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Wacker Chemie: Wie nachhaltig ist der Siliziumhersteller?
Der Münchner Spezialchemie-Konzern Wacker Chemie stellt unter anderem hochreines Polysilizium für die Solarindustrie her und leistet damit einen Beitrag zur Energiewende. Doch reicht das, um als nachhaltiges Unternehmen zu gelten?
Rund 70 Prozent seines Umsatzes erzielt Wacker nach eigener Darstellung mit Produkten, deren Grundstoff Silizium ist. Die restlichen 30 Prozent stammen vor allem von Produkten auf Ethylen-Basis, ein Gas, das als Rohstoff insbesondere für die Herstellung von sehr gut recycelbaren Kunststoffen wie Polyethylen, PVC oder Polyester benötigt wird.
Das Wacker-Portfolio umfasst laut Konzernangaben mehr als 3.200 Produkte. Besonders hoch war die Nachfrage zuletzt in der Bau- und Automobilindustrie, etwa nach Kleb- und Schmierstoffen oder Spachtelmassen. Wacker, 1914 gegründet, hat weltweit insgesamt 27 Produktionsstandorte. Für den Konzern arbeiten 15.700 Menschen. Wacker hält weiterhin knapp 31 Prozent der Anteile an seiner seit 2015 börsennotierten Tochter Siltronic, dem größten europäischen Lieferanten von Siliziumwafern für die Halbleiterindustrie (Stand April 2023).
Wie engagiert sind die Pläne zur Klimaneutralität?
Aus nachhaltiger Sicht ist Wackers Polysiliziumproduktion für den Solarmarkt und die Halbleiterindustrie auch als Alternative zu chinesischem Silizium interessant. So beliefert Wacker etwa exklusiv den Schweizer Solarmodulhersteller Meyer Burger. Große Hersteller wie die chinesische Daqo Group stehen im Verdacht, Zwangsarbeiter einzusetzen. Daqo bestreitet dies zwar, doch bei Unternehmen aus China gibt es generelle Bedenken - sie sind deutlich unfreier als Unternehmen in westlichen Demokratien und müssen nach der politischen Maßgabe eines totalitären Regimes agieren. Lesen Sie hierzu auch den Überblick Zwangsarbeit in China für Solarzellen? Die Hintergründe – und was Wacker Chemie sagt und die Analyse Können chinesische Aktien nachhaltige Geldanlagen sein?.
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Wacker ist Teil der „Race to Zero“ genannten UN-Initiative für Klimaneutralität. Diese will der Konzern bis 2045 erreichen. Klimaneutralität ist ein schwieriger Begriff, der zunehmend droht, zu einer typischen Greenwashing-Vokabel zu werden, hinter der sich tatsächlich kaum effektiver Nutzen für das Klima verbirgt.
Allerdings lässt Wacker seine Klimaziele auch durch die sogenannte Science Based Targets Initiative (SBTi) prüfen, diese gilt bei der Feststellung, ob Klimaziele von Unternehmen im Einklang mit dem Pariser Abkommen stehen, als anerkannte Autorität. Die SBTi bestätigt, dass Wackers Klimastrategie mit dem Ziel eines weltweiten Temperaturanstiegs um maximal 1,5 Grad Celsius übereinstimmt und somit konform mit dem Pariser Klimaschutzabkommen ist.

Wacker Chemie liefert Polysilizium für die Solar- und Halbleiterindustrie. / Foto: Pixabay
Für 2030 hat sich der Konzern Etappenziele gesetzt, die er 2021 verschärfte. Diese sehen etwa eine Halbierung der Treibhausgase im Vergleich zu 2020 vor und eine Reduzierung von Energieverbrauch und Wasserentnahme um jeweils 15 Prozent. Außerdem sollen bis 2030 nur noch Lieferanten genutzt werden, deren Klimaziele ebenfalls durch die SBTi geprüft sind.
Im letzten Geschäftsjahr hat Wacker neue Rekorde bei Umsatz und Gewinn erzielt. Nach vorläufigen Zahlen stieg der Umsatz um 32 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro. Der Nettogewinn kletterte um 55 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Die Dividende für 2022 will der Konzern um 50 Prozent auf 12 Euro je Aktie erhöhen.
Kurs und Ergebnisse schwanken
Den größten Zuwachs erlebte das Polysilizium-Geschäft mit der Chip- und Solarindustrie mit einem Umsatzplus von 50 Prozent. Belastungen durch die Inflation und steigende Energiekosten hat Wacker im vergangenen Jahr mit deutlichen Preiserhöhungen ausgeglichen.
Aber: Für das aktuelle Geschäftsjahr 2023 rechnet Wacker mit deutlichen Einbußen beim Ergebnis. In den ersten beiden Monaten des Jahres sei die Nachfrage in einer Vielzahl von Abnehmerbranchen zurückgegangen, wie das Unternehmen bei der Veröffentlichung der Jahreszahlen 2022 erklärte.
Wacker setzt nach eigenen Angaben nun besonders auf margenstarke Spezialprodukte. Im März sehe es mit Blick auf die Bestellungen schon besser aus als noch im Januar und Februar, hieß es zuletzt.
In den letzten beiden Jahren konnte Wacker Umsatz und Gewinn steigern, zuvor schwankten die Gewinne immer wieder deutlich. Gleiches galt für den Aktienkurs: Auf drei Jahre gesehen ist die Aktie 242 Prozent im Plus, auf fünf Jahre sind es lediglich 12,5 Prozent.
Wacker ist seit 2006 an der Börse und Teil des deutschen Mittelwerte-Index MDax. Größter Aktionär der Wacker Chemie AG ist die Dr. Alexander Wacker Familiengesellschaft aus München. Sie hält mehr als 50 Prozent der Stimmrechtsanteile. Weitere 10 Prozent hält die Blue Elephant Holding GmbH aus dem bayrischen Bad Wiessee, die ebenfalls von Wacker-Aufsichtsratschef Alexander Wacker geleitet wird, einem Urenkel des Firmengründers.
Aktuell steht die Wacker-Aktie bei 149,40 Euro (Tradegate-Handel, 4.4.2023, 11:58 Uhr). Das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt sowohl für 2023 als auch für 2024 moderate bis günstige 13. Die Dividendenrendite für 2022 liegt auf Basis des aktuellen Kurses bei 10 Prozent, für 2023 und 2024 wird sie bei 3,7 Prozent erwartet.
Fazit
Wacker ist im Wesentlichen ein konventioneller Chemiekonzern und vertreibt konventionelle Produkte. Polysilizium sticht dabei wegen seiner wichtigen Rolle für die Solarindustrie heraus. Der Konzern verfolgt engagierte Nachhaltigkeitsziele, die er unabhängig überprüfen lässt. Das umfasst auch Ansprüche an Lieferanten.
Die Geschäfte von Wacker liefen in den letzten Jahren ordentlich, aktuell sieht sich der Konzern aber schwierigen Marktbedingungen gegenüber. Auch wird sich zeigen müssen, ob die bessere Nachhaltigkeitsbilanz künftig ein Bonus im Preiskampf mit der chinesischen Konkurrenz sein kann.
Ein Einstieg in die Aktie ist auch aufgrund der attraktiven Dividenden weiterhin möglich. Wie schon in den letzten Jahren sollten sich Anlegerinnen und Anleger aber auf Kursschwankungen gefasst machen und einen langen Anlagehorizont einplanen.
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