Fonds / ETF

„Viele Anleger haben das Vertrauen in Banken und Berater verloren“ – Interview mit Uta Sommer und Claudia Wecken, Fondsvermittlerinnen der vcd Service GmbH



ECOreporter.de: Wie wirkt sich die Finanzkrise auf das Kundenverhalten aus? Sind Kunden zurückhaltender bei Ihren Anlagen geworden?
Uta Sommer: Wir machen die Erfahrung, dass die Kunden stark verunsichert sind. Viele haben entweder durch die Finanzkrise bereits Geld verloren oder haben nun Angst, dass sie Teile ihres Vermögens, das sie sich für die Altersvorsorge angespart haben, verlieren könnten.

Claudia Wecken: Ganz besonders kommt hinzu, dass Kunden uns signalisieren, dass sie das Vertrauen in die Banken und die Berater der Banken verloren haben. Das Gefühl, sich dort von Experten beraten lassen zu können und eine auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Empfehlung zu bekommen, ist weg.


ECOreporter.de: Werden „grüne“ Geldanlagen nun stärker nachgefragt oder eher weniger?

Wecken: Wir bieten seit 2000 ausschließlich nachhaltige Kapitalanlagen an. Wir spüren keine große Zunahme der Gesamtnachfrage, wohl aber eine Verschiebung von den Banken hin zu glaubwürdigen Vermittlern mit ökologisch geprägter Produktpalette.


ECOreporter.de: Welche Art von Nachhaltigkeitsfonds und welche Assetklassen sind besonders beliebt?

Sommer: Auf große Resonanz stoßen Beteiligungen an Solaranlagen. Diese Anlageform ist für den Kunden sehr konkret. Der Kunde könnte sogar hinfahren und sich ansehen, wo und wie sein Geld angelegt ist. Im Bereich der Investmentfonds sind es gemischte Fonds oder auch Dachfonds, die durch ihre breitere Streuung in Aktien, festverzinslichen Anlagen und teilweise auch Rohstoffen ein geringeres Risiko aufweisen, als reine Aktienfonds. Aus Sicherheitsaspekten werden bei uns auch häufig ökologische Rentenversicherungen abgeschlossen.


ECOreporter.de: Wie viel konkretes Vorwissen über nachhaltige Geldanlagen bringen die Kunden mit ins Kundengespräch?

Sommer: Unsere Kunden wollen wissen, worin sie ihr Geld investieren und möchten nicht, dass durch ihr Geld die Umwelt verschmutzt wird, Kinder ausbeutet oder Menschenrechte verletzt werden.

Wecken: Wer zu uns kommt, hat sich in der Regel bereits damit auseinandergesetzt, sein Geld nachhaltig anzulegen und steht konventionellen Anlagen kritisch gegenüber. Viele sind froh zu hören, dass es das, was sie sich wünschen, tatsächlich gibt. Diese Anlagen wurden ihnen meistens von ihren Banken noch nicht angeboten und sie wussten auch nicht, dass hierfür bereits ein Markt entstanden ist.


ECOreporter.de: Was sind die häufigsten Ängste und Vorbehalten gegenüber nachhaltigen Geldanlagen, mit denen Sie als Vermittlerinnen konfrontiert werden und wie begegnen Sie diesen?

Sommer: In vielen Köpfen ist noch der Gedanke, dass nachhaltiges Investieren mit einem guten Gewissen, aber auch mit einem Renditeverlust verbunden ist. Am Beispiel BP wird deutlich, dass dies nicht so ist: Die schweizerische Nachhaltigkeitsbank Sarasin, für deren Fonds wir uns bewusst entschieden haben, hat BP als nicht nachhaltig klassifiziert. Andere nachhaltige Fonds haben andere Bewertungsmaßstäbe angelegt. Seit April hat die Aktie von BP einen Kursverlust von 50 Prozebt erlitten und viele Aktienfonds mit nach unten gezogen.

Wecken: Jeder Anleger, der die Aktie von BP nicht in seinem Fonds hat, kann  - auch aus Renditegesichtspunkten - darüber froh sein. Nachhaltige Unternehmen gehen geringere unternehmerische Risiken ein, nachhaltiges Verhalten hilft, Kosten zu senken, zum Beispiel bei steigenden Rohstoffpreisen. Wir suchen Fondsgesellschaften aus, die sowohl im Bereich Nachhaltigkeit glaubwürdig und erfolgreich sind, die aber auch über Jahre bewiesen haben, dass sie auch betriebswirtschaftlich erfolgreich agieren.


ECOreporter.de: Angesicht der Euro-Krise sind Inflationsängste allgemein ein großes Thema. Inwiefern bekommen Sie diese zu spüren und wie gehen Sie damit um?

Sommer: Wenn ein Kunde fragt, was er tun kann, um sein Vermögen vor einer eventuellen Inflation zu schützen, empfehlen wir  Anlageformen, die in wertstabile Sachanlagen investieren: zum Beispiel geschlossene Beteiligungsfonds oder langjährig erfolgreiche, gemischte Aktienfonds.

