Erneuerbare Energie

Vom Winde gedreht - bei der Revolution in der Energiewirtschaft ist die Windkraft die Speerspitze



Ja, am Ende kommt der Strom immer noch aus der Steckdose, und er kommt per Stromkabel. Aber am Anfang des Stromkabels, in der Stromerzeugung, also bei den Kraftwerken - da findet derzeit etwas statt, was man in einigen Jahren vielleicht einmal die Revolution in der Energiewirtschaft nennen wird. Denn die Erneuerbaren Energien krempeln die Kraftwerkslandschaft um. Ein Prozess, der über Jahrzehnte laufen wird, und dennoch viel schneller vonstatten geht als irgend jemand für möglich gehalten hätte. Die Hauptrolle – weltweit - nimmt dabei die Windkraft ein. Noch auf Jahre hinaus wird sie den meisten Grünstrom erzeugen. Die weltweit installierte Windkraftkapazität ist 2008 auf 120 GW gestiegen. Das entspricht der Leistung von immerhin 120 durchschnittlichen Atomkraftwerken, und es ist 25 Mal so viel, wie alle Photovoltaik-Kraftwerke leisten. Ein wesentlicher Vorteil der Windkraft: im Gegensatz etwa zur Photovoltaik hat die Technologie die wesentlichen Entwicklungssprünge bereits hinter sich. Eine Windkraftanlage, das ist konventioneller Maschinenbau, weitgehend erprobt, mit bekannten Materialien  – Solarenergie, das ist etwas Leistung in der Gegenwart, aber vor allem viel Potenzial, Hoffnung und Entwicklungsbedarf (allerdings auch eine Riesenchance).

Längst sind etablierte Kraftwerksbauer wie Siemens und General Electric in das Geschäft mit Windkraftanlagen eingestiegen. Die Konzerne haben vor wenigen Jahren kleinere Windturbinenbauer eingekauft, nun bauen sie ihre Marktanteile aus. Der weltweite Markt für Windräder ist von wenigen Anbietern dominiert. Einige wie die dänische Vestas haben über Börsengänge das Kapital für den Aufbau einer Massenproduktion eingesammelt. Sie produzieren in eigenen Fertigungsstätten dort, wo die Anlagen gefragt sind – ob in Spanien, USA oder China. Immer mehr neue Akteure machen den Platzhirschen Konkurrenz. Sie konzentrieren sich oft auf ihren meist stark wachsenden Heimatmarkt. So verkaufen etwa Sinovel und Goldwind Windräder nur in China, Clipper Windpower errichtet Windkraftanlagen ausschließlich in den USA. Der indischen Suzlon gelang der Aufstieg von einem zunächst auf Asien fokussierten Unternehmen zu einem weltweit agierenden Hersteller von Windturbinen.

Zunehmende Nachfrage von Energieversorgern

Laut Roger Lutgen vom deutschen Projektierer Windwärts aus Hannover eröffnen die weiter sehr guten Wachstumsaussichten des weltweiten Windmarktes noch genügend Raum für aufstrebende Anlagenbauer. Wer wie etwa die deutschen Hersteller Systeme mit hoher Qualität anbiete, sei aber vorerst im Vorteil. Dennoch werden die Margen der Windturbinenbauer unter Druck geraten, meint Martina Ecker von der Investmentbank Jefferies & Company aus New York. Laut der Expertin für Umwelttechnologieaktien verzögern sich derzeit viele Windkraftprojekte, da es aufgrund der Bankenkrise schwieriger geworden sei, sie zu finanzieren. Deshalb müssten die Hersteller die Preise für ihre Anlagen senken. Doch selbst kurzfristig wird die Nachfrage nicht abreissen, denn große Energieversorger investieren verstärkt in Windparks. Ob in Europa, den USA oder Asien: Die Konzerne verfügen über volle Kassen und hoffen auf gute Renditen aus dem Geschäft mit Windstrom. Zudem zwingen staatliche Vorgaben sie dazu, verstärkt klimaschonend Energie zu erzeugen.

Der Windkraftsektor umfasst auch eine große Gruppe von Zulieferern, wie etwa das belgische Unternehmen Hansen. Es liefert Getriebe für die Windräder. Zoltek aus den USA stellt das Material für die Beschichtung der Rotorblätter bereit. Beide Firmen sind börsennotiert – eher die Ausnahme bei den Windkraft-Zulieferern. Meist sind sie auch in anderen Branchen tätig, oft sind es Familienunternehmen. Aber sie alle tragen zum immens erfolgreichen Arbeitsplatzbeschaffer Windbranche bei. Alleine in Deutschland soll die Branche derzeit rund 90.000 Menschen in Lohn und Brot haben.

Offshore-Windkraft kann die Klimabilanz aufhellen

Im kommenden Jahrzehnt soll die Offshore-Windkraft dem Sektor neue Dimensionen erschließen. Während heute an Land aufgestellte Turbinen in der Regel eine Leistung von um 1,5 Megawatt (MW) erreichen, kommen die Anlagen auf See auf meist 5 MW. Schon 20 solcher Anlagen würden reichen, den Strombedarf einer Großstadt wie Dortmund (500.000 Einwohner) zu decken. Doch es ist kostspielig, einen Windpark im Meer zu errichten, per Stromkabel mit dem Festland zu verbinden oder die Anlagen auf hoher See zu reparieren. Daher sind in diesem Geschäft die großen Konzerne fast unter sich. Oft schließen sie sich zu Konsortien zusammen, um die Lasten zu verteilen. Zudem haben die Energiekonzerne großen Nachholbedarf bei alternativer Energieerzeugung. Mit leistungsstarken Offshore-Windparks könnten sie ihre Klimabilanz aufpolieren.

Das Wachstumspotential der Windkraftbranche ist riesig. Laut der Energy Watch Group aus Berlin könnte Windenergie den weltweiten Strombedarf mehrfach decken. Viele EU-Staaten wollen ihre Kapazitäten ausbauen, ebenso die USA, der weltweit größte Windmarkt. Der Windmarkt in China hat die Kapazitäten 2008 verdoppelt und wächst so schnell, dass er wohl schon 2010 die Weltspitze erobern wird. Wer Windparks umsetzt, die Anlagen dafür baut oder Komponenten für Windräder liefert, kann also auf gute Geschäfte hoffen. Die Kurse der Windenergieaktien sind im Zuge der Finanzkrise kräftig gesunken – eine Chance für langfristig orientierte Anleger. ECOreporter wird in den nächsten Tagen ausgewählte Windkraftunternehmen ausführlicher vorstellen und die Aussichten ihrer Aktien beurteilen.



Bildhinweis: Produktionshalle von Nordex. / Quelle: Unternehmen
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