Fonds / ETF

„Unsere Nachhaltigkeitskriterien stimmen mit dem allgemeinen Auftrag der christlichen Kirchen überein“ – Interview mit Gabriele Grewe, Bank Sarasin, zum WestLB Mellon WerteFonds



ECOreporter.de: Was sind die Kernpunkte der Anlagestrategie hinter dem WestLB Mellon WerteFonds?

Gabriele Grewe: Der WestLB Mellon WerteFonds ist ein Mischfonds mit defensiver Anlagestrategie. Er investiert zu maximal 30 Prozent in Aktien, außerdem noch in Anleihen von Staaten, Unternehmen und Institutionen sowie in Pfandbriefe. Dabei sind drei Kernpunkte entscheidend: Erstens geht es um langfristigen Vermögenserhalt, wofür der Aktienanteil sorgt. Zweitens soll der Fonds auch Ausschüttungen generieren. Das geschieht über die Rentenpapiere. Drittens geht es darum, das Fremdwährungsrisiko möglichst gering zu halten. Um dies zu erreichen, beschränkt sich der Investmentradius des WestLB MellonWerte auf Euro lautende Anleihen sowie europäische Aktien. Das bedeutet, neben Unternehmen aus dem Euroraum kommen Konzerne aus Großbritannien, Skandinavien und der Schweiz für Investitionen in Frage, solche aus osteuropäischen Schwellenländern wie Ungarn oder Rumänien hingegen nicht.

ECOreporter.de:  Wie ist das aktuelle Fondsvolumen?

Grewe: Der Fonds verwaltet aktuell 33 Millionen Euro, Stand 30.Juni 2010.
ECOreporter.de: Es handelt sich um einen Mischfonds. Welche Schwerpunkte im Bezug auf Branchen und Assetklassen setzen Sie?
Grewe: Was Branchen betrifft, setzt der Fonds keine speziellen Schwerpunkte, er orientiert sich beim Aktienteil an der Struktur des MSCI Europe. Bei den Assetklassen liegt aufgrund der defensiven Ausrichtung der Anleihenanteil bei mindestens 70 Prozent.

ECOreporter.de: Wie funktioniert die Titelwahl konkret? Wie wird die Nachhaltigkeit der Anlagen definiert und wie wird sie kontrolliert?

Grewe: Die Sarasin-Nachhaltigkeitsanalyse kombiniert den best-in-class- mit dem best-of-classes- Ansatz. Sie filtert die in Sachen Nachhaltigkeit stärksten Unternehmen einer Branche heraus und berücksichtigt dabei noch die Nachhaltigkeit der jeweiligen Branchen selbst. Dabei wird jede Branche in Bezug auf ihren Beitrag zu Umwelt- und Sozialrisiken beurteilt. Maßgebend sind dabei die Umweltrelevanz, etwa der branchenspezifische Energieverbrauch. sowie deren Sozialrelevanz, also die Frage, welchen sozialen und ökologischen Nutzen oder Effekt die jeweiligen Produkte und Dienstleistungen der Firmen haben. Die Unternehmen innerhalb einer Branche werden daran gemessen, wie sie mit den jeweiligen spezifischen Risiken und Chancen umgehen. Aktien wie die des Ölmultis BP, aber auch Staatsanleihen wie die von Griechenland waren für den WestLB MellonWerte Fonds schlicht nicht investierbar. Die Bewertungskriterien werden periodisch vom Sarasin Nachhaltigkeitsresearch überprüft und gegebenenfalls angepasst.

ECOreporter.de: Bedeutet dies, der Fonds hat einen absolut „dunkelgrünen“ Ansatz und verzichtet komplett auf Investments in Branchen, die per se weniger nachhaltig sind?
Grewe: Wenn ein Fonds ausschließlich auf „tief grüne“ Investments setzt, verändert das aufgrund der damit einhergehenden Tendenz hin zu klein- und mittelkapitalisierten Unternehmen sehr stark das Risikoprofil. Das widerspräche aber der Grundidee des Fonds. Deshalb investiert der WestLB MellonWerte auch in ausgewählte Titel von aus Nachhaltigkeitssicht kritischeren Branchen. Dank des Best-of-classes-Ansatzes, der für diese Branchen die Eintrittsschwellen höher ansetzt, ist es uns bislang gut gelungen, Nachhaltigkeit und Risikomanagement erfolgreich zu kombinieren. Beispiele dafür sind das Computer-Software-Unternehmen SAP oder die BG Group, ein Unternehmen, das unter anderem in der Nordsee Gas fördert.

