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Nachhaltige Aktien, Meldungen, Fonds / ETF
Technisch hui aber ethisch pfui? – Die Umweltaktie der Andritz AG in grünen Fonds
Der österreichische Technologieriese Andritz AG hat zwei Gesichter: Das Börsenunternehmen aus Graz entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer der weltweit führenden Anbietern von Umwelttechnik in den Bereichen Wasserkraft und Bioenergie. Als solche wurde die Andritz AG mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Europäischen Umweltpreis für innovative Produkte. Dies dürfte die Andritz-Aktie in zahlreiche Nachhaltigkeits- und Umwelt-Themenfonds gebracht haben, darunter Fonds der schweizerischen Swisscanto und UBS sowie der deutschen Deka Bank, die Investmentfonds für die Sparkassen auflegt und vertreibt.
Gleichzeitig steht der österreichische Weltkonzern mit mehr als 16.000 Beschäftigten seit Jahren schwer in der Kritik von Nichtregierungsorganisationen (NGO, Non-Governmental Organizations). Diese sehen die Andritz-Gruppe als „treibende Kraft für Globalisierung im schlimmsten Sinn“, bei dem der Profit allem anderen übergeordnet sei. Mit dieser Begründung war die Andritz AG 2010 für den Schmähpreis Public Eye Award nominiert (mehr zu dem Preis erfahren Sie


Bildnachweis: Protestaktion von Global 2000, Greenpeace und anderen NGO gegen die Andritz AG in Graz. / Foto: Global 2000
Das Bild der Nachhaltigkeitsleistung der Umwelttechnik-Spezialistin Andritz bekommt allerdings noch weitere Kratzer: Der österreichische Technologiekonzern ist auch Zulieferer der Atomindustrie und immer wieder auch in totalitären Staaten wie beispielsweise dem Iran aktiv, wo Andritz eine Vertretung unterhält. Kürzlich meldete Andritz den Auftrag zur Umrüstung eines Wasserkraftwerks mit 178 MW Leistungskapazität aus der Demokratischen Republik Kongo, wo seit Jahren ein blutiger Bürgerkrieg herrscht.
Der Nachhaltigkeitsfonds Swisscanto Equity Fund Water Invest B (ISIN LU0302976872) investiert laut seines Kriterienkatalogs nur in Unternehmen, die sich dem Umweltschutz, ethischen beziehungsweise sozialen Werten und einer nachhaltigen Wirtschaftsweise verpflichten. Dabei verfolgt das Fondsmanagement den Best-In-Class-Ansatz. Investierbar für diesen Wasserfonds sind also nur Aktien von Unternehmen, die die verantwortliche Nachhaltigkeitsrating-Agentur Inrate aus Zürich als Nachhaltigkeitsführer ihrer Branche identifiziert. Unter anderem gegenüber Atomkraft-Unternehmen fährt der Fonds demnach eine Null-Toleranzstrategie. Das heißt, Unternehmen die Umsätze aus Atomkraft oder aus Dienstleistungen im Zusammenhang mit Atomkraft machen, sind für den Fonds nicht investierbar.
Dennoch setzt der Fonds stark auf Andritz-Aktien. Aktuell (Stand 23. März 2012) zählt die Aktie mit 3,5 Prozent Anteil zu den zehn größten Positionen im Portfolio. Wie passt das zusammen? „Unsere Nachhaltigkeitsanalyse zeigt uns, dass bei Andritz kein Verstoß gegen unsere Nachhaltigkeitskriterien vorliegt“, sagt Marion Swoboda, Leiterin des Nachhaltigkeitsresearch bei Swisscanto. Das gelte sowohl für das Engagement der Andritz-Wasserkraftsparte an Großprojekten wie Belo Monte oder Ilisu als auch für Geschäfte mit Atomkraftunternehmen: „Ausgeschlossen sind Unternehmen, die mit der Entwicklung Planung, oder dem Bau beziehungsweise Betrieb von Kernkraftwerken zu tun haben; ebenso Betreiber von atomaren Endlagern oder Uranbergwerken und Hersteller von Brennelementen“, erläutert Swoboda. Hersteller von Einzelteilen, die auch in anderen Bereichen zum Einsatz kämen, so wie es bei Kühlpumpen von Andritz der Fall sei, seien hingegen investierbar. „Auf unsere Anfrage bestätigte Andritz, dass das Unternehmen seit mehr als 40 Jahren Pumpentechnologie für verschiedene Industrien liefert, unter anderem für thermische Kraftwerke“, so Swoboda weiter. Der Umsatz, den Andritz mit Hauptkühlpumpen für Atomkraftwerke erziele, sei „verschwindend gering“, sagt sie.
