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Unabhängige Analyse: Bürgerwindkraft Markt Taschendorf – geschlossene Beteiligung der Bürger und Bauern Windkraft Verwaltungs

In einen Windpark in Bayern investiert die Bürgerwindkraft Markt Taschendorf GmbH & Co. KG. Die zwei Anlagen sollen im Juni 2016 in Betrieb gehen. Anleger können sich ab 5.000 Euro beteiligen. Ein Agio gibt es nicht. Der ECOanlagecheck analysiert das Angebot.

Der Bürgerwindpark Markt Taschendorf entsteht auf dem Gebiet der gleichnamigen Gemeinde in Mittelfranken in Nordbayern. Die zwei geplanten Windenergieanlagen des Herstellers Vestas haben eine Nennleistung von jeweils 3,3 Megawatt. Derzeit sind die Fundamente für die beiden Anlagen im Bau (Stand: 26. April 2016). Die Inbetriebnahme ist für Juni 2016 geplant. Das Beteiligungsangebot richtet sich in erster Linie an die Bürger der umliegenden Gemeinden, kann aber von allen Anlegern mit Wohnsitz in Deutschland gezeichnet werden.

Initiatorin und Leistungsbilanz

Initiatoren des Beteiligungsangebotes sind die neoVIS Energie GmbH aus Landshut und die BBV Landsiedlung GmbH aus München. Die neoVIS Energie GmbH, 2011 gegründet, ist in den Bereichen Windenergie, Erdgas und Kraft-Wärme aktiv. Sie plant und initiiert Bürgerwindkraftanlagen und Gemeindewindparks. Unter anderem hat sie den Bürgerwindpark Denkendorf mit fünf Anlagen entwickelt, der seit 2014 in Betrieb ist, ebenso den Bürgerwindpark Pollendorf mit zwei Ende 2015 fertiggestellten Anlagen. Die BBV Landsiedlung GmbH ist ein Dienstleistungsunternehmen des Bayerischen Bauernverbandes und in den Bereichen Investitionsbetreuung, Flur- und Regionalentwicklung, ländliche Immobilien, Betriebs- und Energieberatung und Agrar- und Umweltplanung tätig. Der Bereich Erneuerbare Energien – insbesondere Photovoltaik und Windkraft – ist ein neues Geschäftsfeld der BBV Landsiedlung. Sie überlässt der Emittentin die Projektrechte inkl. der abgeschlossenen Pachtverträge und der Baugenehmigung. Eine Leistungsbilanz der beiden Initiatoren für den Bereich Windkraftbeteiligungen mit Soll-Ist-Vergleichen liegt nicht vor.

Die neoVIS Energie GmbH aus Landshut und die BBV Landsiedlung GmbH haben nicht nur gemeinsam die gesamte Projektplanung übernommen, sie stellen auch jeweils einen Geschäftsführer der Bürger und Bauern Windkraft Verwaltungs GmbH. Diese ist Anbieterin, Komplementärin, Geschäftsführerin und Gründungskommanditistin der Emittentin Bürgerwindkraft Markt Taschendorf GmbH & Co. KG. Zudem übernimmt neoVis Energie die technische Betriebsführung des Windparks Markt Taschendorf und BBV Landsiedlung dessen kaufmännische Betriebsführung.

Eigenkapitalhöhe und Platzierungsgarantie

Gesamtfinanzierungsvolumen: 9,1 Millionen Euro
Eigenkapitalvolumen: 2,73 Millionen Euro (30,0 Prozent)
Platzierungsgarantie: Nein
Fremdkapitalvolumen: 6,37 Millionen Euro (70,0 Prozent)

Der Platzierungsstand beträgt nach Angaben der Anbieterin rund 2,0 Millionen Euro (Stand: 26. April 2016).
Die Emittentin hat bei der Sparkasse Mittelfranken-Süd ein Darlehen über 6,37 Millionen Euro mit einer Laufzeit von 17 Jahren aufgenommen. Der vereinbarte Zinssatz beträgt nach Angaben der Anbieterin 2,05 Prozent pro Jahr und liegt somit unter dem im Prospekt kalkulierten Zins von durchgehend 2,5 Prozent. Für die Zeit nach der zehnjährigen Zinsbindung plant die Anbieterin nach eigenen Angaben derzeit den Abschluss eines Zinssicherungsgeschäfts (Zinsswap).