ECOreporter.de: Was sind die wichtigsten Positiv- und Negativkriterien nach denen das Portfolio ausgerichtet ist?

Grewe: Ausschlusskriterien sind Waffen, Atomkraft, Pornographie, Kinderarbeit, Tabak, Agrochemie, sprich Umweltgifte wie Pestizide, in der Landwirtschaft eingesetzte Gentechnik, und Glücksspiel. Unternehmen, die mehr als 5 Prozent Umsatz in diesen Bereichen erwirtschaften, sind automatisch nicht investierbar. Die Liste der Positivkriterien ist lang. Bei Unternehmen sind es beispielsweise  im Umweltbereich Energieintensität, Materialintensität, Toxizität, Revalorisierung, Einsatz erneuerbarer Ressourcen, Dauerhaftigkeit und Serviceanteil im gesamten Lebenszyklus. Soziale Untersuchungsbereiche sind basierend auf dem Anspruchsgruppenansatz die vier Kriterienblöcke Gesundheit, Partizipation, Wohlstandsverteilung und Wissen.

ECOreporter.de: Im Informationsmaterial zum Fonds steht der Zusatz „unter anderem für Kirche Caritas, Diakonie und freie Wohlfahrtspflege. Was bedeutet dies für die Titelwahl und die Nachhaltigkeitskriterien?


Grewe: Unsere Nachhaltigkeitskriterien stimmen mit dem allgemeinen Auftrag der christlichen Kirchen überein: Gerechtigkeit, Frieden und der Bewahrung der Schöpfung. Der Sarasin-Nachhaltigkeitsansatz bildet diese drei Punkte beispielsweise über den Ausschluss von Rüstungsunternehmen, die Forderung nach sozialen Standards und ökologische Positivkriterien ab. Der Fonds war ursprünglich eine Idee der Kreissparkasse Köln. Auf der Suche nach geeigneten Partnern für die Realisierung eines Nachhaltigkeitsfonds, der Definition der Nachhaltigkeitskriterien und des Anlageuniversums, hat sich die Kreissparkasse unter anderem mit ihren institutionellen Kunden aus dem kirchlichen Bereich ausgetauscht. So hat der Fonds seit seiner Auflage im Jahr 2001 diese spezielle Ausrichtung erhalten.

ECOreporter.de: Was unterscheidet den WestLB Mellon WerteFonds von anderen nachhaltigen Mischfonds?

Grewe: Es ist vor allem die Ausrichtung auf die Bedürfnisse eines finanziell defensiv denkenden institutionellen oder privaten Anlegers, welcher einerseits Ausschüttungen und langfristigen Werterhalt sucht, aber andererseits auch ökologische und soziale Risiken verringern möchte.

ECOreporter.de: Wie kam der Fonds durch die beiden Krisenwellen Finanzkrise und Euroschuldenkrise, Welche traf den Fonds härter?

Grewe: Wenn der Aktienmarkt generell in der Krise steckt betrifft das alle Fonds, die in Aktien investieren. Insofern haben wir die Finanzkrise schon gespürt. Die Euroschuldenkrise war für uns kein Problem, weil der Fonds zu 80 bis 90 Prozent in Euro-Titeln investiert ist und weil die am stärksten betroffenen Länder wie Griechenland und Spanien für uns einfach nicht investierbar waren und sind. Sein Nachhaltigkeitsansatz hat den Fonds insgesamt vor den schwersten Turbulenzen, insbesondere auch Ausfällen, bewahrt. Der Rest war aktives Fondsmanagement-Handwerk.

ECOreporter.de: Wie gestaltete sich die Wertentwicklung des Fonds seit sie dafür verantwortlich sind?

Grewe: Nach Abzug aller Kosten liegen wir mit rund 20 Prozent nur knapp unter der Benchmark. Verglichen mit dem Durchschnitt konventioneller Fonds liegt die Überrendite in diesen etwas über fünf Jahren bei rund 10 Prozentpunkten. Eine Leistung auf die ich stolz bin.

