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Interview 2G Energy AG: „Wärmepumpen sind Teil der Lösung“
Wärmepumpen, Blockheizkraftwerke, Wasserstoff, Erneuerbare Energien – die notwendige Technik für die Klimawende ist vorhanden. Sie muss nur richtig genutzt und gefördert werden. Warum auch Kläranlagen dabei eine wichtige Rolle spielen und wann sich größere Kraftwerke sogar für Eigenheimbesitzer lohnen können, erläutert Friedrich Pehle, Finanzchef des börsennotierten Blockheizkraftwerk-Herstellers 2G Energy, im exklusiven ECOreporter-Interview.
Blockheizkraftwerke (BHKW) sind kompakte Anlagen, die meist problemlos in die Keller größerer Gebäude passen. Sie erzeugen Strom, bislang vor allem aus Erdgas. Die dabei anfallende Wärme lässt sich beispielsweise zum Heizen nutzen. Diese Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kann die Energieeffizienz des eingesetzten Gases deutlich verbessern.
Die 2G Energy AG aus Heek im Münsterland baut BHKW, die sich mit unterschiedlichen Gasen betreiben lassen. Die Geschäfte des Konzerns liefen in den letzten Jahren gut (ECOreporter berichtete zuletzt hier). 2G Energy erwartet weitere deutliche Umsatzzuwächse. Der Diplom-Betriebswirt Friedrich Pehle verantwortet seit 2017 als Vorstand unter anderem die Finanzen des Unternehmens.
ECOreporter-Übersichten zu Solar-, Wind- und Wärmepumpen-Aktien finden Sie hier.
ECOreporter: Herr Pehle, die Preise für Strom und Gas sind weiterhin hoch. Ist das gut oder schlecht für die Nachfrage nach BHKW – und damit für Ihr Geschäft?
Friedrich Pehle: Grundsätzlich sind hohe Strom- und Gaspreise hilfreich. Denn hohe Energiepreise machen unsere Biogas-BHKW noch profitabler. Aber auch die Rentabilität von Erdgas-BHKW steigt bei hohen Strom- und Gaspreisen. Ganz einfach, weil die mit dem Betrieb eines BHKW verbundenen Gemeinkosten, vor allem Wartung und Abschreibung, relativ an Bedeutung verlieren, während gleichzeitig die Erlösseite deutlich Schub bekommt.
BHKW werden bislang überwiegend mit Erdgas betrieben. Wie die Versorgungslage im nächsten Winter aussehen wird, ist noch unklar. Kaufen deshalb jetzt weniger Kunden BHKW?
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Berechtigte Frage! Zunächst eine Klarstellung: Deutschland ist der einzige Markt der G7-Staaten, der von russischem Erdgas abhängig war. Der Umsatz mit Erdgas-BHKW auf dem deutschen Heimatmarkt steht aber im Jahr 2022 für weniger als 15 Prozent unseres Konzernumsatzes. Unseren Umsatz erzielen wir übrigens – ganz grob – zur einen Hälfte mit Unternehmen aus Industrie und Gewerbe und zur anderen mit der öffentlichen Hand.

Friedrich Pehle ist Finanzchef von 2G Energy. / Foto: Unternehmen
Ihre Vermutung ist aber trotzdem richtig. Insbesondere deutsche Industriekunden halten sich zurück. Wohl weniger, weil sie eine erneute Gasmangellage fürchten, sondern eher, weil sie Skepsis hegen, in ungerechtfertigte Erklärungszwänge zu geraten. Denn der Einsatz eines Erdgas-BHKW bringt unter Umständen eine Erhöhung des – Achtung: lokalen – Erdgasverbrauchs mit sich. Dennoch bleibt das Erdgas-BHKW nüchtern betrachtet für Unternehmen in puncto Wirtschaftlichkeit und Klimabilanz die erste Wahl – zumal 2G H2-ready ausliefert, sprich die Anlagen auch mit Wasserstoff betrieben werden können.
Diese Zurückhaltung ist schade, weil damit in den kritischen Wintermonaten der steigende Stromverbrauch aus Großkraftwerken gedeckt wird. Und diese – teilweise Jahrzehnte alten – Großkraftwerke werden mit Sicherheit auf Jahre hin noch mit fossilen Brennstoffen betrieben, teilweise mit lausigen Wirkungsgraden. Der Satz „Global denken, lokal handeln“ verkehrt sich hier bitterböse in sein Gegenteil.
Wo sind momentan die attraktivsten Märkte für BHKW?
Derzeit sehen wir eine echte Belebung im deutschen Biogas-Bereich, da zahlreiche Biogasanlagen mit zusätzlichen Verstromungskapazitäten ausgerüstet werden, um auf diese Weise flexibler und schlagkräftiger zu werden und so von den regelmäßig auftretenden Strompreisspitzen profitieren zu können.
Richtig spannend ist in den kommenden Jahren sicherlich auch die Entwicklung in den USA, wo der Inflation Reduction Act (milliardenschweres Förderprogramm für unter anderem Erneuerbare Energien – Anm. d. Red.) enorme Potenziale freisetzen wird.
Und schließlich: Großbritannien, wo wir mit dem dominierenden Energieversorgungsunternehmen Centrica eine enge Kooperation eingegangen sind, die sich schon im ersten Quartal des laufenden Jahres in relevanten Aufträgen niederschlägt. Der britische Markt und eben auch Centrica sind für uns so interessant, weil hier ein riesiges Potenzial in Sachen Wasserstoff nicht nur schlummert, sondern konkret heranwächst.
