Windpark von Energiekontor. / Foto: Unternehmen

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Stromverbrauch sinkt – Einnahmeausfälle für Solar- und Windparks trotz gesetzlicher Einspeisevergütung? Teil 2

In Deutschland wird aufgrund der Corona-Pandemie weniger Strom verbraucht. Was bedeutet das für Aktiengesellschaften, die grünen Strom verkaufen? Die ECOreporter-Redaktion hat bei Encavis und Energiekontor nachgefragt.

Betreiber von Erneuerbare-Energien-Kraftwerken leiden seit Ausbruch des Coronavirus unter der geringeren Stromnachfrage in Deutschland - wenn sie Anlagen betreiben, die nach 2016 ans Netz gegangen sind. Sofern an den Strombörsen die sogenannten Spotpreise für mehr als sechs Stunden negativ sind, müssen die Unternehmen auf Teile ihrer Vergütung verzichten. Kleine Anlagen unter 500 Kilowatt Leistung sind nicht betroffen (mehr erfahren Sie in Teil 1).

Im ersten Teil hatte ECOreporter gestern die Vorstände von 7C Solarparken, Wattner und Naturstrom nach den Auswirkungen negativer Strompreise befragt. Für den zweiten Teil der Serie hat die Redaktion bei der Encavis AG und der Energiekontor AG nachgefragt. Wie wirkt sich die geringere Stromnachfrage auf diese beiden Gesellschaften aus?

Encavis: "Einbußen vernachlässigbar"

"In Deutschland betreiben wir Wind- und Solaranlagen mit rund 62 Megawatt (MW) Leistung, die 2016 und in den Jahren danach ans Netz gegangen sind", sagt Jörg Peters, Leiter der Investorenbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit von Encavis. "Insgesamt haben wir in Deutschland eigene Anlagen mit mehr als 477 MW Leistung. Aufgrund der überschaubaren Kapazität, die von der Sechs-Stunden-Regel im EEG betroffen sein könnte, sind die Umsatzeinbußen - im Vergleich zu Wettereffekten - vernachlässigbar."

Der Grünstromproduzent Encavis aus Hamburg betreibt in zehn europäischen Ländern Wind- und Solarparks. Außerdem hält das Unternehmen Beteiligungen an Erneuerbare-Energien-Kraftwerken anderer Betreiber. Insgesamt beläuft sich das Kraftwerksportfolio von Encavis auf mehr als 2,4 Gigawatt Leistung (GW) (Solar 1,54 GW; Wind 0,89 GW). 2019 machte das Unternehmen einen Nettogewinn von 63 Millionen Euro.

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Encavis verkaufe allerdings auch Strom direkt über die Strombörsen. "Wir vermarkten in Italien, Großbritannien und Dänemark Strom über die Börsen", so Peters. Eine sinkende Stromnachfrage in diesen Ländern könnte sich aufgrund der Corona-Krise auch bei Encavis bemerkbar machen. "Allerdings machen die fraglichen Anlagen nur 3 Prozent unseres Gesamtumsatzes aus. Von den rund 274 Millionen Euro Umsatz aus 2019 wären das gut 8 Millionen Euro. Deshalb sollten sich die Umsatzeinbußen - selbst bei länger anhaltenden negativen Strompreisen in diesen Ländern - in Grenzen halten", erklärt der Leiter der Encavis-Investorenabteilung.

Für 2020 rechnet Encavis mit einem Umsatz in Höhe von mehr als 280 Millionen Euro und einem Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 130 Millionen Euro. Seine Stromerzeugungskapazität will das Unternehmen bis 2025 auf 3,4 Gigawatt steigern. Die Encavis-Aktie notiert aktuell an der Börse Xetra bei 10,00 Euro (7.4.2020, 10:39 Uhr) und damit gut 15 Prozent unter ihrem Allzeithoch von Mitte Februar. Encavis ist eine ECOreporter-Favoriten-Aktie aus der Kategorie Grüne Spezialwerte. Hier finden Sie ein Porträt des Unternehmens.

Energiekontor: Breite Diversifikation - Auswirkungen schwer zu beziffern

"Es besteht durchaus das Risiko, dass sich die negativen Strompreise auch auf unser Geschäft auswirken", sagt Peter Alex, Leiter der Investor-Relations-Abteilung von Energiekontor. Allerdings seien nur wenige Anlagen betroffen - der Großteil der Windparks von Energiekontor in Deutschland sei vor 2016 ans Netz gegangen.

Das Bremer Unternehmen betreibt aktuell Wind- und Solarparks mit einer Gesamtleistung von 286,5 MW. Die meisten Anlagen befinden sich in Deutschland (190 MW), danach kommen Großbritannien (60 MW) und Portugal (38 MW). Energiekontor verkauft nicht nur sauberen Strom, sondern ist auch in der Entwicklung von Solar- und Windparks tätig und übernimmt deren Betriebsführung.

"Leider können wir nicht genau sagen, wie stark sich dieser Effekt auf unsere Umsätze auswirken wird – das kann derzeit niemand seriös beziffern", so Peter Alex. "Die Auswirkungen sollten überschaubar sein. Wir sind breit diversifiziert und haben unsere Risiken gestreut. In Großbritannien beispielsweise – unserem zweiten Kernmarkt – gibt es Regelungen wie die Sechs-Stunden-Regel bisher nicht."

Den Geschäftsbericht für 2019 will Energiekontor am 9. April 2020 veröffentlichen. Energiekontor senkte Ende Dezember seine Prognose für 2019, weil sich der Bau eines Windparks verzögerte. Energiekontor rechnet nun für das Geschäftsjahr 2019 mit einem Vorsteuergewinn (EBT) im unteren einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Aufgrund der Gewinnverschiebung ins laufende Jahr soll der Gewinn 2020 dafür deutlich höher ausfallen. Branchenexperten rechnen mit einem Ergebnis für 2020 in Höhe von 16 Millionen Euro.

Die Energiekontor-Aktie steht an der Börse Xetra aktuell bei 19,25 Euro (7.4.2020, 11:00 Uhr). ECOreporter hatte im Mai 2019 bei Energiekontor zum Einstieg geraten. Da stand die Aktie bei 15,50 Euro. Seitdem ist sie trotz Corona-Krise fast 25 Prozent im Plus.

Lesen Sie im ersten Teil, wie stark sich eine sinkende Stromnachfrage auf die Vergütungen von 7C Solarparken, Wattner und Naturstrom auswirkt.

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