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„US-amerikanische Staatsanleihen sind für unsere Nachhaltigkeitsfonds tabu“ - Interview mit Jonny Debuysscher, Petercam Asset Management
ECOreporter.de: Welche Anlagestrategie verfolgt der Petercam L Bonds Government Sustainable?
Jonny Debuysscher: Es handelt sich um einen Rentenfonds. Er investiert in Anleihen, die von einem Mitgliedstaat der OECD, seinen Gebietskörperschaften oder von öffentlichen internationalen Einrichtungen, denen ein oder mehrere OECD Mitgliedstaaten angehören, begeben oder garantiert werden. Diese müssen auf Euro lauten oder zu mindestens 90 Prozent gegenüber dem Euro abgesichert sein, wenn sie auf eine andere Währung lauten. Hinzu kommt ein umfangreicher Katalog an Nachhaltigkeitskriterien, die bei den Investmententscheidungen berücksichtigt werden müssen. Das Fondsmanagement passt Laufzeit, Ertragskurve und Asset-Allokation laufend aktiv an. Dabei orientieren wir uns an keiner speziellen Benchmark.
ECOreporter.de: Welche Nachhaltigkeitskriterien sind das? Und wie und durch wen wird deren Einhaltung kontrolliert?
Debuysscher: Unser Nachhaltigkeitsanalyse-Modell untersucht die Investmentkandidaten nach fünf Indikatorengruppen: 1) Transparenz und demokratische Werte 2) Umwelt 3) Bevölkerung, Gesundheitsvorsorge und Wohlstandsverteilung. 4) Bildung und 5) ökonomische Indikatoren. Alle Indikatoren müssen durch politische Entscheidungen beeinflussbar sein. Biodiversität ist zum Beispiel kein guter Indikator, da dieser Indikator der Kategorie Umwelt maßgeblich von der Lage und dem Klima eines Landes abhängt – Dinge, die ein Land schwerlich beeinflussen kann. Die Daten müssen aus verlässlichen, zugänglichen Quellen kommen, wie zum Beispiel von der Weltbank, der OECD selbst, aus den einzelnen Ländern oder von Nichtregierungsorganisationen wie dem World Wide Fund For Nature (WWF) oder Transparency International. Die Daten müssen auch numerisch und für alle Länder vergleichbar sein.
Daraus erstellt unser SRI-Investment-Komitee (SRI= socially responsible Investment, deutsch sozial verantwortliche Geldanlage Anm. d. Red.), bestehend aus zwei externen und zwei hausinternen Mitgliedern von Petercam, ein Länder-Rating. Dieser Nachhaltigkeitsfilter ist von Petercam selbst entwickelt worden. Er wird zweimal im Jahr von dem SRI-Investment-Komitee überprüft und gegebenenfalls überarbeitet. Das Komitee bestätigt, welche Nachhaltigkeitsindikatoren genutzt werden, welche Gewichtung jeder Indikator bekommt, und welches Land fürs endgültige Anlageuniversum qualifiziert ist. Grundsätzlich investierbar sind allerdings nur die bestplatzierten 50 Prozent aller 34 analysierten OECD-Staaten. Fällt eins der investierten Länder unter die 50-Prozentmarke, wird die Position im Portfolio verkauft. Allerdings nur, wenn diese Platzierung bei der nächsten Erhebung des Rankings durch das Komitee immer noch bestätigt wird.
ECOreporter.de: Wie funktioniert die Punkteverteilung?
Debuysscher: Die im Rating bewerteten Länder können insgesamt maximal 100 Punkte erreichen. Die volle Punktzahl ist die Bestmarke, 0 Punkte das Schlechteste. Die Punkte verteilen sich auf 50 einzelne Indikatoren. Die punktstärksten Kategorien sind Demokratie und Transparenz (28 mögliche Zähler), Bevölkerung, Gesundheitsvorsorge und Wohlstandsverteilung (26) und Umwelt (21). Danach folgen die Kategorie Bildung mit 19 möglichen Punkten und die Kategorie Ökonomie mit sechs.
ECOreporter.de: In welchen Fällen wird ein Land vom Investment ausgeschlossen? Orientieren Sie sich auch an Negativkriterien?
Debuysscher: Wir orientieren uns ausschließlich an Positivkriterien. Natürlich ist es möglich, dass ein Land null Punkte erreicht, aber dies würde nicht automatisch den Ausschluss aus dem Bewertungsmodell führen. Zum formalen Ausschluss kann es nur dann kommen, wenn schwere Verstöße gegen internationales Recht oder die UN-Konventionen vorlägen, oder ein Land einem anderen beispielsweise den Krieg erklären würde. Das ist allerdings eher die Ausnahme als die Regel. Israel haben wir bislang als einziges OECD-Mitglied formal aus dem Investment-Universum gestrichen.
ECOreporter.de: Was waren Ihre Hauptgründe dafür einen solchen Fonds, der in Staatsanleihen investiert, mit einem Nachhaltigkeitsfilter zu versehen?
