Kohlebagger: Viele Banken reduzieren laut der neuen Studie zwar ihre Kohlefinanzierungen - pumpen aber mehr Geld in Öl- und Gasförderprojekte. / Foto: Pixabay

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Studie: Großbanken finanzieren immer mehr Öl, Gas und Kohle - trotz Klimakrise

Die Klimawissenschaft fordert einen raschen Abzug von Geldern aus den fossilen Energien. Dennoch pumpen führende Banken immer mehr Geld in die klimaschädliche Öl-, Gas- und Kohleindustrie. Das ist das Ergebnis der Studie "Banking on Climate Change 2020".

Mit insgesamt 2,7 Billionen US-Dollar haben laut der "Banking on Climate Change"-Studie Banken seit 2016 führende Kohle-, Öl- und Gas-Unternehmen finanziert. Zwar würde die Finanzierung von Kohle zurückgehen, aber die finanzielle Unterstützung neuer Gas- und Ölprojekte würde dafür zunehmen, stellt die Studie fest. 2016 hätten Banken an die Öl- und Gasindustrie Kredite in Höhe von 640 Milliarden US-Dollar vergeben, 2019 waren es bereits 736 Milliarden US-Dollar.

35 führende Banken untersucht

Die Studie haben mehrere Umweltschutzorganisationen gemeinsam erstellt, darunter die US-Organisationen Rainforest Action Network, Indigenous Environmental Network, Oil Change International und Sierra Club sowie BankTrack aus den Niederlanden und Reclaim Finance aus Frankreich. Die deutsche Organisation urgewald hat mit ihrer Kohlefinanzierungs-Datenbank Global Coal Exit List die Arbeit an der Studie unterstützt. 

Für die Studie haben die beteiligten Organisationen die Kredite und die Klimaschutzrichtlinien von 35 führenden Banken aus Kanada, China, Europa, Japan und den USA untersucht. Aus Deutschland haben die Studienautoren die Deutsche Bank und die Commerzbank unter die Lupe genommen.

JPMorgan Chase größter Finanzierer für fossile Energien

Die US-Bank JPMorgan Chase ist laut den Studienautoren mit großem Abstand der weltweit größte Geldgeber für fossile Energien. Insgesamt habe die Bank im Untersuchungszeitraum 269 Milliarden US-Dollar in die fossile Energiewirtschaft gepumpt und ihre Finanzierung expandierender Öl- und Gas-Unternehmen zwischen 2018 und 2019 um mehr als 15 Prozent erhöht.

Auf JPMorgan Chase folgen laut der Studie die US-Banken Wells Fargo, Citi und Bank of America als nächstgrößte Geldgeber. Der wichtigste europäische Finanzierer war über den gesamten Untersuchungszeitraum gesehen Barclays aus Großbritannien. BNP Paribas aus Frankreich hat – entgegen der eigenen Klimaschutzversprechen – laut der Studie im letzten Untersuchungsjahr 2019 die meisten Gelder aus der EU für fossile Energien vergeben.

Mehr Druck auf Finanzindustrie – Großbanken reagieren zaghaft

"Aktuell stehen die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Auswirkungen zu Recht im Vordergrund des öffentlichen Interesses, und das möglicherweise noch für einige Zeit. Der Klimawandel bleibt jedoch eine existenzielle Bedrohung, die ebenso wie das Coronavirus ein beispielloses globales Handeln in Solidarität mit den Schwächsten erfordert", schreiben die Studienautoren. "Wir glauben, dass die Daten und Analysen in diesem Bericht nützlich sein werden, um dieser Bedrohung mit der Ernsthaftigkeit zu begegnen, die sie verdient.“

Die Finanzindustrie hat zuletzt immer stärker auf den öffentlichen Druck reagiert und neue Einschränkungen für Geschäfte mit fossilen Energien eingeführt - vor allem für die Kohleindustrie. Es gebe einen klaren Trend unter den Banken, Klimaschutzrichtlinien im Laufe der Zeit zu verschärfen, bemerken die Studienautoren. 26 der untersuchten Banken hätten ihre Kohlefinanzierungen bereits reduziert, 16 Banken ihre Öl- und Gasfinanzierungen.

Keine Großbank nimmt 1,5-Grad-Ziel ernst

Doch keine der untersuchten Banken hat laut der Studie ihr Geschäft bisher auf das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klima-Abkommens ausgerichtet – das gelte auch für Banken mit vergleichsweise strengen Klimaschutzrichtlinien wie etwa Crédit Agricole aus Frankreich.

Auch die neuen Richtlinien der US-Banken Goldman Sachs von Dezember 2019 und JPMorgan Chase von Februar 2020 seien "lediglich kleine Fortschritte" und hätten "massive Lücken", stellt die Studie fest - vor allem, da sie nur ihre Finanzierungen für Kohleprojekte und einige Kohlebergbaufirmen reduzieren würden.

Royal Bank of Scotland führend unter Großbanken

Die neue Richtlinie der Royal Bank of Scotland (RBS) vom Februar 2020 habe das Potenzial, zum neuen Goldstandard der Klimaschutzrichtlinien im Finanzsystem zu werden, heißt es in der Studie. Die RBS kündigte an, die CO2-Emissionen ihrer Finanzierungen bis 2030 mindestens zu halbieren und die Finanzierung für große Öl- und Gasunternehmen unter bestimmten Umständen zu beenden. Entscheidend ist laut den Studienautoren, ob die RBS auch eine geplante Expansion der Geschäfte mit fossilen Energien bei ihren Kreditnehmern mit dem Abzug von Geldern sanktionieren wird. 

Deutsche Bank und Commerzbank: Kredite für Öl- und Gasförderungen in der Arktis

Die Deutsche Bank hat laut der Studie ihre Finanzierung fossiler Energien in den vergangenen vier Jahren stetig reduziert - unter anderem in den Bereichen Flüssiggas (LNG) und für Kohlekraftwerksbetreiber. Mit einer Gesamtsumme von 68,9 Milliarden US-Dollar über die letzten vier Jahre liege sie im internationalen Vergleich auf Rang 19 der größten fossilen Geldgeber.

Die Deutsche Bank gehört laut der Studie allerdings immer noch zu den führenden Geldgebern für Öl- und Gas-Förderungen in der Arktis – einem besonders umweltschädlichen Geschäft der Öl- und Gaskonzerne. Zwischen 2018 und 2019 stieg ihre Geldvergabe für Unternehmen in diesem Geschäftsfeld laut den Analysen der Studienautoren sogar an - bis auf 239 Millionen US-Dollar in 2019. Auch im Bereich Kohlbergbau gehöre die Deutsche Bank mit insgesamt 1,7 Milliarden US-Dollar nach wie vor zu den führenden Geldgebern weltweit.

Die Commerzbank vergibt laut der Studie von den 35 untersuchten Banken am wenigsten Gelder für Öl, Gas und Kohle. Sie habe ihre Finanzierung im Untersuchungszeitraum jedoch mehr als verdreifacht, von 1,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016 auf 3,8 Milliarden US-Dollar in 2019. 

2019 habe die Commerzbank mit 347 Millionen US-Dollar die Öl- und Gasförderung in der Arktis und mit 375 Millionen US-Dollar die Fracking-Industrie finanziert. Bei Krediten für Kohle-Bergbauprojekte liegt die Commerzbank laut der Studie international auf Rang 12 mit insgesamt 713 Millionen US-Dollar Kreditvolumen.

Die Orginalstudie kann auf der Internetseite https://www.ran.org/bankingonclimatechange2020/ heruntergeladen werden.

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