Wecken: Gerade jetzt ist eine individuelle Beratung wichtig, um allen Bedürfnissen des Kunden gerecht zu werden, nach Sicherheit, Streuung der Risiken, aber auch Flexibilität.


ECOreportrer.de: Richtet sich ihr Angebot eher an Privatanleger oder an institutionelle Investoren?

Sommer: Unser Angebot richtet sich an Privatanleger.


ECOreporter.de: Warum haben Sie persönlich sich dazu entschlossen, nachhaltige Geldanlagen zu vertreiben. Sehen Sie darin Vorteile im Vergleich zum Vertrieb konventioneller Produkte?

Sommer:
Ich habe viele Jahre vermögende Kunden einer Großbank betreut und die Erfahrung gemacht, dass Berater von Banken Ihre Kunden oft nicht bedarfsgerecht betreuen dürfen. Auch wenn Kunden andere Produkte nachfragen oder andere Produkte besser zu ihren Bedürfnissen passen würden, verlangen die Banken unter großem Druck den Verkauf ihrer konventionellen, meist hauseigenen Produktpalette. Ich habe mich bewusst für die Beratung von Produkten entschieden, mit denen meine Kunden und ich uns voll identifizieren können. Die Notwendigkeit für nachhaltige Kapitalanlagen liegt angesichts des Klimawandels, einer immer größer werdenden Weltbevölkerung und weiterhin stattfindenden Menschenrechtsverletzungen auf der Hand.

Wecken:
Nach meinem betriebswirtschaftlichen Studium habe ich mehrere Jahre die Versicherungssparte einer Bank eines großen französischen Autoherstellers geleitet. Schon damals habe ich privat bei der Suche nach Kapitalanlagemöglichkeiten für mich ökologische Produkte bevorzugt. Seit meiner Tätigkeit bei der VCD Service GmbH kann ich meine privaten Überzeugungen im Beruf einbringen. Bei der Beratung der Kunden stelle ich täglich fest, wie ähnlich die Sichtweisen sind. Mit unseren Kunden habe ich dadurch sofort eine sehr gute Gesprächsbasis.


ECOreporter.de: Wie und nach welchen Kriterien wählen Sie die Fonds aus die Sie in den Vertrieb nehmen? Setzen sie eher auf „dunkelgrüne“ oder „hellgrüne“ Fonds?

Sommer: Es gibt zwar mittlerweile viele sogenannte Nachhaltigkeitsfonds auf dem Markt, ihr tatsächlicher Nachhaltigkeitsgehalt ist aber oftmals fragwürdig. "Klima-Fonds" sind  modern geworden. Wir prüfen die Fonds und die Fondsemittenten sehr kritisch und entscheiden uns eher für die "dunkelgrünen" Fonds. Uns ist wichtig, dass die Fondsgesellschaft glaubwürdig ist.  Sie muss ihre Kompetenz im Bereich Nachhaltigkeit und Vermögensanlage schon über viele Jahre bewiesen haben und einen konsequenten Nachhaltigkeitsansatz verfolgen. Der best-in-class-Ansatz, der die jeweils nachhaltigsten Unternehmen einer Branche herausfiltert, reicht uns nicht.

Wecken: Sarasin ergänzt den best-in-class-Ansatz zusätzlich um eine Analyse der Branche des Unternehmens und um eine grundsätzliche Negativliste, die beispielsweise Kernenergie, Rüstungsgüter oder Pornographie auf den Index setzt. Auch bei unseren geschlossenen Beteiligungsfonds und unseren Rentenversicherungspartnern legen wir strenge Maßstäbe an fachliche Kompetenz, transparente Nachhaltigkeitskriterien und Rendite.


ECOreporter.de: Gibt es einen grundsätzlichen Rat, den Sie einem Anleger auf den Weg geben würden, der erstmals auf nachhaltige Geldanlagen setzen möchte?


Sommer:
Unser Rat lautet: Lassen Sie Ihre innere Überzeugung auch in Anlagefragen sprechen und suchen Sie sich Berater, die Ihnen glaubwürdig und neutral erscheinen, Ihnen nicht nur hauseigene Produkte anbieten und Sie nach Ihren individuellen Bedürfnissen fragen.


ECOreporter.de: Wie wird sich der Markt für nachhaltige Geldanlagen speziell im Bezug auf das Engagement der Vermittler entwickeln?

Sommer:
Wir sind davon überzeugt, dass Vermittler eine sehr wichtige Funktion bei der Entwicklung eines grünen Qualitätsmarktes haben. Nur was sie in ihre Produktpalette aufnehmen, kann auch vom Kunden angenommen werden.

Wecken
: Nachhaltigkeit ist der Trend des 21. Jahrhunderts. Wir glauben, dass fundierte und seriöse Beratung vom Kunden honoriert wird.



ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch!
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