Debuysscher: Wir wollten unseren Partnern und Investoren ein Finanzprodukt anbieten, dass sich von herkömmlichen OECD-Staatsanleihen-Fonds dadurch unterscheidet, dass es auf eine Nachhaltigkeitsanalyse setzt.
Außerdem konzentrieren sich die meisten Nachhaltigkeitsfonds auf Aktien und Anleihen von Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften. Aus unserer Sicht sind Staaten aber ebenso wichtige Marktteilnehmer in diesem Sektor. Deshalb hat Petercam ein Nachhaltigkeitsanalyse-Modell entwickelt, das auf das Investment in Staaten zugeschnitten ist, um es für nachhaltige Rentenfonds wie den Petercam L Bonds Government Sustainable zu nutzen.
Wir sind seit 2002 im Bereich nachhaltige Geldanlagen aktiv und haben 2002 mit der Auflage eines ersten nachhaltigen europäischen Aktienfonds begonnen. Derzeit bemühen wir uns als Petercam Asset Management um die Aufnahme in den Kreis derer, die sich offiziell nach den UN-Kriterien für nachhaltiges Investment UN PRI (United Nations Principles for Responsible Investment) richten.
ECOreporter.de: Welche Staatsanleihen im Portfolio des Petercam L Bonds Government Sustainable sind aktuell und in naher Zukunft die aussichtsreichsten und warum?
Debuysscher: Das sind die Anleihen der skandinavischen Länder, also Schweden, Dänemark und Finnland. Diese Länder haben ihre guten Positionen schon seit Beginn unserer Nachhaltigkeitsanalyse für Staaten im Jahr 2007 inne. Und wir gehen nicht davon aus, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändern wird. Sie sind unter den führenden Nationen in den Kategorien Demokratie und Transparenz, Bevölkerung, Gesundheitsvorsorge und Wohlstandsverteilung sowie Bildung. Stark sind sie alle unter anderem im Bezug auf die Indikatoren Pressefreiheit, Korruption und gute Ergebnisse in den aktuellen PISA-Studien. Norwegen ist der einzige Staat dieser Gruppe, den wir trotz seiner starken Ergebnisse in unserem Ranking nicht im Portfolio berücksichtigen. Der Grund: Norwegen hat bis heute noch immer keine auf Euro lautende Anleihe ausgegeben Das Land widerspricht damit unserer Präferenz für Euro-Anleihen.
ECOreporter.de: An welchen Kundenkreis richtet sich der Fonds?
Debuysscher: Es gibt wie sowohl Tranchen für institutionelle als auch für private Anleger. Aktuell sind zwei Drittel der Anleger Institutionelle Investoren und ein Drittel Privatanleger.
ECOreporter.de: Wie ist der aktuelle Platzierungsstand des Petercam L Bonds Government Sustainable? Und welche Management-Gebühren haben Anleger zu erwarten?
Debuysscher: Es gibt drei verschiedene Anlageklassen, in denen die verschiedenen Investorengruppen anlegen können. Dabei beläuft sich die Managementgebühr in zwei der drei Anlageklassen auf 0,30 Prozent und in der dritten auf 0,70 Prozent. Hinzu kommen weitere Verwaltungsgebühren von maximal 0,10 Prozent, eine Depotgebühr von maximal 0,085 Prozent und ein Abonnementsteuer von 0,05 Prozent für Privatanleger und 0,01 Prozent für institutionelle Investoren.
ECOreporter.de: Inwiefern hat die Eurofinanzkriese und die Schwierigkeiten von Ländern wie Griechenland, Irland, Portugal oder Spanien Einfluss auf die Wertentwicklung des Fonds?
Debuysscher: Weil alle diese Staaten in der unteren Hälfte unseres Länder-Rankings rangieren, hat der Fonds nicht auf ihre Anleihen gesetzt. Entsprechend hat die Krise die Wertentwicklung des Fonds nicht beeinträchtigt. Im Jahre 2010 lag die Performance mit 5,86 Prozent beispielsweise deutlich über den JP Morgan EMU Index , den wir nur als Performanceindikator nutzen. Dessen Wertsteigerung lag im selben Zeitabschnitt bei 1,17 Prozent.
ECOreporter.de: Es gibt Nachhaltigkeitsfonds, die in Anleihen der USA investieren. Das Land hat allerdings einen der größten Militärapparate der Welt und setzt im Rechtssystem weiter auf die Todesstrafe. Kann ein nachhaltiger Rentenfonds in so einen Staat investieren?
Debuysscher: In unserem Ranking rangieren die USA auf Platz 29 von 33 (= alle OECD Staaten minus Israel). Das bedeutet, für unsere Nachhaltigkeitsfonds kommen US-amerikanische Staatsanleihen definitiv nicht in Frage.
ECOreporter.de: Wie wird sich der Markt für nachhaltige Geldanlagen in Zukunft weiterentwickeln?
Debuysscher: Man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Markt für nachhaltige Geldanlagen in naher Zukunft mehr öffentliches Interesse auf sich ziehen wird und mehr Gewicht bekommen wird. Auch die Investitionen in nachhaltige Geldanlagen werden erheblich ansteigen.
ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch!