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„Versteckte Provisionen machen Finanzprodukte für Anleger teurer und riskanter“ – Interview mit Karl Matthäus Schmidt, quirin Bank
ECOreporter.de: Neben dem klassischen Bank-Geschäft ist die quirin bank auf unabhängige Honorarberatung spezialisiert. Was bedeutet das konkret?
Karl Matthäus Schmidt: Die Honorarberater der quirin bank werden ausschließlich vom Kunden für ihre Beratungsleistung bezahlt und erhalten keine Provisionen über den Finanzproduktverkauf. Dadurch können sie die Anleger produktunabhängig, transparent und im Interesse des Kunden beraten. Ein herkömmlicher Bankberater, der von den Provisionen der Produktanbieter oder Fondsgesellschaften abhängig ist, wird hingegen stark dazu getrieben, vor allem die Produkte zu verkaufen, die die höchsten Provisionen versprechen. Das Interesse des Anlegers tritt so hinter die Gewinninteressen der Bank zurück.
ECOreporter.de: Kritiker der gängigen Praxis der Bankberatung prangern versteckte Kosten an. Es heißt, Bankkunden zahlen unter anderem wegen Provisionen in der Beratung kräftig drauf. Wie viel machen diese versteckten Kosten im Durchschnitt aus?
Schmidt: Richtig, vielen Anlegern ist nicht bewusst, dass auch bei der vermeintlich kostenlosen Beratung der klassischen Banken, Volksbanken und Sparkassen Kosten anfallen, die die eigene Rendite mindern. Im Schnitt fressen die einbehaltenen Bestands- und Vertriebsprovisionen im Jahr bis zu drei Prozent des Kundenvermögens auf. Je mehr Provisionen und Kick-backs [=Rückvergütungsgebühr, das ist eine Teilrückzahlung eines Geschäftspartners an die vermittelnde Bank oder Anlageberater, die dem Kunden üblicherweise nicht öffentlich gemacht wird; Anm. d. Red.] aus einem Finanzprodukt an die Bank fließen, desto teurer und risikoreicher ist dies für den Kunden.
ECOreporter.de: Wieso kann die quirin bank auf das gängige, aus Bankensicht sehr lukrative Geschäft verzichten?
Schmidt: Das klassische provisionsbasierte Geschäftsmodell der Banken geht zu Lasten der eigenen Kunden und kann langfristig nicht nachhaltig sein. Als Honorarberaterbank lassen wir uns ausschließlich vom Kunden bezahlen, wie ein Steuerberater oder Rechtsanwalt. Dadurch, dass wir Provisionen oder Vertriebszuwendungen unseren Kunden eins zu eins rückvergüten, verzichten wir zwar kurzfristig auf „schnellen“ Gewinn, haben aber langfristig ein gutes und sicheres Kundengeschäft. Bank und Kundeninteressen sind bei uns gleichgerichtet.
ECOreporter.de: Die EU-Kommission plant, den Verbraucherschutz am Finanzmarkt zu verbessern. Speziell Provisionsgeschäfte bei der Finanzberatung sollen eingedämmt werden. Wie ist der Stand der Dinge bei diesem Reformvorhaben und wie bewerten Sie die aktuell diskutierten Pläne der EU-Kommission?
Schmidt: Die mangelhafte Bereitschaft der Provisionsbanken, vereinnahmte Provisionen offenzulegen, zeigt, dass eine klare gesetzliche Regelung zur Provisionsvereinnahmung in der Anlageberatung unabdingbar ist. Die EU-Kommission hatte deshalb ursprünglich in der Novellierung der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID dafür plädiert, dass Finanz- und Bankberater sich nur dann als „unabhängig“ bezeichnen dürfen, wenn sie für die Anlageberatung keinerlei Zuwendungen durch Dritte und Provisionen erhalten. Zudem sollte der Kunde darüber informiert werden, ob die jeweilige Anlageberatung unabhängig erfolgte oder nicht. Auch der Vorschlag der englischen Europaparlamentsabgeordneten Arlene McCarthy, ein generelles Verbot von Provisionen einzuführen, hätte den Interessenkonflikt zwischen provisionsorientierten Bankberatern und Verbrauchern weitestgehend gelöst.
Leider wurden beide Anträge Ende September vom Wirtschafts- und Währungsausschuss stark verwässert. Demnach sollen Verkaufsprovisionen künftig nicht verboten, sondern den Kunden nur offengelegt werden. Als Vorstandsvorsitzender der ersten Honorarberaterbank Deutschlands und als Vorstand des Berufsverbands deutscher Honorarberater (BVDH) bedauere ich diese Entscheidung. Durch die starke Lobbyarbeit der Finanzindustrie sind wir in Sachen Verbraucherschutz auf dem besten Weg zu einem Rückschritt.
