Anleihen / AIF

„Unsere Crowd-Investoren erlangen Zugang zu sinnvollen ökologischen Anlagen“, Patrick Mijnals, bettervest GmbH

Crowdfunding als Geldanlagemodell für Erneuerbare Energien ist schwer im Trend. Die bettervest GmbH betreibt ein Crowdfunding-Portal, das sich auf die Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen spezialisiert hat. Im Interview erklärt Geschäftsführer Patrick Mijnals das Geschäftsmodell, welche Rolle soziale, ethische und ökologische Nachhaltigkeit dabei spielen und nimmt Stellung zu den aktuellen Plänen der Regierung, im Namen des Anlegerschutzes strengere Regeln für Crowdfunding einzuführen.

Die bettervest GmbH ist Aussteller der Messe Grünes Geld am 6. September in der Handelskammer Hamburg. Bei freiem Eintritt können sich Anfänger enbenso wie Finanzprofis ein umfassendes Bild vom nachhaltigen Finanzmarkt machen. Die Veranstaltung zeigt neue Trends, Entwicklungen und Angebote rund um ethisch und ökologisch einwandfreies Investment. Abgerundet wird die Messe durch ein umfangreiches Vortragsprogramm zum Thema und eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Grün oder grün gewaschen? Sicher oder riskant? Wie Sie nachhaltige Geldanlagen beurteilen können. Damit sich auch Eltern und Großeltern entspannt umschauen können, gibt es ein Kinderprogramm für kleine Messebesucher (näheres zu der Veranstaltung erfahren Sie  hier).      

ECOreporter.de: Wie funktioniert das Crowdfunding bei bettervest GmbH generell, was macht Ihre Angebote Nachhaltig?

Patrick Mijnals: bettervest.de ist die weltweit erste Crowdfunding-Plattform, über die Bürger Energieeffizienz-Projekte etablierter Unternehmen, Vereine & Kommunen öffentlichkeitswirksam finanzieren und im Gegenzug finanziell an den erzielten Einsparungen beteiligt werden.
Crowdfunding ist ein Finanzierungsmechanismus, bei dem viele individuelle Einzelinvestitionen über das Internet gepoolt werden, um so gemeinsam ein spezifisches Projekt zu finanzieren. Die Projektinhaber auf bettervest.de erhalten, ohne selbst Kapital investieren zu müssen, eine Finanzierung ihrer Energieeffizienzmaßnahmen wie zum Beispiel die Umrüstung auf LED-Beleuchtung, effiziente Heizung oder ähnliches. Darüber hinaus stellt bettervest für sie ein Werkzeug dar, um ihr Nachhaltigkeitsengagement im Sinne der Corporate Social Responsibility an Kunden und das direkte Umfeld zu kommunizieren sowie Mitarbeiter auf eine neuartige Weise zu beteiligen. Bei den Projekten wird von externen Energieberatern prognostiziert wie hoch die zu erwartenden CO2-, Energie- und Kosteneinsparungen sind.

ECOreporter.de: Wie können Anleger über bettervest.de investieren, was passiert auf der Investorenseite, also bei der so genannten Crowd?

Mijnals:  Die Crowd-Investoren erlangen so Zugang zu einer sinnvollen und rentablen ökologischen Anlage (ab fünf Prozent fix), die viele Tonnen CO2 pro Jahr einspart. Zusätzlich zur Rendite erhalten die Investoren in manchen Projekten auch Produktproben, Gutscheine, Rabatte oder ähnliches von den Projektinhabern. Worum genau es sich dabei handelt, hängt vom Geschäftsmodell / Zweck der beteiligten Institution ab. Sehr beliebt waren beispielsweise Wellness-Gutscheine bei einem Blockheizkraftwerksprojekt eines Hotels.
Anders als bei vielen andern Finanzprodukten gibt es eine sehr niedrige Einstiegshürde (ab 50 Euro) und die Möglichkeit, in die Projekte individuell, lokal, transparent und breit diversifiziert zu investieren.

ECOreporter.de:  Und was sieht ihr Konzept für bettervest vor?


