Viele Solaraktien sind sehr schwankungsanfällig und deshalb nur was für Anleger mit starken Nerven. / Foto: Pixabay

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Solaraktien: Weiterhin so hohe Gewinne?

Die Welt braucht Solarenergie, um den Klimawandel zu stoppen. Und sie bekommt Solarenergie. Immer mehr, wie die jüngsten Zahlen zeigen. Aber ein Freibrief für eine Investition in jedwede Solaraktie ist das nicht. Vielmehr ist gründliche Auswahl angesagt. Auf welche Papiere können Sie setzen?

90 mittelgroße Atomkraftwerke müssten 2019 weltweit neu ans Stromnetz gehen. Tun sie aber nicht. Denn die Leistung aller in diesem Jahr neu angeschlossenen Solarstromanlagen liegt bei rund 130 Gigawatt (GW), hat ein britisches Analysehaus errechnet. Und das entspricht eben der Leistung von 90 Atomkraftwerken.

Die meisten neuen Photovoltaik-Anlagen gibt es in Asien; Europa und Nordamerika hinken weit hinterher. Und das verdeutlicht das erste Problem bei Solaraktien: Viele durchaus spannende Unternehmen sind nichts für den durchschnittlichen, nachhaltig orientierten deutschen Anleger. Weil sie entweder gar nicht an der Börse notiert sind oder aber nur in Ländern gehandelt werden, in denen für jeden Kauf oder Verkauf sehr hohe Gebühren anfallen.

Weltweit soll der Solarboom in den nächsten Jahren weitergehen, gibt es also Aussichten darauf, dass es wieder mehr deutsche Solaraktien geben wird? Die Hoffnung ist genauso dünn wie der Wille der Politik, den Klimawandel ernsthaft aufzuhalten. Zwar war Deutschland einmal Solarweltmeister: Nirgendwo wurden mehr Solarmodule produziert und dann auch noch installiert als hierzulande.

Aber die Kohlelobby hatte die Politik so fest im Griff, dass es keine Hilfen für die deutsche Solarindustrie gab, als diese in Turbulenzen geriet. SolarWorld, Phönix Solar und viele, viele andere sind daher vom Kurszettel verschwunden. SMA Solar aus Kassel und wenige andere trotzen dem Trend wie das kleine Dorf der Gallier den Römern. Daher muss man schauen, welche Aktien internationaler Unternehmen es an deutschen Börsen zu kaufen gibt. Wichtig ist zunächst, die unterschiedlichen Geschäftsmodelle im Solarbereich zu erkennen.

Es gibt, grob gesagt, vier Bereiche:

  1. Modulhersteller produzieren aus Solarzellen die Solarmodule, die man heute auf vielen Dächern sieht.
  2. Wechselrichter-Hersteller liefern das Bauteil, das eine Solaranlage benötigt, um Strom mit der richtigen Spannung ins Netz einspeisen zu können. Denn Solarmodule erzeugen Gleichstrom, das Stromnetz und herkömmliche elektrische Geräte brauchen Wechselstrom.
  3. Solarparkprojektierer und -betreiber sind meist größere Ingenieursbüros, die umfangreiche Solarparks planen, errichten und verkaufen. Ein Geschäft mit oft sehr wechselhaften Jahresergebnissen. Solaranlagen-Betreiber kaufen die Solarkraftwerke und erzielen Einnahmen aus dem Verkauf des grünen Stroms. Ein meist stabiles Geschäft.
  4. Maschinenbau und Zulieferer:  Die Solarindustrie braucht Unternehmen wie PVA TePla, Manz oder Meyer Burger, welche die Produktionsanlagen liefern, auf denen dann die Solaranlagenbauteile hergestellt werden.

ECOreporter betrachtet hier bei den Solaraktien allerdings nur die Unternehmen, die komplett auf Solarenergie ausgerichtet sind. Natürlich gibt es Mischkonzerne, die Solarzellen oder Wechselrichter liefern, aber eben auch Waschmaschinen und vieles anderes. Sie sind hier nicht aufgeführt.

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Modulhersteller: Nichts für schwache Nerven

Canadian Solar ist neben der Modulherstellung in der Entwicklung von Solarparks tätig. Das macht das Unternehmen weniger abhängig von der Preisentwicklung für Solarmodule. Trotzdem schwankt die Canadian Solar-Aktie stark. Kein Tipp für defensive Anleger.

First Solar stellt Solarmodule, vor allem im Dünnschichtverfahren; die Module sind preisgünstig. Der US-Konzern projektiert, finanziert und baut aber auch große Solarparks und verkauft den Strom oder gleich die gesamte Anlage. Wartungsarbeiten an vielen der von First Solar errichteten Solarparks garantieren auf Jahre hinaus Aufträge. Dennoch pendelte die Aktie in den letzten anderthalb Jahren vor Dezember 2019 zwischen 25 und 64 Euro.