ECOreporter.de: Was sind die wichtigsten Neuerungen, die mit den EU-Plänen auf Finanzberater zukommen?
Schmidt: Die wichtigsten Neuerungen der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II für den Verbraucherschutz sind zweifelsfrei die Regulierungen für die Bereiche Transparenz und Anlegerschutz. Neben den Regulierungen zu Kick-back-Zahlungen und Vertriebsprovisionen sind auch die erweiterten Anforderungen zur Regulierung komplexer Produkte wie beispielsweise von Zertifikaten, die geänderten Regeln zur Kundenklassifizierung und die regelmäßige Überprüfung der empfohlenen Finanzprodukte hinsichtlich ihrer Eignung für den Kunden ein richtiger Schritt für eine Verbesserung des Verbraucherschutzes im Finanzmarkt.
ECOreporter.de: Bis wann rechnen Sie damit, dass die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II Realität wird?
Schmidt: Bis MiFID II den gesamten europäischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen hat und dann in der deutschen Gesetzgebung umgesetzt wird, werden sicher noch einige Jahre vergehen. Ich rechne mit einer Implementierung der „Markets in Financial Instruments Directive“ MiFID II in deutsches Recht nicht vor 2014. Dass es auch anders geht, zeigt ein Blick in unsere Nachbarländer. Denn die skandinavischen Ländern oder das wirtschaftsliberale Großbritannien sind in Sachen Anlegerschutz schon einen Schritt weiter: Dort werden ab dem Jahr 2013 Provisionen im Finanzdienstleistungsbereich von Staats wegen untersagt, um den Interessenkonflikt aufzulösen, der durch Zuwendungen Dritter an den Finanzvermittler entsteht.
ECOreporter.de: Wie kann der Verbraucherschutz bei der Finanzberatung effektiv verbessert werden?
Schmidt: Mit einer gesetzlichen Verankerung des Berufsbilds „Honorarberater“, wie es das Bundesfinanzministerium in seinem für November 2012 geplanten Gesetzesentwurf vorsieht, könnte die Politik deutliche Akzente für eine verbraucherfreundliche Finanzberatung setzen. Darin sind eine klare Differenzierung zwischen abhängiger und unabhängiger Beratung und eine Neuregelung der Beweislastumkehr zugunsten des Anlegers enthalten. Darüber hinaus halte ich die Einführung klarer Kostenkennziffern wie etwa der „Reduction in Yield“ [= Ertragsminderung durch fondsbezogene laufende Kosten Anm. d. Red.] für unabdingbar. Für die Verbraucher muss in der Beratung klar ersichtlich sein, welche Kosten bei der Geldanlage tatsächlich anfallen und in welchem Maße das die Rendite des Vermögens über die Gesamtlaufzeit der getätigten Anlage beeinflusst.
ECOreporter.de: Was wollen Sie auf der Messe Grünes Geld präsentieren und mit welcher Erwartung kommen Sie zu der Veranstaltung?
Schmidt: Mit dem Messeauftritt wollen wir einerseits den Bekanntheitsgrad der ersten Honorarberaterbank Deutschlands weiter ausbauen und andererseits Interessenten unser nachhaltiges Beratungsmodell, das auf einer transparenten und fairen Partnerschaft zum Kunden beruht, vorstellen. Darüber hinaus möchten wir die quirin bank AG auch als unabhängigen Anbieter nachhaltiger Geldanlagen vorstellen.
ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Schmidt!
Die quirin bank nimmt am kommenden Samstag, 10. November, als Aussteller an der Messe Grünes Geld Freiburg teil. Die Veranstaltung im Historischen Kaufhaus, Münsterplatz 24, bietet Neueinsteigern wie Finanzprofis umfassende Einblicke in aktuelle Trends, Entwicklungen und Angebote am nachhaltigen Finanzmarkt im deutschsprachigen Europaraum. Neben der Ausstellung gibt es zahlreiche Vorträge rund um nachhaltige Investments. Als Gastredner tritt Rezzo Schlauch, Staatssekretär a.D., auf. Außerdem wird eine Podiumsdiskussion zum Thema Geldanlage in der Region und ein Programm für kleine Besucher geboten. Los geht es ab 9:30 Uhr, der Eintritt ist frei (Näheres erfahren Sie