Nebenkosten
(in Prozent des Eigenkapitalvolumens ohne Agio)

Agio: 0 Prozent
Eigenkapitalvermittlung (ohne Agio): 1,5 Prozent
Konzeption und Prospekterstellung: 1,3 Prozent
Rechtsberatung und Notarkosten: 0,9 Prozent
Fremdkapitalvermittlung: 1,1 Prozent
Gesamtweichkosten: 4,8 Prozent

Die Weichkostenquote ist – im Vergleich zu der durchschnittlichen Weichkostenquote bei Windparkbeteiligungen – sehr gering.

Laufende Kosten

Wartung und Instandhaltung (pro Jahr, Durchschnitt): ca. 20.000 Euro/MW
Technische Betriebsführung (inkl. Anlegerbetreuung, erstes Jahr): 2.300 Euro/MW
Kaufmännische Betriebsführung (inkl. Anlegerbetreuung, erstes Jahr): 2.300 Euro/MW
Pacht (erstes Jahr): 6.700 Euro/MW
Kostensteigerung (pro Jahr, Kalkulation bei Wartung und Betriebsführung): 1,5 Prozent

Die vertraglich vereinbarten Vergütungen für die technische und kaufmännische Betriebsführung je MW liegen unter dem durchschnittlichen Kosten- bzw. Vergütungsniveau, das ECOreporter.de auf Grundlage der in den letzten zwölf Monaten analysierten Windparkbeteiligungen ermittelt hat. Die Pacht- und Wartungskosten liegen im marktüblichen Bereich. Die Wartung und Instandhaltung des Windparks übernimmt der Anlagenhersteller Vestas im Rahmen eines für 15 Jahren abgeschlossenen Vollwartungsvertrags. Nach Ablauf des Vollwartungsvertrages kalkuliert die Anbieterin mit gleichbleibend hohen Wartungs- und Instandhaltungskosten für die geplanten Betriebsjahre 16 bis 25. Diese Annahme ist tendenziell optimistisch, da die Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturkosten bei älteren Windenergieanlagen in der Regel steigen, so dass hier das Risiko von nicht einkalkulierten Mehrkosten besteht. Für die Direktvermarktung des Stroms im Rahmen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) sind in der Prognoserechnung Kosten von 0,115 Cent/kWh veranschlagt – umgerechnet rund 1.700 Euro/MW.

Laufzeit und Ausschüttungen

Laufzeit: unbefristet, bis zum 31. Dezember 2041 (Prognosezeitraum), erstmalige ordentliche Kündigungsmöglichkeit der Anleger zum 31. Dezember 2041, Auflösung der Emittentin erfordert 50-Prozent-Mehrheit der Gesellschafterversammlung und Zustimmung der Komplementärin
Gesamtausschüttung (Kalkulation): 213 Prozent (inkl. 100 Prozent Kapitalrückzahlung)
Ausschüttung durch Verkaufserlös (Kalkulation): 0 Prozent
Renditeprognose vor Steuern pro Jahr (IRR, Berechnung von ECOreporter.de auf Basis der Prospekt-Ausschüttungsprognose): 4,8 Prozent
Einkunftsart: Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Einkaufsfaktor (Gesamtkaufpreis/prognostizierte Stromerlöse pro Jahr): 10,6
Gesamtfinanzierung: 1.380 Euro/kW
Einspeisevergütung: 8,69 Cent/kWh

Der Einkaufsfaktor (Gesamte Anschaffungs- und Herstellungskosten für den Windpark/prognostizierte Stromerlöse erstes Jahr) liegt mit 10,6 deutlich über dem Marktniveau, das ECOreporter.de innerhalb des letzten Jahres bei Windpark-Beteiligungen ermittelt hat, obwohl die Gesamtfinanzierung – auch aufgrund der geringen Weichkosten – mit 1.380 Euro/kW sehr niedrig ist. Der Grund für den überdurchschnittlich hohen Einkaufsfaktor ist die kaufmännisch vorsichtige Ertragskalkulation der Anbieterin, die einen hohen Sicherheitsabschlag von den Stromertragsprognosen der Windgutachter vorgenommen hat. Unter Berücksichtigung eines durchschnittlich hohen Sicherheitsabschlages errechnet sich ein marktüblicher Einkaufsfaktor von 9,7. Ein günstiger Einkaufsfaktor von 9,1 ergibt sich, wenn zudem auch das Windgutachten mit dem höchsten Ertragswert in die Berechnung einbezogen wird.

Die geplante Laufzeit des Beteiligungsangebotes und damit die prognostizierte Betriebsdauer der Windenergieanlagen betragen nicht 20 Jahre sondern 25 Jahre. Nach Ablauf der EEG-Vergütung muss die Emittentin in den Betriebsjahren 21 bis 25 den erzeugten Strom voraussichtlich auf dem freien Strommarkt veräußern. Die Anbieterin kalkuliert hierfür mit einem Verkaufspreis von 8,69 Cent/kWh. Die Pachtverträge haben laut Prospekt eine Laufzeit von 25 Jahren plus einer Verlängerungsoption von fünf Jahren, so dass ein Verkauf oder ein Weiterbetrieb des Windparks nach 2041 grundsätzlich möglich sind.