ECOreporter.de: Welche konkrete Rolle die WestLB WestLB Mellon Asset Management mbH bei dem Produkt, welche die Bank Sarasin?


Grewe: WestLB WestLB Mellon Asset Management ist für den Fondsmantel wie auch das Fondsmanagement zuständig. Sie wurde seinerzeit von der Kreissparkasse Köln mit der Konzeption des Nachhaltigkeitsfonds beauftragt. Als Leiterin Asset-& Portfolio Management im Nachhaltigkeitsbereich bei Sarasin trage ich als Beraterin die Verantwortung für den Fonds. Effektiv liefern wir seit 2005 sowohl die Anlageempfehlungen wie auch die Nachhaltigkeitsanalyse für den Fonds.

ECOreporter.de: Für welchen Investorentyp ist das Produkt auf den Markt gebracht worden, eher institutionelle oder eher Privatanleger und inwiefern spielt die kirchlich-caritative Ausrichtung für den Vertrieb eine konkrete Rolle?


Grewe: Der Fonds eignet sich für private wie institutionelle Investoren, die an nachhaltigem Investment interessiert sind und nicht allein auf Aktien setzen wollen. Er ist als Basisinvestment für eher risikoscheue Anleger gedacht, die einerseits Kontrollelemente und andererseits eine Ausschüttung wünschen. Der Hinweis an Investoren mit kirchlichem Hintergrund soll diesem Kundenkreis einfach signalisieren, dass der Fonds ihre Anlegerbedürfnisse vollumfänglich berücksichtigt.

ECOreporter.de: Orientiert sich das Fondsmanagement bei der Wertentwicklung an einem Benchmark?


Grewe: Ja. Wir orientieren uns an einer so genannten „Costumized Benchmark“. Um die Portfolio-Zusammensetzung besser widerspiegeln zu können, liegt für 25 Prozent der MSCI Europa als Maßstab an. 75 Prozent orientieren sich am CitiGroup-Euro-BIG-Index.

ECOreporter.de:  Ab welcher Anlagesumme ist der Einstieg möglich? Und welche Gebühren werden vom Anleger verlangt?

Grewe: Eine Mindestanlagesumme gibt es nicht. Der reguläre Ausgabeaufschlag (Agio) beträgt maximal 3 Prozent. Die Verwaltungsvergütung beträgt 0.65 Prozent bei einer Gesamtkostenquote im vergangenen Geschäftsjahr von 0.81 Prozent.

ECOreporter.de: Wie hat sich in ihrem Haus die Nachfrage nach Nachhaltigkeitsinvestments in den vergangenen Jahren entwickelt? Stieg das Interesse der Kunden mit der Finanzkrise oder ging es eher zurück? Gibt es Nachfrage-Trends?

Grewe: Generell ist das Interesse an Nachhaltigen Investments gestiegen. Speziell institutionelle Investoren, die nachhaltigem Investment bislang eher skeptisch gegenüber standen – zum Beispiel Pensionskassen - sind im Begriff, sich dem Thema zu öffnen. Und wenn man deutsche Privatanleger auf nachhaltige Geldanlagen anspricht, ist das Interesse in der Regel sofort sehr groß. Die Tatsache, dass es neben Aktienfonds und den klassischen Erneuerbare-Energien-Fonds auch Mischfonds gibt, ist leider noch weitgehend unbekannt. Diese Vermögensbausteine sind in Deutschland noch nicht prominent genug.

ECOreporter.de: Wie wird sich der Markt für nachhaltige Investmentfonds in der nahen Zukunft entwickeln? Was wird die Nachfrage wesentlich bestimmen? Welche nachhaltigen Anlagebereiche sind interessant, welche eher zu riskant?

Grewe: Die Signale, die von verschiedenen Seiten des Finanzmarktes kommen, sind aktuell sehr unterschiedlich. Im Augenblick sind Prognosen deshalb eher schwierig. Defensiv orientierte Anleger sollten eher Vorsicht walten lassen. Wer risikobereit ist und antizyklisch investieren möchte, muss dabei einen langen Atem haben; das heißt diese Anleger müssen sich dessen bewusst sein, dass ihre Aktienanlagen zwischenzeitlich auch mal vielleicht um 20 Prozent abrutschen könnten.

ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch!

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