Mijnals:  bettervest erhält für die Vermittlung zwischen Projektinhabern und Crowd-Investoren eine Provision von einmalig zehn Prozent des eingesammelten Kapitals, sowie jährlich ein Prozent über die Laufzeit. bettervest steht unter der Schirmherrschaft von Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker, erhielt das Werkstatt N Siegel des Rats für Nachhaltige Entwicklung, ist Gewinner des Climate KIC Incubation Programm des  Europäischen Instituts für Innovation und Technologie und ist ein ausgezeichneter „Ort im Land der Ideen“.

ECOreporter.de: Die aktuelle Kampagne zur Druckerei Kastner & Callwey Medien GmbH verspricht Anlegern 7,4 Prozent effektiven Jahreszins über sieben Jahre. Wie kommt dieser Zins zustande?


Mijnals:  Die Rendite muss vom Projektinhaber  immer so gewählt werden, dass sie zusammen mit der Rückzahlung und allen weiteren Kosten zu 100 Prozent aus den Einsparungen gedeckt werden kann. Sie ist – dem Risiko angemessen – höher als bei Anlageformen, bei denen ein Totalverlust nicht möglich ist. Darüber hinaus beeinflusst auch der kommunikative Mehrwert des Projektinhabers die Entscheidung über die Höhe der Rendite. Dieser Mehrwert entsteht beispielsweise durch  Kunden- und Arbeitgebermarketing beziehungsweise durch Corporate Social Responsibility. Davon abgesehen ist der wichtigste Aspekt das Einsparpotenzial der geplanten Maßnahme. Energieeffizienzprojekte benötigen hohe Anfangsinvestitionen, sind dann aber langfristig sehr rentabel.

ECOreporter.de: Worum geht es in der aktuellen Crowdfunding-Kampagne?

Mijnals:  In dem genannten Projekt wird neben der LED-Beleuchtung auch eine Photovoltaikanlage installiert, deren Strom größtenteils im Eigenverbrauch verwendet wird, die aktuelle Stromrechnung reduziert und die Druckerei stärker von künftig zu erwartenden Strompreiserhöhungen unabhängig macht.
LED-Beleuchtung spart laut der Deutschen Energieagentur (DENA) durchschnittlich und konservativ berechnet 70 Prozent der Energiekosten gegenüber traditionellen Leuchtmitteln ein. LEDs haben noch dazu eine weitaus höhere Lebensdauer, wodurch zusätzliche Wartungskosten eingespart werden. Grundsätzlich gilt für jedes Projekt auf bettervest, dass zunächst eine Energieberatung durchgeführt wurde, welche die Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft und auf der letztlich die Kalkulation beruht. Großenteils sind die Maßnahmen so rentabel, dass während der Vertragslaufzeit nur ein Teil der Einsparungen genutzt wird, um die jährliche Teiltilgung und Renditeausschüttung zu gewährleisten, während der Rest direkt beim Projektinhaber verbleibt. Die Laufzeit richtet sich nach der Amortisationszeit der jeweiligen Energieeffizienzmaßnahme und der versprochenen Rendite.

ECOreporter.de:  Spielen Banken im Geldanlage-Konzept von bettervest.de eine Rolle?

Mijnals:  Bislang sind Banken nur als Bereitsteller des Treuhandkontos involviert. Wir führen aktuell aber Gespräche mit nachhaltigen Finanzinstituten, die sich für ein Co-Fundingmodell interessieren, bei dem das extrem öffentlichkeitswirksame und partizipative Crowdfunding mit volumenstarken traditionellen Finanzierungsformen kombiniert werden könnte. Darüber hinaus kooperieren wir mit den von ECOreporter geprüften nachhaltigen Finanzberatern der MehrWert GmbH, die geeignete Investoren auf unsere Projekte aufmerksam machen.  


ECOreporter.de: Anleger wollen nicht nur nachhaltig, sondern auch sicher investieren. Inwiefern gibt es Sicherheitsmechanismen bei den Investments auf bettervest?