Wie hoch ist der Wasserstoffanteil bei Ihren neu ausgelieferten Anlagen?
Wir erhalten aktuell fast jeden Monat einen Auftrag für ein BHKW, das schon bei Auslieferung auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff eingestellt ist. Aber wichtig ist: Jedes BHKW, das mit einem 2G-Motor ausgestattet ist, kann auf Kundenwunsch kurzfristig auf Wasserstoff umgerüstet werden. Wir sind der einzige BHKW-Hersteller weltweit, der seinen Kunden diese Zusicherung verbindlich und konkret nachvollziehbar geben kann.
Wie viel Aufwand ist es, ein BHKW von Erdgas auf Wasserstoff umzustellen?
Technisch ist das ein Routineeingriff und erfordert bei guter Planung nur wenige Stunden. Wirtschaftlich kommt es darauf an, diesen Eingriff so zeitlich einzuplanen, dass er parallel zu anderen, ohnehin fälligen Maßnahmen erfolgt. Dann sprechen wir von vielleicht 10 bis 15 Prozent Extrakosten im Vergleich zur ursprünglichen Investitionssumme. Konkret werden die Stromerzeugungskosten pro Kilowattstunde weniger als 0,5 Cent teurer, bei ansonsten modellhaft angenommenen gleichen wirtschaftlichen Bedingungen.
Rechnen Sie damit, von Förderungen für Wasserstoffprojekte profitieren zu können?

Die 2G Energy AG hat seit ihrer Gründung 1995 weltweit mehr als 8.000 Blockheizkraftwerke installiert. / Foto: 2G Energy
Für das Projekt als solches ist eigentlich keine spezielle Förderung notwendig, da die Investitionskosten für ein Wasserstoff-BHKW nur geringfügig über denen eines Erdgas-BHKW liegen. Sicherlich ist Wasserstoff derzeit noch deutlich teurer, wird aber allein schon wegen des Preises für CO2-Verschmutzungsrechte deutlich an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.
Politisch wäre viel erreicht, wenn anerkannt würde, dass ein Erdgas-BHKW, das im Winter verlässlich Strom und Wärme produziert, den nationalen CO2-Ausstoß signifikant mindert. Bitte nicht falsch verstehen: Elektrisch angetriebene Wärmepumpen sind Teil der Lösung. Doch es macht wenig Sinn, lokal CO2-neutrale Wärme zu erzeugen, aber am anderen Ende der Leitung Kohle der schmutzigsten Sorte zu verfeuern, um an diesigen Herbst- und Wintertagen an ausreichend Strom zu kommen.
Sie befürchten also nicht, dass Wärmepumpen BHKW langfristig überflüssig machen?
Genau richtig. Wir glauben an eine synergetische Zukunft für beide Technologien. Wärme, die aus einer Kombination von Wärmepumpe und Erdgas-BHKW stammt, verursacht nur halb so viel CO2 wie eine Wärmepumpe, die sich auf Großkraftwerke verlässt. Und wenn dieses BHKW auf Wasserstoff umgestellt wird, ist auch die Wärme sehr schnell und ohne weiteren Umbau vollständig grün.
Noch gibt es viel zu wenig grünen Wasserstoff. Wann rechnen Sie hier mit einem Massenmarkt?
Schwer zu sagen. Einerseits entstehen aktuell erhebliche Produktionskapazitäten überall in Deutschland. Andererseits werden auch zahlreiche Anwendungsfälle entwickelt, bei denen CO2-lastige Prozesse durch Wasserstoff ersetzt werden sollen.
Aber das Schöne an BHKW ist ja, dass gar kein Massenmarkt nötig ist. Aufgrund der Umrüstfähigkeit unserer Erdgas-BHKW ist ein granulares Vorgehen denkbar. Wenn also eine Gemeinde Zugang zu preiswertem, leitungsgebundenem Wasserstoff erhält, dann kann das örtliche Stadtwerk schnell und unkompliziert die vorhandenen Erdgas-BHKW umrüsten, und zwar in der Geschwindigkeit, in der das Angebot an Wasserstoff steigt.
Gibt es noch andere klimafreundliche Gase, mit denen sich BHKW wirtschaftlich sinnvoll betreiben lassen?
Es gibt eine ganze Reihe von alternativen Gasen, deren Nutzung deutlich an Wirtschaftlichkeit gewonnen hat, seit die Energiepreise so stark gestiegen sind. Besonders attraktiv sind in der Zwischenzeit Kläranlagen, denn in vielen von ihnen entstehen nutzbare Faulgase.
Und da die Kläranlagen in fast allen Städten und Gemeinden der größte kommunale Stromverbraucher sind, gibt es hunderte von Bürgermeistern und Kämmerern, die sich Gedanken machen müssen, wie sie den Stromverbrauch reduzieren können.
Kann ein BHKW auch für Eigenheimbesitzer interessant sein?
Es kommt bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer sehr auf den Einzelfall an. Aber der Bedarf eines Eigenheims, selbst wenn es eine Gründerzeitvilla sein sollte, passt eher nicht zu einem BHKW. In einem Neubaugebiet kann man sich hingegen sehr wohl zahlreiche Wärmepumpen in den Häusern vorstellen, die ihren Strom während der heizintensiven Monate ganz überwiegend aus einem zentralen BHKW für das Quartier beziehen, das zu gegebener Zeit auf Wasserstoff umgerüstet wird.
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21.07.23
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