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Vestas-Aktie nach Halbjahreszahlen: Sollten Anleger zugreifen?
Bietet sich jetzt bei Vestas eine Einstiegsgelegenheit? ECOreporter bat Analysten von JPMorgan und Goldman Sachs um eine Einschätzung für das Windanlagen-Unternehmen. Die Analysten beider Banken sind sich einig: Die Aktie ist kaufenswert.
2017 war Vestas mit einem Marktanteil von 16,7 Prozent der Platzhirsch unter den Windanlagenbauern. Doch der Aktienkurs des dänischen Konzerns hat auf Zwölfmonatssicht stark gelitten. 32,8 Prozent Kursverlust mussten Anleger verkraften, wenn sie genau vor einem Jahr bei Vestas eingestiegen sind.
Aber: Die Aktien aller Windkraftanlagenbauer hatten hohe Kursverluste zu verzeichnen. Ein wichtiger Grund für den Kurseinbruch ist der Preiskampf auf dem Windkraftanlagen-Markt. Viele Länder sind zu Auktionssystemen übergegangen, anstatt Windenergie mit festen Einspeisetarifen zu vergüten. Das drückt auf die Preise für Windkraftanlagen und schmälert für die Hersteller die Margen.
Am letzten Dienstag, den 15. August 2018, gab Vestas die Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2018 bekannt. Sie fielen nicht spektakulär aus. Der Umsatz erhöhte sich zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2 Prozent. Allerdings gab der operative Gewinn (EBIT) ein wenig nach. Auch wurde die Prognose für das laufende Geschäftsjahr leicht gesenkt: Das Vestas-Management geht von einem Umsatz von 10 bis 10,5 Milliarden Euro (zuvor 10 bis 11 Milliarden Euro) und einer EBIT-Marge von 9,5 bis 10,5 Prozent (zuvor 9 bis 11 Prozent) für 2018 aus.
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Aktienkurs zog nach Quartalszahlen an
Dennoch machte die Vestas-Aktie nach der Bekanntgabe der Zahlen einen Kurssprung um satte 6 Prozent. Dafür gab es vor allem zwei Gründe. Erstens kündigte Vestas-Vorstandschef Anders Runevad ein Aktienrückkaufprogramm an. Der dänische Konzern plant, Aktien im Wert von 200 Millionen Euro zurückzukaufen.
Der Vestas-Vorstandsvorsitzende Anders Runevad senkte die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr, die Analysten von JPMorgan und Goldman Sachs sind dennoch zuversichtlich. / Foto: Unternehmen
Bei Aktienrückkäufen reduziert sich die Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien. Die bestehenden Aktionäre halten nach dem Rückkauf größere Anteile an dem Unternehmen, was letztlich zu einem höheren Wert ihrer Aktienanteile führt.
Der zweite Grund für den Kursanstieg: Der Auftragsbestand für das zweite Quartal 2018 ist auf ein Rekordhoch geklettert. Insgesamt befinden sich bei Vestas Aufträge mit einem Volumen von 23 Milliarden Euro in der Warteschleife.
Davon entfallen Aufträge im Wert von 10,2 Milliarden Euro auf die Auslieferung von Windkraftanlagen und Aufträge im Wert von 12,8 Milliarden Euro auf Serviceleistungen. Insgesamt wurden die Analysten-Erwartungen bezüglich der Aufträge um 20 Prozent übertroffen. Doch verhilft dies der Aktie zu einem nachhaltigen Kursanstieg?
Wie JPMorgan Vestas beurteilt
Der Analyst Akash Gupta von der US-Bank JPMorgan sieht bei der Vestas-Aktie noch deutliches Kurspotenzial. Das Kursziel zum Ende des Jahres 2019 - also auf Sicht von 16 Monaten - liegt laut dem JPMorgan-Analysten bei 500 Dänischen Kronen (DKK), umgerechnet 67,04 Euro. Die faire Bewertung für die Vestas-Aktie besteht für Gupta bei einem Verhältnis von Unternehmenswert zu operativem Gewinn, einem sogenannten EV/EBIT-Verhältnis, von 10. Momentan weist Vestas ein EV/EBIT-Verhältnis von 7,31 auf.
