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Übernahme von SunPower durch Ölkonzern Total beflügelt Kurse von Solaraktien

Die Nachricht über eine spektakuläre Übernahme in der Solarbranche beflügelt heute die Kurse vieler Solaraktien. Die kalifornische SunPower Corporation, einer der größten Solarkonzerne weltweit, wird mehrheitlich vom französischen Ölkonzern Total übernommen. Darauf haben sich die beiden Unternehmen laut einer Mitteilung von heute früh verständigt. Demnach wird der Konzern mit Hauptsitz in Paris 60 Prozent der Aktien von Sunpower übernehmen und dafür knapp 1,4 Milliarden Dollar aufwenden. Je Aktie zahlt der Ölkonzern damit etwas mehr als 23 Dollar. Dieser Preis liegt mehr als 40 Prozent über dem Kurs, der in New York vor dem Übernahmeangebot verzeichnet wurde. Allerdings hat sich die Aktie von SunPower seit dem Börsencrash in 2008 und den dadurch angestoßenen Problemen für viele Solarhersteller enorm verbilligt. Vor drei Jahren kostete der Anteilsschein noch über 150 Dollar.

Doch auch wenn der Einstieg zum jetztigen Zeitpunkt für Total, die 2010 einen Nettogewinn von rund 14 Milliarden Dollar verbuchte, nahezu als Schnäppchen erscheint. Auf den ersten Blick ist der große Schritt der Franzosen ins Photovoltaikgeschäft schon eine Überraschung. Schließlich haben die Ölkonzerne BP und Shell, die vor Jahren in die Solarbranche eingestiegen sind, nach dem Börsencrash ihr Engagement in dem Sektor entweder eingefroren (BP) oder gar zurückgefahren (Shell). Dagegen kauft sich Total nicht nur bei SunPower ein, der Ölkonzern stellt den Amerikanern auch noch für die nächsten fünf Jahre Kredite im Umfang von einer Milliarde Dollar zur Verfügung. Diese Mittel sollen es dem Unternehmen erleichtern, seine Produktionskapazitäten auszubauen, in Forschung und Entwicklung zu investieren sowie weitere Solarparks umzusetzen.

Auf den zweiten Blick macht dieses Engagement aber durchaus Sinn, wie etwa John Hardy feststellt, Solaranalyst aus New York. Wenn Total sich jetzt ein starkes Standbein in der Photovoltaik aufbaue, sichere sich der Konzern gegen den immer deutlicher hervortretende Trend ab, dass zunehmend weniger Öl gefördert werden kann als nachgefragt wird und der Ölpreis daher so stark steigt, dass alternative Energien zwangsläufig an Bedeutung gewinnen. Die Atomkatastrophe in Japan verstärke diese Entwicklung noch. Mit SunPower steige Total bei einem sehr aussichtsreich positioniertem Marktakteur ein.

Die Kalifornier produzieren Solarzellen mit einer besonders hohen Leistungsstärke. Damit haben sie als Qualitätsanbieter zwar eine führende Rolle unter den Solarproduzenten weltweit erlangen können. Die aber wird durch den verschärften Wettbewerb von Konkurrenzen aus China zunehmend gefährdet. Denen stellt die chinesische Regierung über die staatseigenen Banken umfassende Mittel zur Verfügung, um ihre Produktion weiter ausbauen und auch qualitativ verbessern zu können. Sie senken so ihre Kosten und damit die Preise, bei zugleich steigender Qualität der Produkte. Diese Konkurrenz aus Fernost verstärkte zuletzt den Druck auf die Preise und Margen von SunPower, auch wenn das Unternehmen selbst in Asien produziert. Total stellt dem Solarkonzern die dringend benötigten Mittel zur Verfügung, um ähnlich stark investieren zu können wie die asiatischen Konkurrenten.