Mijnals:  Zunächst ist zu sagen, dass bei unseren Projekten juristisch gesehen sogenannte Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt zum Einsatz kommen. Es gibt im Falle der Insolvenz eines Projektinhabers also ein Totalverlustrisiko des investierten Kapitals und der Rendite. Damit gehen wir offen und transparent um und weisen die Investoren vor und während des Investitionsprozesses darauf hin.  Das Totalverlustrisiko bezieht sich jeweils auf das einzelne Projekt und ist nicht vom Fortbestand der bettervest-Plattform abhängig, weil immer ein individuelles Vertragsverhältnis zwischen Investor und Projektinhaber entsteht. Durch diversifiziertes Investieren von kleinen Summen in mehrere Projekte können Anleger Risiken also minimieren. Zudem erfolgt die Rück- und Zinszahlung annuitätisch, sodass schon nach einem Jahr die erste Teilrückzahlung des investierten Kapitals erfolgt und sich der mögliche Verlust mit jedem Jahr bis zu vollständigen Tilgung weiter reduziert. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Tilgung und die abgegoltene Zinszahlung in Summe den ursprünglichen Kapitaleinsatz übersteigen, erreicht der Investor die garantierte Gewinnzone. Die Investoren finden in der jeweiligen Projektbeschreibung immer den Bonitätsindex einer Wirtschaftsauskunftei, um eine Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Projektinhabers vornehmen zu können. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Energieberatung und sonstige Berechnungsgrundlagen der Projekte den Investoren über die Plattform zu Verfügung gestellt. Anders als bei anderen Crowdfunding-Plattformen, handelt es sich bei unseren Projekten immer um etablierte Unternehmen und Institutionen. Da die Verzinsung auf der Grundlage der Energieberatung vertraglich festgeschrieben wird, trägt der Projektinhaber und nicht der Anleger das Risiko von geringeren Einsparungen, falls sich beispielsweise das Verbrauchsverhalten verändert. Die Zins- und Rückzahlung ist zudem nicht von einem wirtschaftlichen Wachstum des Projektinhabers abhängig, sondern immer so berechnet, dass die kalkulierten Einsparungen ausreichen.

Bild: Das bettervest-Team bei der Arbeit. / Quelle: Unternehmen

ECOreporter.de: Wie und nach welchen Kriterien werden die Investmentangebote ausgewählt?  Suchen Sie aktiv oder bekommen Sie Bewerbungen?


Mijnals:  Wir gehen aktiv auf mögliche Projektinhaber zu, werden von Energieberatern sowie Herstellern und Händlern energieeffizienter Produkte weiterempfohlen und erhalten Initiativbewerbungen. Wir haben einen Negativkriterienkatalog um sozial und ökologisch nicht nachhaltige Geschäftsmodelle auszuschließen und Greenwashing zu verhindern. Zugelassen werden nur Projekte für die ein Energieberater ein Einsparpotenzial festgestellt hat, das die Maßnahme mit einer Rendite von mindestens fünf Prozent pro Jahr in maximal zehn Jahren refinanziert. Bei Projekten von öffentlichen oder halböffentlichen Projektträgern, die per se ein niedrigeres Ausfallrisiko aufweisen, behalten wir uns vor von diesen Rahmendaten künftig abzuweichen.  


ECOreporter.de: Künftig sollen strengere Regeln für Crowdfundig gelten: Wer mehr als 250 Euro investiert, soll dies auf dem Postweg bestätigen und für Investments über einer Millionen Euro sollen BAFin-Wertpapierprospekte Pflicht werden. Was halten Sie von diesen Neuerungen?