Die Research-Abteilung von JPMorgan geht davon aus, dass Vestas die Umsätze in den kommenden Jahren konstant steigern wird. 2018 soll der Windkraftkonzern geschätzt 10,325 Milliarden Euro an Umsatz erwirtschaften. 2019 soll der Umsatz auf 11,163 Milliarden und 2020 auf 11,676 Milliarden Euro klettern. Auch die Gewinne sollen über die kommenden Jahre solide wachsen.
Zwar hat auch der Analyst von JPMorgan bei dem Geschäft mit den Windrädern die Umsatz- und Gewinn-Prognosen für das laufende und die beiden kommenden Jahre nach Bekanntgabe der Halbjahresergebnisse leicht gesenkt. Die Service-Sparte werde sich nach Einschätzung der US-Bank allerdings besser entwickeln als bisher angenommen. Das werde den Rückgang im Windrad-Geschäft mehr als wettmachen.
Das Service-Segment ist für den Analysten Gupta vielversprechend. In einer aktuellen Vestas-Studie, die ECOreporter vorliegt, heißt es: "Vestas ist im Windkraftgeschäft weltweit der größte Service-Dienstleister. Der Umsatz im Service-Geschäft ist im Vergleich mit Siemens Gamesa mehr als doppelt so hoch. Insgesamt erbringen die Dänen Service-Leistungen für Windkraftanlagen mit einer Kapazität von 79 Gigawatt – das entspricht 14,6 Prozent der weltweit installierten Kapazität."
Mehr als 8.500 Vestas-Mitarbeiter sind in der Service-Sparte tätig. "Seit dem letzten Abschwung (2010-11) ist das Service-Geschäft um mehr als 50 Prozent gestiegen, und das Unternehmen hat die Gewinne in dieser Sparte um mehr als 100 Prozent gesteigert“, schreibt Analyst Gupta.
Das gute Servicegeschäft würde laut dem JPMorgan-Analysten zudem dazu beitragen, dass das Geschäftsmodell von Vestas weniger zyklisch ist. ECOreporter hat in einer Analyse in diesem Jahr schon auf die starke Servicesparte verwiesen.
Es gibt noch weitere Gründe für mehr Kurspotenzial bei der Vestas-Aktie - zumindest laut JPMorgan. Vestas wird bald neue 4,2-MW-Turbinen auf den Markt bringen, die die Stromgestehungskosten von Windkraftanlagen an Land weiter senken sollen. Die neuen Turbinen würden vor allem auf dem US-amerikanischen Markt starke Resonanz finden, so die Prognose von JPMorgan.
Ferner profitieren die Dänen laut JPMorgan-Analyse von dem Auktionssystem. Insbesondere die großen Akteure auf dem Windkraftmarkt könnten die niedrigeren Preise für Anlagen besser verkraften als kleinere Unternehmen. Da Vestas auch ein sehr starkes Servicenetzwerk hat, würden viele Kunden die Dänen bevorzugt als Lieferanten für Windkraftanlagen wählen.
Schließlich hat Vestas laut JPMorgan aufgrund der zahlreichen Aufträge ein hohes Verhältnis zwischen Auftragseingängen und Umsätzen, ein sogenanntes Book-to-Bill-Verhältnis. Ein Book-to-Bill-Verhältnis größer als 1 bedeutet, dass ein Unternehmen mehr Aufträge erhält, als es Umsatz erzielt. Bei Vestas beläuft sich das Book-to-Bill-Verhältnis auf 1,27. Das deutet nach Auffassung von JPMorgan ein deutliches Umsatz- und Gewinnwachstumspotenzial an – nicht nur für das kommende Geschäftsjahr, sondern auch darüber hinaus.
Was Goldman Sachs bei Vestas rät
Goldman Sachs sieht bei der Vestas-Aktie ebenfalls Kurspotenzial. Die Analysten Manuel Losa, Matteo Rodolfo und Baptiste Cota haben die Umsatz- und Gewinnprognosen angesichts der letzten Quartalszahlen leicht gesenkt. Dafür haben die Goldman Sachs-Analysten die Erwartungen für die Jahre 2019 bis 2021 erhöht.
