Erneuerbare Energie

Studie: Weltweiter Bioenergie-Ausbau notwendig, aber riskant

Aus Pflanzen gewonnene Energie hat das Potenzial, bis zum Jahr 2050 ein Fünftel des weltweiten Bedarfs an Strom und Wärme zu decken. Dies jedoch nur, wenn die Anbauflächen für die Rohstoffe massiv ausgeweitet werden – zu Lasten der Natur. So lautet das Ergebnis einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), „die erstmals das Potenzial und die Risiken der Energiegewinnung aus Biomasseplantagen in einer aufwändigen biogeochemischen Computersimulation ermittelt“, wie der Leitautor Tim Beringer erklärt.

Demzufolge würde sich die vom Menschen genutzte Landfläche je nach Szenario um zehn bis dreißig Prozent gegenüber dem heutigen Wert vergrößern, die nötige Bewässerung könnte sich im Extremfall verdoppeln.


Dennoch: „Zahlreiche Studien zeigen, dass ohne Energie aus Biomasse ambitionierte Klimaschutzziele kaum erreichbar sind“, sagt der PIK-Forschungsbereichsleiter Wolfgang Lucht. Die Erderwärmung auf zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, mit einem Ausstieg aus den fossilen Energien, erfordere wohl unvermeidbar 20 Prozent Bioenergie.


Speziell zur Biomasseproduktion angelegte Plantagen mit schnell wachsenden Pflanzen könnten nach Einschätzung der Wissenschaftler zukünftig eine besonders große Rolle spielen. Bestehende Studien zu deren Potenzial seien jedoch „vielfach zu optimistisch“ und vernachlässigten die Umweltkosten, sagt Lucht. Oft werde davon ausgegangen, dass Produktivitätssteigerungen der Bauern so stark ausfallen könnten, dass bedeutende Ackerflächen für den Anbau von Energiepflanzen frei würden. Dies vernachlässige aber, dass der Nahrungsbedarf wachse – und zugleich beispielsweise Wasserknappheit vielerorts intensive Landwirtschaft erschwere.


Die Studienautoren gehen davon aus, dass die Weltbevölkerung bis Mitte des Jahrhunderts auf zwei Milliarden Menschen anwachsen wird. Mit Blick auf dieses Bevölkerungswachstum haben die Forscher Felder und Weiden, die für die Lebensmittelproduktion gebraucht werden von den Berechnungen ausgeklammert. Ausgenommen wurden zudem Gebiete unberührter Wildnis oder hoher Artenvielfalt sowie jene Wälder und Moore, die große Mengen Kohlendioxid die auf natürliche Weise  binden. Für die gesamte Erdoberfläche wurden die Wachstumsbedingungen von Gewächsen wie Pappeln, Eukalyptus oder Präriegräsern analysiert – also von Energiepflanzen der so genannten zweiten Generation, nicht der ersten Generation, etwa Feldfrüchte wie Mais oder Raps.


Die Computersimulation zeigt die räumliche Verteilung der nach diesen Kriterien möglichen Anbaugebiete. In diesen Gebieten wäre die Produktion von Bioenergie zwar umweltverträglicher als an anderen Orten. Jedoch würden von der Flächenumwandlung auch sensible Gebiete betroffen sein wie etwa in Südamerika die Feucht-Pampa, heißt es in der Untersuchung.


Das Forschungsprojekt wurde vom Forschungsverbund der Leibniz-Gemeinschaft finanziert. Dessen Ergebnisse  sind in der Fachzeitschrift ‚Global Change Biology - Bioenergy’ erschienen.
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