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Unabhängige Analyse: Investieren in die Tageszeitung taz als stiller Gesellschafter der Genossenschaft

Die taz (die tageszeitung) aus Berlin bietet den Mitgliedern ihrer Genossenschaft eine Beteiligung als stiller Gesellschafter an der Genossenschaft an. Mit dem Geld will die taz den geplanten Bau ihres Verlagshauses in Berlin finanzieren. Die Interessenten, die noch kein Mitglied der Genossenschaft sind, müssen spätestens mit ihrer Beteiligung mindestens einen Anteil von 500 Euro an der Genossenschaft zeichnen. Die Mindesteinlage bei der stillen Gesellschaft beträgt 1.000 Euro. Der ECOanlagecheck analysiert das Angebot.

Die taz Verlagsgenossenschaft eG bietet die stille Gesellschaft in zwei Varianten an: Zum einen mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren bei einer Verzinsung von 2,0 Prozent pro Jahr, zum anderen mit zehn Jahren Mindestlaufzeit und 2,5 Prozent Verzinsung. Anleger können die stille Gesellschaft mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Jahres kündigen – erstmals jedoch zum Ende der Mindestlaufzeit.

Die stillen Gesellschafter sind laut Vertrag – über die Mindestverzinsung von 2,0 bzw. 2,5 Prozent hinaus – auch an eventuellen Gewinnen der taz eG beteiligt, aber nicht an deren Verlusten. Allerdings ist die Beteiligung als stiller Gesellschafter mit einem so genannten qualifizierten Rangrücktritt verbunden. Das bedeutet: Auszahlungen von Gewinnanteilen und Zinsen an den Anleger sind so lange und so weit ausgeschlossen, wie sie einen Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Gesellschaft herbeiführen würde. Am Ende der Laufzeit soll die Einlage der Anleger laut Broschüre zu 100 Prozent zurückgezahlt werden.

Über die stillen Gesellschaften und neues Genossenschaftskapital will die taz eG rund sechs Millionen Euro einwerben. Laut der taz-Internetseite (Stand: 6. Oktober 2014) sind bislang rund 4,1 Millionen Euro eingeworben. Über die Kosten der Kapitaleinwerbung werden in der taz-Neubau-Broschüre keine Angaben gemacht. Zudem sind in der Broschüre und auch in den Vertragsunterlagen die – bei Kapitalanlageangeboten ansonsten üblichen – Risikohinweise nicht enthalten.

Unternehmensprofil taz eG

Die stillen Gesellschafter (Anleger) beteiligen sich an der taz Verlagsgenossenschaft eG. Laut Gesellschaftsvertrag sind Gegenstand des Unternehmens die Herstellung und der Vertrieb der Tageszeitung taz sowie angrenzender Publikationen, die Vermietung und Verpachtung genossenschaftlicher Räume und Einrichtungen und die Bereitstellung von sonstigen Dienstleistungen. Laut Broschüre wurde die taz-Genossenschaft 1992 gegründet und übernimmt die Funktion einer Holding bei der taz-Gruppe.
In der taz-Neubau-Anlegerbroschüre ist die zusammengeführte Bilanz der taz-Gruppe enthalten. Das kann insofern – insbesondere für der Genossenschaft neu beitretenden Mitglieder – irreführend sein, da sich die stillen Gesellschafter nicht an der taz-Gruppe beteiligen, sondern an der taz-Genossenschaft.
Die taz eG selbst erzielt nur geringfügige Erlöse und Erträge (rund 200.000 Euro in 2013), während der taz Verlag 2013 Umsatzerlöse von rund 26,4 Millionen Euro erreichte.
Die taz eG hat laut der Bilanz 2013 auch keine Sachanlagen im eigenen Besitz, sondern hält Anteile an verbundenen Unternehmen, die mit rund 3,6 Millionen Euro in der Bilanz 2013 bewertet sind. Aus ihren Beteiligungen erzielte die taz eG 2013 Erträge von rund 62.000 Euro.

Das Eigenkapital der taz eG besteht aus den Geschäftsguthaben der Genossenschaftsmitglieder. Zum 31. Dezember 2013 betrug das Geschäftsguthaben rund 12,8 Millionen Euro. Es war aber durch einen Jahresfehlbetrag von rund 110.000 Euro und einen Verlustvortrag von rund 2,92 Millionen Euro reduziert. Im Gegensatz zu den stillen Gesellschaftern sind die Mitglieder der Genossenschaften an den Verlusten der taz eG beteiligt, so dass sich ihr Anspruch bei Verlusten – und bereits bestehenden Verlustvorträgen – der taz eG anteilsmäßig verringert. Zudem werden die Geschäftsguthaben der Mitglieder der Genossenschaft nicht verzinst. Nach dem Selbstverständnis der taz sollte die ökonomische Rendite hier auch nicht im Vordergrund stehen. Wer Genossenschaftsmitglied wird, „findet eine politische Rendite wichtiger als finanziellen Gewinne. Denn eine Investition in die taz ist immer auch ein Engagement für die Pressevielfalt“, heißt es.

