Tomorrow will sich frisches Kapital über die Crowd besorgen. / Foto: Tomorrow

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Tomorrow Crowdinvesting 3 – sind 15 % Rendite pro Jahr realistisch?

Die Tomorrow GmbH aus Hamburg bietet Finanzdienstleistungen über das Smartphone an. Dieses sogenannte „Smartphone-Banking“ verbindet sie mit nachhaltigen Elementen. Zur Finanzierung benötigt das Unternehmen weiteres Kapital. Anlegerinnen und Anleger können ab 100 Euro Genussrechte zeichnen. Eine zweistellige Rendite pro Jahr bei einer Laufzeit von zehn Jahren ist nach Einschätzung von Tomorrow möglich. Wie läuft es derzeit geschäftlich für das Unternehmen? Wie steht es mit den Risiken?

Anbieterin und Emittentin der Genussrechte ist die 2018 gegründete Tomorrow GmbH aus Hamburg. Das Unternehmen ist keine Bank, sondern ein sogenannter Banking-Anbieter. Geschäftstätigkeit der Emittentin ist die Entwicklung und der Betrieb von Internet-Plattformen und Mobile-Apps sowie technische Dienstleistungen. Tomorrow verbindet die Themen “Mobile Banking“ und “Nachhaltige Finanzen“. Das Unternehmen bietet in Zusammenarbeit mit einem Bankinstitut, der Berliner SolarisBank, Smartphone-Banking für private Kundinnen und Kunden an.

Girokonto nicht mehr kostenlos, erster Aktienfonds

Der Fokus in den ersten Jahren der Emittentin lag laut Anlagebroschüre (Stand: 3.11.2022) auf der Entwicklung eines digitalen und nachhaltigen Girokontos. Es gibt drei Kontomodelle, die inzwischen nicht mehr kostenlos angeboten werden: „Now“ (3 Euro pro Monat), „Change“ (7 Euro pro Monat) und „Zero“ (15 Euro pro Monat). Die Einlagen der Kundinnen und Kunden werden nach Angaben von Tomorrow ausschließlich in nachhaltige Projekte und Institutionen (Green Bonds und Social Bonds) investiert. Mit „Zero“ unterstützen Kundinnen und Kunden laut Anlagebroschüre zudem die langfristige Renaturierung von Ökosystemen, innovative Technologien und klimapolitische Arbeit.

Im Oktober 2022 hat Tomorrow zusammen mit Partnern den nachhaltigen Aktienfonds Tomorrow Better Future Stocks auf den Markt gebracht (ECOreporter wird in Kürze einen Test des Fonds veröffentlichen). Weitere Fondsangebote und andere Produkte sind nach Angaben der Emittentin in der Entwicklung.

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Token und Handelbarkeit

Die Genussrechte „Tomorrow Crowdinvesting 3“ haben ein Emissionsvolumen von insgesamt 8 Millionen Euro. Die Vermittlung erfolgt über die Plattform wiwin. Nach Angaben von wiwin soll die Platzierung am Dienstag, den 15. November 2022, starten. Für die Verwahrung der tokenbasierten Genussrechte benötigen Anlegerinnen und Anleger eine sogenannte Wallet. Die tokenbasierten Genussrechte werden laut Basisinformationsblatt (BIB, Stand: 27.10.2022) nicht an einer Börse gehandelt.

Die tokenbasierten Genussrechte können laut BIB durch Abtretung ab November 2023 auf Dritte übertragen werden. Die Übertragung setzt zwingend die Übertragung der Token über die Blockchain voraus und ist den Angaben nach beschränkt auf Personen, die sich und ihre Wallet-Adresse zuvor im Online-Portal der wiwin GmbH registriert haben. (Nähere Informationen zu tokenbasierten Wertpapieren und damit verbundenen Risiken erhalten Sie hier.)

Laufzeit

Die Laufzeit der nachrangigen, tokenbasierten Genussrechte endet mit Ablauf des 14. November 2032. Sie endet vorher, wenn ein sogenanntes Exitereignis (z.B. Börsengang) eintritt. Anlegerinnen und Anleger können die Genussrechte unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zehn Monaten ab dem 15. November 2027 ordentlich kündigen.

Die Rückzahlung der Genussrechte erfolgt laut BIB entweder zum Basisrückzahlungsbetrag oder zum Exitbetrag. Dabei entspricht der Basisrückzahlungsbetrag dem Stückpreis des Genussrechts zuzüglich eines jährlichen Zinses von 5 Prozent, der gemeinsam mit dem Rückzahlungsbetrag am Ende der Laufzeit gezahlt wird. Der Exitbetrag bietet hingegen eine zusätzliche Gewinnbeteiligung, die sich an einem etwaigen Exitergebnis der Tomorrow-Gesellschafter bemisst.

Gewinnabhängige Rendite

Die eingezahlten Genussrechte sind ab dem Tag der Einzahlung bis zum Tag der Rückzahlung jährlich und anteilig an den Jahresergebnissen der Emittentin beteiligt. Dieser Gewinnanteil bemisst sich dabei an der Höhe der Dividende, die Tomorrow an seine Gesellschafter ausschüttet.