Auf Zwölfmonatssicht setzt die Analyseabteilung der US-Investmentbank einen Zielkurs von 510 DKK an, was umgerechnet 63,38 Euro entspricht. Somit hätte die Aktie ein Kurspotenzial von 25,2 Prozent.
In einer ECOreporter vorliegenden Studie heißt es: "Wir sehen Vestas als die beste Beteiligung am wachsenden Windkraftanlagen-Markt an. Der Konzern dürfte die Margen steigern und könnte auch ein Kandidat für eine Übernahme sein. Die Vestas-Aktie ist im direkten Vergleich mit den Konkurrenten Siemens Gamesa und Nordex günstig bewertet."
Die Goldman Sachs-Analysten ziehen für die Bewertung der Vestas-Aktie das Verhältnis von Unternehmenswert zu Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, das sogenannte EV/EBITDA-Verhältnis, zu Rate. Dieses liegt bei Vestas momentan bei 7,7. Der dänische Windkraftkonzern ist demnach im direkten Vergleich 38 Prozent günstiger als Siemens Gamesa und 50 Prozent günstiger als Nordex bewertet. Das spricht laut den Analysten dafür, die Aktie des dänischen Konzerns den Konkurrenten vorzuziehen.
Risiken: Günstigere Solarmodulpreise, geringeres Wachstum und Patentrechtsklagen
Obwohl die Analyseabteilungen beider Banken zum Kauf der Vestas-Aktie raten, weisen sie auf Risiken hin. Die Risiken betreffen sowohl die Windindustrie als Ganze als auch Vestas im Speziellen.
JPMorgan sieht für die Windkraftindustrie mehrere Risiken, die die Kurse von Windkraft-Aktien belasten könnten. Günstigere Solarmodulpreise und ein abflauendes Wirtschaftswachstum könnten dazu führen, dass weniger Länder den Windkraftausbau vorantreiben. Gefährlich für die Branche sei auch die Möglichkeit, dass das Auktionssystem die Preise stärker fallen lässt, als allgemein erwartet wird.
Speziell für Vestas könnte laut JPMorgan mittelfristig die Konkurrenz aus China eine Gefahr darstellen. Chinesische Konzerne könnten zu günstigeren Preisen Windkraftanlagen anbieten. Aber auch Handelsschranken könnten Vestas zu schaffen machen. Denn der dänische Konzern kann laut JPMorgan-Analyse höhere Kosten nicht so einfach an Kunden weitergeben.
Schließlich läuft gegen Vestas momentan eine Patentrechtsklage. Der US-amerikanische Konkurrent General Electric hatte im Juli 2017 eine Klage eingereicht, weil US-Patente von Vestas angeblich ungültig seien. Der dänische Windanlagenbauer wies die Vorwürfe jedoch zurück. Laut JPMorgan ist der Ausgang des Verfahrens noch nicht absehbar.
Auch Goldman Sachs nennt einige Risiken. Die Analysten der US-Bank sehen ähnlich wie JPMorgan Risiken in einem Rückgang des Windkraftausbaus und in geringeren Margen. Darüber hinaus könnte Vestas doch nicht Übernahme-Kandidat eines anderen Unternehmens werden.
Stärken
- Marktführer
- Kontinuierliches Servicegeschäft
- Vertreten auf vielen internationalen Märkten
Schwächen
- Preisdruck am Windenergiemarkt
Chancen
- Windkraft als Mittel zum Klimaschutz
- Speichertechnologie
- Vestas als Übernahmekandidat
Risiken
- Unberechenbarkeit der Energiepolitik
- Chinesische Wettbewerber
Fazit: Vestas hat ein gut gefülltes Orderbuch. Insbesondere die Service-Sparte des Unternehmens ist vielversprechend. Die Vestas-Aktie erscheint attraktiv - vor allem im Vergleich mit den Konkurrenten Siemens Gamesa und Nordex. Die Wachstumsaussichten in der Windkraftbranche sind langfristig sehr gut, und Vestas wird an dem wachsenden Markt teilhaben. ECOreporter sieht in der Vestas-Aktie ebenfalls Potenzial und zieht sie den Konkurrenten Siemens Gamesa und Nordex vor.
Vestas Wind Systems A/S: