Erneuerbare Energie

Überfordert? - TenneT schlägt Alarm wegen des Stromnetzausbaus für Hochsee-Windkraft

Der niederländische Staatskonzern TenneT ist für die deutsche Windkraftproduktion auf See ein Schlüsselakteur. Er soll laufende und kommende Offshore-Windvorhaben in der deutschen Nordsee ans Stromnetz anschließen und das gesamte Übertragungsnetz für diesen Teil der Energiewende fit machen. Mit dieser Aufgabe scheint der Stromnetzbetreiber überfordert. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Arnheim, mahnte nun in einem Brief an das Bundeswirtschaftsministerium vor dem Scheitern der Energiewende. „Investitionsvolumina von mehr als 15 Milliarden Euro für Offshore-Netzanschlüsse so wie künftige ins Overlay-Netz können nicht von einem  einzigen Übertragungsnetzbetreiber geschultert werden“, schreibt TenneT darin zur Begründung.

Die „Overlay“-Stromnetztechnologie ist in der Lage, mit hoher Spannung Gleichstrom zu transportieren. Sie kann deshalb große Strommengen wesentlich verlustfreier über weite Strecken transportieren als die gängigen Wechselstromleitungen. Daher gelten Overlay-Netze als so genannte Stromautobahnen und damit als die geeignete Technologie, um Hochseewindparks an das Stromnetz anzuschließen.

Weil TenneT nunmehr der Meinung ist, „dass die Errichtung von Anschlussleitungen für Offshore-Windparks in der Nordsee in der bisherigen Geschwindigkeit und Form nicht länger möglich ist“, schlägt das Unternehmen nun vor, eine Deutsche Netz AG zu gründen, in der die einzelnen großen Netzbetreiber diese Aufgabe künftig gemeinsam übernehmen sollen. Das neue Unternehmen soll den Ausbau der Hochsee-Windkraft anhand eines zehn Jahresplans verbindlich planen.

Die Bundesregierung plant, die Offshore-Windkraft zu einem Zugpferd der deutschen Energiewende zu machen. Weil es aber bei Genehmigungen und Anschlüssen derzeit bei einigen großen Nordsee-Windkraftprojekten zu  massiven Verspätungen kommt, droht der Offshore-Ausbau zur teuren Hängepartie zu werden (ECOreporter.de Opens external link in new windowberichtete). Wegen der langwierigen Genehmigungsvorgänge und langer Wartezeiten bis zum tatsächlichen Stromnetzanschluss, hatten jüngst auch die auf diesem Markt tätigen Großkonzerne wie E.on und RWE lautstark Kritik geübt (mehr dazu lesen Sie Opens external link in new windowhier). 

Prekär: Wer für derartige Verspätungen oder eventuell komplett fehlende Anschlüsse haftet, ist laut TenneT rechtlich nicht eindeutig geklärt. „Es bedarf einer Klarstellung durch den Gesetzgeber. Die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium erkennen dies an. Die Klarstellung durch den Gesetzgeber sollte so schnell wie möglich erfolgen“, so TenneT. Unter Netzbetreibern und Branchenvertretern stößt der Vorschlag von TenneT auf wenig Gegenliebe. Andere Netzbetreiber verweisen darauf, dass jeder Betreiber dazu verpflichtet ist, in seinem Zuständigkeitsberiech die nötigen Baumaßnahmen zu leisten. Kritik bekommt TenneT auch vom Bundesverband Windenergie: Die Offshore-Pläne der Bundesregierung seien seit langem bekannt. Daher sei es nicht gerechtfertigt, „jetzt so zu tun als ob das alles überraschend käme“, wird der Bundesverbandschef Hermann Albers von der Süddeutschen Zeitung zitiert.

Willi Balz, Chef des Offshore-Windkraftprojektierers Windreich AG ist ein Befürworter der TenneT-Vorschläge. Die Windreich AG werde jede Beschleunigungsinitiative von TenneT „partnerschaftlich unterstützen“, teilt er mit. Die laufende Netzanschlussdiskussion betreffe hauptsächlich „Nachzügler, also die großen Stromkonzerne“. Die drei Nordsee-Großprojekte Global Tech I, MEG 1 und Deutsche Bucht von Windreich mit je 400 Megawatt geplanter Leistungskapazität warten derzeit auf den Netzanschluss durch TenneT. Diese Vorhaben würden „nahezu pünktlich“ angeschlossen werden können, so Balz. Für seine Offshore-Vorhaben wirbt die Windreich AG über Anleihen auch bei Privatanlegern Geld ein. ECOreporter.de hat dieses Beteiligungsangebot einem Opens external link in new windowECOanlagecheck unterzogen.

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