Technik und Erträge

Bei den zwei Windenergieanlagen handelt es sich um den Typ Vestas V112 mit einer Nennleistung von jeweils 3,3 Megawatt. Die Nabenhöhe beträgt 140 Metern. Die mittlere Windgeschwindigkeit auf Nabenhöhe geben die Gutachter im Durchschnitt mit 5,8 Metern je Sekunde an.

Für den Windpark wurden drei Ertragsgutachten erstellt. Das Ertragsgutachten der Tüv Süd Industrie Service GmbH hat die Anbieterin vorsichtshalber für die Kalkulation nicht berücksichtigt, da es deutlich nach oben von den beiden anderen, später erstellten Gutachten abweicht. Der Mittelwert der Ertragsprognosen der Gutachter RSC GmbH (Dr. J. Guttenberger) und Geo-Net Umweltconsulting GmbH beträgt rund 11.770 MWh. Für die Prognoserechnung hat die Anbieterin einen allgemeinen Sicherheitsabschlag von rund 12,8 Prozent auf den gemittelten Gutachterwert (P 50-Wert) vorgenommen. Zudem berücksichtigt die Prospektkalkulation Verfügbarkeitsverluste von drei Prozent sowie elektrische Verluste von zwei Prozent, so dass der in der Prognoserechnung angesetzte Jahres-Energieertrag 9.672 MWh beträgt. Der Gesamt-Sicherheitsabschlag ist mit 17,8 Prozent weit überdurchschnittlich hoch und demzufolge der Stromertrag kaufmännisch vorsichtig kalkuliert.

Im allgemeinen Sicherheitsabschlag sind eventuelle Ertragsverluste aufgrund von möglichen Abschaltungen zur Schallreduktion im Nachtbetrieb enthalten. Die Ertragsgutachter haben den Ertragsverlust bei einem möglichen schallreduzierten Nachtbetrieb mit 2 Prozent angesetzt. Etwaige Abschaltzeiten aufgrund von Fledermausvorkommen sind laut Prospekt nicht gänzlich ausgeschlossen, werden aber erst nach einem zweijährigen Beobachtungszeitraum endgültig festgelegt.

Ökologische Wirkung

Mit der Strommenge von 11,7 Millionen kWh, die die Windenergieanlagen laut Gutachter-Mittelwert voraussichtlich pro Jahr erzeugen werden, können sich bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh rechnerisch rund 3.300 Haushalte jährlich versorgen. Die Einsparung an Kohlendioxid im Vergleich zur Stromgewinnung aus konventionellen Kraftwerken beträgt circa 7.000 Tonnen pro Jahr.

Die Anlagenstandorte des Windparks Markt Taschendorf liegen auf einer landwirtschaftlich genutzten Freifläche, so dass keine Waldflächen für den Windpark zu roden waren. Die energetische Amortisationszeit der Windenergieanlagen des Bürgerwindparks liegt bei weniger als zwölf Monaten. In dieser Zeit erzeugen die Windenergieanlagen die Energiemenge, die bei Herstellung, Transport und Wartung der Anlagen nötig ist. Zum Vergleich: Die energetische Amortisationszeit von Photovoltaik-Anlagen liegt in der Regel bei ein bis drei Jahren. Kohle- und Kernkraftwerke amortisieren sich aufgrund des dauerhaften Verbrauchs von fossilen Energieträgern als Brennstoff gar nicht.

Risiko

Die Bau- und Betriebsgenehmigung für die Windenergieanlagen des Windparks Markt Taschendorf sind am 20. Januar 2014 erteilt worden. Nach Angaben der Anbieterin gibt und gab es keine Klagen gegen die Genehmigung.
Die Inbetriebnahme der Windenergieanlagen ist laut Prospekt für Juni 2016 geplant. Nach Angaben der Anbieterin liegt der Bau derzeit im Zeitplan. Es besteht grundsätzlich das Risiko, dass sich der Bau und die Inbetriebnahme der Windenergieanlagen verzögern. Falls die Anlagen erst im dritten Quartal 2016 in Betrieb gehen, wird sich die EEG-Einspeisevergütung für den von diesen Anlagen erzeugten Windstrom voraussichtlich um 1,2 Prozent von 8,69 Cent/kWh auf 8,58 Cent/kWh verringern.