Zudem ist SunPower keinesfalls das erste Solarunternehmen, in das der Ölkonzern aus Frankreich investiert. Erst vor kurzem hat Total das Joint Venture Tenesol vollständig übernommen, das er sich zuvor mit dem französischen Energiekonzern EDF teilte. Ferner gehört Total die ebenfalls französische Photovoltech, ist an der US-amerikanischen Konarka beteiligt und an der Siliziumproduzentin AE Polysilicon, die den wichtigsten Rohstoff für die Produktion von Solarzellen herstellt. In dieses Portfolio fügt sich SunPower als führender Solarproduzent im großer Produktion und etablierten Vertriebswegen in Europa und Nordamerika perfekt ein. Zumal der Solarkonzern auch ein führender Projektierer von Solarparks ist, bereits in großem Umfang in Europa und den USA Photovoltaikprojekte umgesetzt hat. Dabei agiert er vor allem im Auftrag von finanzstarken Investoren wie Energiekonzernen. Im stark auflebenden Photovoltaikmarkt der USA kann allenfalls First Solar ähnliche Referenzen bei großen Solarprojekten vorweisen. Zudem dienen diese Projekte als Absatzvehikel für die eigenen Solarprodukte, garantieren also eine solide Auslastung der konzerneigenen Produktion. So gesehen hat sich Total mit SunPower und den übrigen Beteiligungen nahezu eine vollständige solare Wertschöpfungskette eingekauft und kann nun zu den größten Akteuren im internationalen Solarmarkt zählen.

Dass der Einstieg bei SunPower kein Schnellschuss war, hat Tom Werner, der Chef des Solarkonzerns, indirekt bestätigt. Ihm zufolge wurde bereits seit einem Jahr über den Einstieg der Franzosen verhandelt. Total hat laut Philippe Boisseau, der bei Total die Energiesparte des Konzerns leitet, über Jahre hinweg den Markt sondiert und dabei rund 200 Solarunternehmen unter die Lupe genommen, ehe die Entscheidung für SunPower fiel.

Die Aktie von SunPower hat sich nach Bekanntgabe des Übernahmeangebots um über 40 Prozent verteuert. Doch auch andere Solaraktien legten kräftig zu. Bis heute Mittag gewannen vor allem in den USA börsennotierte Papiere deutlich an Wert, der Solarausrüster GT Solar oder die Modulproduzenten Canadian Solar und JA Solar zum Beispiel um über acht Prozent. Bei den deutschen Solaraktien lagen Conergy und SolarWorld mit einem Plus von über sechs Prozent vorne.

Dahinter steckt offenbar die Annahme vieler Investoren, dass weitere Übernahmen in der Solarbranche anstehen. Davon gehen etwa Experten der UBS und der Credit Suisse aus. Sie verweisen darauf, dass die Aktien vieler etablierter Hersteller derzeit recht günstig zu haben sind. Zudem gebe es in der Branche wegen notwendiger Investitionen weiter einen hohen Kapitalbedarf. Die internationale Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers (PwC) geht davon aus, dass in dem Bereich der Erneuerbaren Energien insgesamt die Fusionen und Übernahmen (Mergers and Akquisitions, M&A) zunehmen werden. Es sei absehbar, dass die großen Versorger in vielen Ländern ihren Energiemix zu Gunsten der Erneuerbaren Energien verändern werden, sagt dazu Manfred Wiegand, Partner und Global Utilities Leader bei PwC.

Ein Signal für diesen Trend ist, dass führende Energieversorger jetzt ihre Grünstromtöchter wieder ganz an sich ziehen, die sie vor Jahren an die Börse gebracht haben. So bietet gegenwärtig die spanische Iberdrola den übrigen Anteilseignern der Iberdrola Renovables den Rückkauf der Aktien an (wir Opens external link in new windowberichteten). Iberdrola Renovables ist mit einer Gesamtkapazität von 12.500 Megawatt (MW) der größte Windenergieerzeuger weltweit. Vor der Komplettübernahme seiner Grünstromtochter EDF Energies Nouvelles steht auch der französische Energiekonzern EDF. Bislang hielt er nur die Hälfte des Erneuerbaren-Energien-Unternehmens. Die Aktionäre der übrigen 50 Prozent haben das Übernahme-Angebot bereits akzeptiert (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu unserem Bericht darüber).
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