Mijnals: Das langfristige Vertrauen der Investoren für das Finanzierungsinstrument Crowdfunding ist essentiell, damit Projekte erfolgreich und nachhaltig finanziert werden können und liegt damit im ureigenen Interesse aller Plattformen. Bislang ist geplant, dass für jedes Projekt ein plattformübergreifend einheitliches Vermögensanlage-Informationsblatt (VIB) zur Verfügung gestellt werden muss. Das halten wir für sehr sinnvoll und war in einem Selbstverpflichtungsentwurf, den wir im Branchenverband German Crowdfunding Network (GCN) maßgeblich mitgestaltet haben, bereits inkludiert. Die geplante Bestätigung des VIB über den Postweg ist jedoch ein hinderlicher und nicht mehr zeitgemäßer Medienbruch, der den Anleger in keiner Weise schützt, auf Seiten der Plattformen aber bürokratische Hürden aufbaut. Stattdessen plädieren wir dafür, dass der Anleger sich mit den Chancen und Risiken im Informationsblatt ausgiebig beschäftigen sollte und dies ggf. über die Online-Beantwortung einiger kurzer Fragen unter Beweis stellen sollte.


ECOreporter.de: Wo im Gesetzentwurf sehen Sie Nachbesserungsbedarf?


Mijnals:  Den Maximalbetrag auf 10.000 Euro pro Investor und Projekt zu begrenzen halten wir für kontraproduktiv. Gerade von den finanzstarken, großen Investoren (sogenannte Anker-Investoren), die in der Regel mit einem höheren Professionalisierungsgrad an die Prüfung der Projekte herangehen können, geht eine entscheidende Signalwirkung für alle beteiligten Kleinanleger aus, denen eine tiefgreifende Detailprüfung gegebenenfalls nicht in gleicher Weise möglich ist. Die Mischung aus großen und kleinen Investitionen erhöht also die „Weisheit der Crowd(-Investoren)“ und sollte darum auch weiterhin möglich sein.
Die Begrenzung auf maximal eine Million Euro pro Projekt, stellt eine deutliche Schlechterstellung der hiesigen Crowdfunding-Szene und damit der Förderung von Innovations- und Nachhaltigkeitsprojekten innerhalb Europas dar. Andere Länder, wie Großbritannien beispielsweise, haben hier den Schwellenwert der EU-Prospektrichtlinie in Höhe von 5 Millionen Euro übernommen oder sich wie die Niederlande und Schweden mit einer Grenze von 2,5 Millionen Euro zumindest hieran orientiert.
Wirklich gefährdend für die gesamte Crowdfunding-Branche ist aber das geplante Werbeverbot außerhalb von Wirtschaftsmedien. Das Crowdfunding ist sehr stark von den gängigen Formen des Online- sowie Social Media Marketings abhängig. Es entwickelt dadurch ganz eigene Dynamiken, die mit den traditionellen Medien oder reinen Wirtschaftsmedien allein nicht möglich wären. Wir gehen weiterhin davon aus, dass durch die Beschränkung auf Wirtschaftsmedien Frauen systematisch in der Information über Crowdfunding-Projekte benachteiligt werden, da die demografischen Erhebungen in den Mediadaten der führenden Publikation eine deutlich männlich geprägte Leserschaft aufzeigen.


ECOreporter.de: Wie wirkt sich die mögliche Reform auf das Geschäftsmodell von bettervest aus?

Mijnals:  Die geplante Reform des Kleinanlegerschutzgesetztes wurde maßgeblich durch die Prokon-Pleite beeinflusst. Dort haben durch aufwändigen Direktvertrieb beworbene Finanzprodukte einer Kapitalsammelstelle ein enormes Klumpenrisiko erzeugt. Ganz im Gegensatz dazu bietet das Geschäftsmodell Crowdfunding den großen Vorteil, dass hier auch bei geringen Losgrößen Kleinanleger in eine Vielzahl wirtschaftlich voneinander völlig unabhängige Projekte investieren können. Leider wird Crowdfunding durch die Neuregelung künftig dennoch erschwert werden, obwohl es schon von der Konzeption her besseren Anlegerschutz bietet. Über das GCN stehen wir mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie dem Bundeswirtschaftsministerium im regen Austausch, um den bisherigen Entwurf so zu verbessern, dass beim Crowdfunding maximaler Anlegerschutz erreicht wird, ohne die Arbeit der Plattformen zu behindern.

ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Mijnals.
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