Ein wesentliches weiteres Risiko bei Windenergieanlagen besteht grundsätzlich darin, dass sie weniger Strom liefern können als prognostiziert. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Einspeisevergütungen rückwirkend gekürzt oder Steuern erhöht werden, wodurch ein rentabler Betrieb von Windenergieanlagen erschwert oder unmöglich gemacht werden kann. Laut EEG 2014 erhalten neu errichtete Windenergieanlagen keine Einspeisevergütung für den Zeitraum von negativen Strompreisen an der Strombörse. In den vergangenen Jahren ist das nur in geringem Umfang vorgekommen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass negative Strompreise zukünftig häufiger auftreten und damit zu höheren Ertragseinbußen bei der Emittentin führen.

Die Auflösung der Emittentin kann mit einfacher Mehrheit der Gesellschafter beschlossen werden. Allerdings bedarf die Auflösung laut Gesellschaftsvertrag der Zustimmung der Komplementärin, wenn die von der Emittentin betriebenen Windenergieanlagen samt Nebeneinrichtungen noch nicht vollständig zurückgebaut worden sind. Da nicht die Gesellschafter, sondern die Komplementärin als Geschäftsführerin  gesellschaftsrechtlich berechtigt ist, den Rückbau in die Wege zu leiten, können die Gesellschafter eine Auflösung der Emittentin faktisch nicht gegen den Willen der Komplementärin durchsetzen.
Die beiden Initiatoren des Beteiligungsangebotes, die das Windpark-Projekt geplant und die Projektrechte an die Emittentin veräußert haben, stellen auch die Geschäftsführung der Emittentin und übernehmen die Betriebsführung des Windparks. Zudem fungiert die Komplementärin auch als Anbieterin des Beteiligungsangebotes. Interessenkonflikte können aufgrund dieser Konstellationen nicht ausgeschlossen werden.

Stärken                    
Hoher Sicherheitsabschlag bei der Ertragskalkulation
Sehr niedrige Weichkostenquote
Darlehensvertrag abgeschlossen
Fremdkapitalzins niedriger als kalkuliert

Schwächen
Bau- und Inbetriebnahmerisiken
Potential für Interessenkonflikte

Chancen
Höherer Stromertrag als prognostiziert
Weiterbetrieb des Windparks nach 25 Jahren

Risiken
Geringerer Wind- und Stromertrag als prognostiziert



Fazit:

Finanziell


Der Bürgerwindpark Markt Taschendorf soll im Juni 2016 in Betrieb gehen. Derzeit verläuft die Bauphase plangemäß. Falls der Windpark erst im dritten Quartal 2016 ans Netz gehen sollte, wird sich die Rentabilität des Beteiligungsangebotes tendenziell voraussichtlich leicht reduzieren. Insgesamt ist die Renditeerwartung auch aufgrund der sehr niedrigen Weichkostenquote und des langen Prognosezeitraums marktüblich hoch. Die Emittentin kalkuliert kaufmännisch vorsichtig mit einem hohen Sicherheitsabschlag bei der Stromertragsprognose, so dass zusätzliches Renditepotential besteht.

Nachhaltigkeit
Die Windenergie an Land bietet auch in Bayern eine nachhaltige Form der Energieerzeugung – sowohl im ökologischen wie im volkswirtschaftlichen Sinne.

ECOreporter.de-Empfehlung

Das Beteiligungsangebot ist sorgfältig konzipiert und fußt auf einer kaufmännisch vorsichtigen Ertragskalkulation. Das Rendite-Risiko-Verhältnis des Beteiligungsangebotes ist angemessen.

Basisdaten

Anbieterin, Prospektverantwortliche und Komplementärin: Bürger und Bauern Windkraft Verwaltungs GmbH, München
Beteiligungsgesellschaft (Emittentin): Bürgerwindkraft Markt Taschendorf GmbH & Co. KG, München
Beteiligungsform: Direktkommanditist

Fondswährung: Euro
Gesamtfinanzierungsvolumen: 9,1 Millionen Euro
Eigenkapitalvolumen (ohne Agio): 2,7 Millionen Euro
Mindestzeichnungssumme: 5.000 Euro
Agio: 0 Prozent
Laufzeit: unbefristet, erstmalige ordentliche Kündigungsmöglichkeit der Anleger zum 31. Dezember 2041

BaFin-Billigung: Ja
Leistungsbilanz: Nein
IDW-Prospektprüfungsbericht: Nein
Mittelverwendungskontrolle: Nein
Sensitivitätsanalyse: Ja
Haftsumme: 100 Prozent der Einlage der Kommanditisten (Außenverhältnis), 100 Prozent (Innenverhältnis)
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