Investitionen

Die taz plant, das einzuwerbende Kapital für den Bau ihres neuen Verlagshauses in Berlin zu verwenden. Eine Zweckbindung besteht aber nicht, so dass es der taz eG grundsätzlich möglich wäre, das Geld für andere Zwecke einzusetzen. Laut der Informationsbroschüre erwirbt die taz eG das Baugrundstück und wird nach Angaben der taz-Geschäftsführung auch Eigentümerin des Gebäudes.Der Neubau ist nach Angaben der taz sinnvoll, da so „wieder alle Mitarbeitenden unter einem Dach arbeiten, um sich für das digitale Zeitalter besser organisieren zu können“. Zudem soll der Neubau laut der taz als Kapitalanlage und zur Vermögenbildung dienen, um „die taz Genossenschaft und den unabhängigen Journalismus der Zukunft“ zu sichern.

Foto: So soll das neue Verlagsgebäude einmal aussehen. / Quelle: taz

Das Finanzierungsvolumen für das Gebäude und das Baugrundstück soll insgesamt rund 20 Millionen betragen. Die Finanzierung steht laut Broschüre auf vier Säulen: 3 Millionen Euro will die taz eG aus vorhandenen Eigenkapital beisteuern, rund 6,1 Millionen Euro sollen über neue Geschäftsanteile und stille Beteiligungen eingeworben werden, ca. 7,5 Millionen Euro über Bankdarlehen aufgenommen werden, und ca. 3,36 Millionen Euro erhält die taz laut Broschüre als nicht rückzuzahlenden Investitionszuschuss im Rahmen eines Wirtschaftsförderprogramms. Nach Angaben der taz liegt der Zuwendungsbescheid vor. Hinsichtlich der geplanten Bankdarlehen gibt es nach Angaben der taz unverbindliche Finanzierungsgespräche (Stand: 23. September 2014).

Das Baugrundstück kostet laut Broschüre rund 2,04 Millionen Euro. Die taz erwirbt es laut Broschüre vom Land Berlin im Rahmen der Direktvergabe zum Verkehrswert, der um ca. 25 Prozent unter dem erzielbaren Preis eines zuvor durchgeführten Bieterverfahrens liege. Für die Erstellung des Gebäudes wurde laut Broschüre ein Kostenrahmen von 17,9 Millionen Euro vorgegeben. Auf Nachfrage von ECOreporter.de erklärte die Geschäftsführung der taz, dass es keinen Festpreis für den Neubau gebe. Zudem werde kein Generalunternehmer beauftragt. Derzeit werden alle Verträge mit den Planungsbeteiligten (Architekt, Fachplaner Statik, Brandschutz etc.) verhandelt (Stand: 23. September 2014). Nach Auskunft der Geschäftsführung hat die taz einen Vertrag mit einem Projektsteuerer, der die taz als Bauherr im weiteren Planungs- und Bauprozess berate.

Ökologische Wirkung

Das Kapital, das die taz eG derzeit über Genossenschaftsanteile und stille Beteiligungen einwirbt, soll nach derzeitiger Planung in den Bau des geplanten taz-Verlagshauses fließen. Das vorgeschlagene Gebäudekonzept entstand im Rahmen eines Architekturwettbewerbs. Das in diesem Wettbewerb als Gewinner hervorgegangene Konzept sieht vor, dass das Gebäude „ein mit einem Passivhaus vergleichbaren Energiestandard erreicht“. Eine zentrale Rolle soll dabei laut Prospekt die abgestimmte Gebäudehülle, die thermische Speicherfähigkeit der Tragstruktur und das Heiz- und Kühlsystem spielen. Zudem soll auf den Dächern eine Photovoltaikanlage errichtet werden.
Derzeit werden nach Angaben der taz alle Verträge mit den Planungsbeteiligten verhandelt, so dass es noch zu Änderungen beim Konzept kommen kann.

Risiko

Beim geplanten Neubau des taz-Verlagsgebäudes bestehen Projektentwicklungs-, Fertigstellungs- und Bauherrenrisiken. Derzeit werden nach Angaben der taz alle Verträge mit den Planungsbeteiligten verhandelt (23. September 2014). Es könnte sich bei den Verhandlungen herausstellen, dass das Gebäudekonzept nicht zu den geplanten Preisen zu realisieren ist. Es besteht das Risiko, dass sich die Kosten (z. B. die Materialkosten) während der Bauphase unplanmäßig erhöhen. In diesem Zusammenhang kann es ein Risiko darstellen, dass die Aufgabe „Bauherrenschaft“ keine erwiesene Kompetenz der taz als Zeitungsverlag ist. Insofern ist die taz als Bauherr von der Kompetenz und Zuverlässigkeit des nach Angaben der taz beauftragten Projektsteuerers abhängig.