Im BIB sind Performance-Szenarien dargestellt. Im optimistischen Szenario ergibt sich für Anlegerinnen und Anleger eine jährliche Durchschnittsrendite von 14,69 Prozent bei einer Haltedauer der Genussrechte von zehn Jahren. Im mittleren Szenario und selbst im optimistischen Szenario erhalten die Anlegerinnen und Anleger laut BIB keine Dividenden. Die Szenarien gehen aber von einem Exit (Share Deal) der Emittentin während der Laufzeit der Genussrechte aus, bei dem Tomorrow im Falle des mittleren und optimistischen Szenarios unterschiedliche Kaufpreise angesetzt hat.

Im sogenannten "Stressszenario" und im pessimistischen Szenario werden im BIB jeweils eine Insolvenz der Emittentin angenommen mit dem Ergebnis Totalverlust (Stressszenario) beziehungsweise Teiltilgung der Nachrangdarlehen (pessimistisches Szenario).

Hohe Verluste

Die Tomorrow GmbH hat laut ihrem Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2020 einen Jahresfehlbetrag von rund 7,2 Millionen Euro bei einer Bilanzsumme von rund 8,6 Millionen Euro verzeichnet. 2019 betrug der Jahresfehlbetrag rund 3,2 Millionen Euro. Der Jahresabschluss der Emittentin für das Geschäftsjahr 2021 ist noch nicht im Unternehmensregister veröffentlicht (Stand: 9.11.2022).

In der Anlagebroschüre weist die Emittentin für das Geschäftsjahr 2021 einen Verlust von rund 16,0 Millionen Euro aus. Für die ersten acht Monate 2022 nennt die Emittentin in der Anlagebroschüre einen Verlust von rund 12,6 Millionen Euro. Die Umsätze lagen laut Anlagebroschüre 2020 bei rund 0,4 Millionen Euro, 2021 bei rund 1,6 Millionen Euro und 2022 (bis August) bei rund 2,9 Millionen Euro.

Tomorrow braucht höhere Umsätze

Tomorrow hat nach eigenen Angaben im Herbst 2021 damit begonnen, neue „UmsatzFeatures auszurollen“ und Maßnahmen für mehr finanzielle Stabilität in 2022 noch einmal erweitert. Dies wird sich nach Einschätzung des Unternehmens mit der Umstellung auf kostenpflichtige Kontomodelle in den Zahlen ab Oktober 2022 deutlich zeigen.

Zudem hat die Emittentin laut Anlagebroschüre interne und strukturelle Anpassungen vorgenommen, die ihrer Einschätzung nach die monatlichen Ausgaben im zweiten Halbjahr 2022 im Vergleich zur ersten Jahreshälfte voraussichtlich um 28 Prozent verringern werden. Im dritten Quartal 2022 hatte Tomorrow nach eigenen Angaben 116 Mitarbeitende.

Nach der Umstellung auf Bezahlkonten für neue Kundinnen und Kunden ist das Wachstum der Emittentin in 2022 abgeflacht. Mit der nun erfolgten Umstellung auf Bezahlmodelle auch für bestehende Konten ist die Zahl der Kundinnen und Kunden zunächst zurückgegangen. Derzeit liegt sie laut Anlagebroschüre (Stand: 3.11.2022) bei über 114.000. Im dritten Quartal 2022 waren es noch über 125.000. Die Einlagen der Kundinnen und Kunden erreichten laut Anlagebroschüre im zweiten Quartal 2022 mit rund 393 Millionen Euro ihren bisherigen Höchststand.

Hohe Risiken

Die nachrangigen, tokenbasierten Genussrechte beinhalten einen Rangrücktritt und eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre. Tomorrow befindet sich in einer frühen Unternehmensphase und hat bislang hohe Verluste verzeichnet. Das Unternehmen wird gemäß den Angaben im Jahresabschluss 2020 voraussichtlich auch in den nächsten Jahren Verluste erwirtschaften und ist daher auf die Unterstützung durch Investoren, Gesellschafter, Banken oder sonstige Geldgeber angewiesen. Es besteht das Risiko, dass die Emittentin nicht ausreichend Liquidität erhält und die Gewinnzone gar nicht erreicht.

Die wirtschaftliche Zukunft von Tomorrow kann von mehreren Einflussgrößen abhängen. Dazu zählen unter anderem: Kundenwachstum, Einhaltung geplanter Kostenrahmen, Erfolg von Marketingmaßnahmen, Entwicklungen von Software und Produkten, Zahlungs- und Leistungsfähigkeit von Kunden und Vertragspartnern, Inflations- und Zinsentwicklungen, Veränderungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen (Bankenaufsicht, Fintech-Regulierung), technologische Entwicklungen.

Es kann zudem zu einem Markteintritt von Konkurrenten und somit zu einem verstärkten Wettbewerb kommen. Kapitalstärkere Unternehmen wie z.B. etablierte Banken, die auch Banking-Apps anbieten und diese weiterentwickeln, können den Wettbewerbsdruck für Tomorrow erhöhen und die Nachfrage nach Produkten des Unternehmens senken.

Insgesamt besteht für Anlegerinnen und Anleger ein erhebliches Risiko, dass sie ihr eingesetztes Kapital vollständig verlieren.

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