Als Zulieferer von Großprojekten wie Belo Monte oder Ilisu habe Andritz keinen direkten Einfluss auf deren Nachhaltigkeit. Daher falle dieses bei der Nachhaltigkeitsanalyse nicht so stark ins Gewicht, wie es bei den Betreibern selbst oder den finanzierenden Banken der Fall wäre, erklärt Swoboda gegenüber ECOreporter.de. „Letztere können die Finanzierungsbedingungen direkt beeinflussen, damit ökologische und soziale Auswirkungen minimiert werden“, argumentiert die Expertin von Swisscanto. Andritz selbst prüfe Großaufträge daraufhin, ob soziale und ökologische Mindeststandards gegeben seien und habe aus diesem Grund schon Aufträge abgelehnt. „Natürlich sehen wir Verbesserungspotenzial im Bereich dieser sozialen und ökologischen Richtlinien von Andritz, beispielsweise in Form eines stärkeren Bekenntnisses zur sozialen und ökologischen Verantwortung in einem Positionspapier oder Leitbild“, räumt die Nachhaltigkeitsanalystin ein. Nach einem Dialog mit dem Unternehmen und der Auswertung verschiedener Studien und Gutachten seien die verantwortlichen Nachhaltigkeitsanalysten jedoch zu dem Schluss gekommen, das kritisierte Engagement von Andritz sei „vertretbar“.
Auch im Bezug auf Menschenrechtsverletzungen oder Korruption gebe es aktuell keine bekannten Verstöße gegen Swisscanto-Nachhaltigkeitskriterien. Andritz liefere seine Technologie ausschließlich in Länder, die von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt seien. Die Aktivitäten im Iran verstießen nicht gegen die jüngst verschärften EU-Sanktionen gegen Iran, betont Swoboda. „Der zentrale Punkt warum wir in Andritz investiert sind, ist folgender: Andritz generiert mehr als 50 Prozent des Umsatzes aus dem Verkauf führender Technologien, mit denen grüne Energie gewonnen wird.“ Dazu zähle die gesamte Wasserkraftsparte, die Produktion von Biomassekesseln, die aus Holzabfällen Strom generierten oder auch Pellettrocknungs- und Reinigungssysteme, die Andritz ebenfalls baue, führt Swoboda aus.
Ebenfalls stark auf Wasseraktien und den Beteiligungsschein der Andritz AG setzt der UBS (Lux) EF Global Innovators (EUR) P-acc (ISIN LU0130799603). Dem aktuellen Faktenblatt zum Fonds zufolge ist die Andritz Aktie mit 3,28 Prozent hier sogar größte Position im Portfolio. Neben Umwelttechnik-Aktien aus verschiedenen Branchen investiert der UBS (Lux) EF Global Innovators aktuell auch in Dienstleister aus dem Gesundheitswesen. Die Nachhaltigkeitskriterien des Fonds ähneln denen des Swisscanto-Fonds. Im Bereich Atomkraft sind lediglich Betreiber komplett tabu. Alle anderen Marktakteure, die nicht mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes in diesem Segment erzielen, gelten als investierbar. Gegenüber ECOreporter.de wollte das Fondsmangement sein Investment nicht kommentieren.
Der Umwelt-Themenfonds Deka UmweltInvest (ISIN DE000DK0ECS2) der Deka Bank setzt ebenfalls stark auf die Andritz-Aktie, wie ein Sprecher der Initiatorin gegenüber ECOreporter.de bestätigte. „Der Deka-UmweltInvest ist kein dezidierter Nachhaltigkeitsfonds und das Management verfolgt deshalb keine entsprechend harten Ausschlusskriterien“, stellt die Deka Bank klar. „Als Auswahlkriterien dienen daher vor allem die Kapitalaussichten des Unternehmens“, heißt es. Dennoch würden die Investmentkandidaten für den Fonds Einzelfallprüfungen unterzogen. Hersteller von Streubomben seien für Publikumsfonds der Deka Bank beispielsweise generell tabu.