Die Zeichner der stillen Gesellschaft beteiligen sich mit ihrem Kapital nicht direkt an dem taz-Neubau, sondern an der taz-Genossenschaft, die Eigentümerin des Gebäudes werden soll. Die Genossenschaft ist auch an anderen taz-Gesellschaften beteiligt oder hat diesen Geld geliehen. Aufgrund der taz-Unternehmensstruktur sind die Zins- und Rückzahlungen an die stillen Gesellschafter auch von der Entwicklung der gesamten taz-Gruppe abhängig – insbesondere von der Entwicklung des Zeitungsverlages (verkaufte Exemplare, Abos, Anzeigengeschäft, Online-Geschäft). Trotzdem hat der Neubau aufgrund seines hohen Investitions- und Finanzierungsvolumen eine überragende Bedeutung für die stillen Gesellschafter, da ein Scheitern des Neubau-Projektes in einer fortgeschrittenen Bauphase massive Auswirkungen auf die taz-Gruppe und insbesondere auf die taz-Genossenschaft haben könnte.

Grundsätzlich ist anzumerken, dass die den Interessenten von der taz zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht dem üblichen Standard für Kapitalanlageprodukte für Privatanleger entsprechen. Die Angaben in der Neubau-Broschüre sind teilweise ungenau. Zudem fehlen Risikohinweise fast vollständig. Allgemeine Aussagen zum Risiko des Neubaus schwanken in der Broschüre zwischen „kühner Plan“ und „sehr risikoarm“. Aufgrund der fehlenden Risikohinweise ist es möglich, dass es Risiken gibt, die für Außenstehende nicht erkennbar sind und daher in diesem ECOanlagecheck nicht aufgeführt sind.

Stärken
Erhalt von Fördermitteln für den Neubau
Grundstück für den Neubau unter Marktpreis erworben
Hoher Anteil an Eigenkapital (Genossenschaftsanteile)
taz-Gruppe mit stabiler Entwicklung in den letzten Jahren

Schwächen
Fertigstellungs- und Bauherrenrisiken
Bauherrenschaft ist keine Kernkompetenz der taz
Projektentwicklungsrisiko
Informationsbroschüre teilweise wenig aussagekräftig
Neubau-Verträge größtenteils noch nicht geschlossen


Fazit:

Finanziell


Die Einlage der stillen Gesellschafter soll mit mindestens 2,0 bzw. 2,5 Prozent pro Jahr verzinst werden. Aufgrund der hohen Verlustvorträge sind Gewinnbeteiligungen, die über der Mindestverzinsung liegen, derzeit nicht zu erwarten. Ein Zins von 2,0 bzw. 2,5 Prozent pro Jahr ist für den Eigenkapitalanteil einer Immobilienfinanzierung vergleichsweise wenig.


Nachhaltigkeit

Das geplante taz-Verlagshaus soll gemäß des vorliegenden Gebäudekonzeptes einen hohen Ökostandard erreichen und mit einem Passivhaus vergleichbar sein. Der stille Gesellschafter investiert aber nicht direkt in den Neubau, sondern in die taz-Genossenschaft. Daher gibt es hier neben der ökologischen Komponente auch eine gesellschaftliche Nachhaltigkeitskomponente: Die Vielfalt bei den Tageszeitungen in Deutschland nimmt ab, und die taz als unabhängiger Zeitungsverlag ist ein wichtiger Teil der Presse- und Meinungsvielfalt in Deutschland. Unter anderem fördert sie die für eine Demokratie wichtige gesellschaftliche Diskussion.

Foto: Die taz-Pfote ist das Emblem der tageszeitung. / Quelle: taz

ECOreporter.de-Empfehlung

Wem es nur oder zumindest vorrangig um die finanzielle Rendite geht, für den ist die Beteiligung als stiller Gesellschafter an der taz eG kaum geeignet. Wer sich dagegen auf die „politische Rendite“ bzw. auf ein unabhängiges Pressewesen fokussiert, für den kann diese Beteiligung eine sinnvolle Ergänzung zu den taz-Genossenschaftsanteilen sein.

Basisdaten

Anbieterin: taz eG, Berlin
Anlageform: Stille Gesellschaft
Emissionsvolumen: voraussichtlich ca. 6 Millionen Euro
Mindestzeichnungssumme: 1.000 Euro
Agio: 0 Prozent
Laufzeit: 5 Jahre oder 10 Jahre
Zinsen: mindestens 2,0 Prozent pro Jahr (bei 5 Jahren Laufzeit), mindestens 2,5 Prozent pro Jahr (bei 10 Jahren Laufzeit)
Einkunftsart: Einkünfte aus Kapitalvermögen
BaFin-Billigung: Nein
Handelbarkeit: Nein
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