhaltigen Bereich berichtet ECOreporter in seiner Wachhund-Rubrik.

Anlegerinnen und Anleger müssen davon ausgehen, dass die Börsen vorerst weiter schwankungsanfällig bleiben. Wer investiert, sollte dies langfristig tun. ECOreporter rät zudem: Achten Sie darauf, keine Anleihen mit unattraktiven Verzinsungen zu kaufen. Ein Anleihezins von 3 oder 4 Prozent ist derzeit bei mittleren Laufzeiten wenig, weil Sie ähnliche Prozentsätze auch für deutlich risikoärmere Festgeldanlagen bekommen.

Und meiden Sie zu teure Aktien. Denn nach Kurseinbrüchen und einer möglichen Rezession (die es in einigen Ländern bereits gibt) brauchen hoch bewertete Aktien meist besonders lange, um wieder ihr altes Kursniveau zu erreichen.

Weitere Tipps zum Geldanlegen in Krisenphasen hat ECOreporter hier für Sie zusammengestellt:

Nachhaltig investieren in schwierigen Zeiten - das sollten Anlegerinnen und Anleger beachten

Verwandte Artikel

10.07.23
 >
04.07.23
 >
26.06.23
 >
06.03.23
 >
18.07.23
 >
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x