Ein großer börsennotierter Solarmodulhersteller ist Jinko Solar. Das chinesische Unternehmen meldete 2019 sehr gute Zahlen und will weiter expandieren. Die Aktie legte im November mit über 25 Prozent Kursplus eine starke Rallye hin. Die Jinko Solar-Aktie ist immer noch günstig bewertet (Stand: 3.12.2019). Aber: Sie ist sehr schwankungsanfällig – also nichts für Anleger mit schwachen Nerven.

SunPower, ein US-Unternehmen, erzielte bis Mitte 2019 noch keinen Gewinn, geht aber davon aus, mit seinen neuen Modulreihen besser dazustehen. Ob und wann das Unternehmen die Verlustzone verlassen wird, ist derzeit schwer abzuschätzen. 2019 hat sich die Aktie gut entwickelt, die Zukunftsaussichten bleiben aber unklar. Sehr riskant.

Wechselrichter-Hersteller: Steigende Kurse, aber mehr Wettbewerb

Der Aktienkurs des US-Unternehmens Enphase Energy hat sich in den letzten drei Jahren mehr als versiebzehnfacht (Stand 3.12.2019). Das Kerngeschäft des kalifornischen Unternehmens sind Wechselrichter, es stellt auch Energiespeicher und Solaranlagen mit Überwachungs-Software her. Der Preisdruck im Wechselrichtergeschäft steigt aber, und die Gesellschaft ist mittlerweile sehr hoch bewertet. Die verworrene US-amerikanische Politik und der Handelskonflikt mit China sorgen für weitere Unsicherheiten: Allenfalls für Kurzfrist-Anleger, die Spaß am Lotteriespiel haben.

SMA Solar ist ein Wechselrichterproduzent aus dem hessischen Niestetal bei Kassel. 2019 ist SMA Solar in die Verlustzone geschlittert – trotz guter Auftragslage. Branchenfachleute gehen davon aus, dass das Unternehmen erst 2020 wieder schwarze Zahlen schreibt. Weniger aussichtsreich als die Konkurrenten.

SolarEdge aus Israel ist eine ECOreporter-Favoriten-Aktie der Kategorie Mittelklasse. Ein ausführliches Unternehmensporträt können Sie hier lesen. Das Unternehmen, das vor allem Wechselrichter herstellt, läuft gut, aber die Aktie ist daher auch kein Schnäppchen mehr. 

Solarparkprojektierer und -betreiber: gute Aussichten, hohe Risiken

Scatec Solar projektiert und baut nicht nur Solarkraftwerke, sondern betreibt einige davon auch selbst. Das norwegische Unternehmen ist in elf Schwellenländern aktiv, vor allem in Ägypten, Südafrika, Brasilien und Malaysia. Obwohl viele Analysten zum Kauf der Aktie raten, bleibt ECOreporter misstrauisch: wegen der hohen Bewertung, der niedrigen Eigenkapitalquote und der Länderrisiken.  

Die 7C Solarparken AG aus Bayreuth setzt vor allem auf Solarparks in Deutschland, die von hohen gesetzlichen Einspeisevergütungen profitieren. Als Ziel gibt 7C Solarparken-Vorstand Steven de Proost aus, bis 2020 Solarkraftwerke mit einer Leistung von 200 Megawatt (MW) zu betreiben, langfristig sollen es bis 500 MW werden. Der Marktwert des immer noch sehr kleinen Unternehmens lag Anfang Dezember 2019 bei etwas über 200 Millionen Euro. Wenn in einigen Jahren die hohen Stromeinspeisevergütungen für die älteren Solarparks auslaufen, wird es erst richtig spannend.  ECOreporter bleibt hier skeptisch.

Maschinenbau und Zulieferer: wechselhaft, mehr Wolken als Sonne

PVA Tepla stellt Maschinen für die Solarindustrie her. Das Unternehmen aus Wettenberg bei Gießen startete 2019 gut; eine hohe Nachfrage nach Kristallzuchtanlagen für die Waferindustrie und Vakuumanlagen für verschiedene Branchen waren die Gründe. PVA TePla will  seine Umsätze und Gewinne 2020 und darüber hinaus deutlich steigen.  Viele Analysten stufen die Aktie deshalb als kaufenswert ein. Ein Papier für sehr risikofreudige Anleger mit starken Nerven.

Noch riskanter dürfte der Reutlinger Konkurrent Manz sein. Der Solarindustriezulieferer kämpfte 2019 mit Auftragsverschiebungen und schlitterte im ersten Halbjahr 2019 in die Verlustzone. Für das Gesamtjahr 2019 erwartet das Management ein positives Ergebnis. 

Das Schweizer Unternehmen Meyer-Burger steht im Vergleich zu seinen deutschen Konkurrenten am schlechtesten da. Es ist seit langem in der Verlustzone. Streitigkeiten zwischen einem Großaktionär und dem Management belasteten 2019 den Aktienkurs. Solange sich die Lage nicht grundlegend bessert und befriedet, sollten Anleger einen Bogen um die Meyer-Burger-Aktie machen.

Der Blick auf die Solaraktien zeigt eine paradox anmutende Situation: Eine boomende Branche, eine Welt, die auf Solarenergie setzen muss, um ihren Lebensstandard zu wahren – und keine Aktie, die als sicherer Tipp gelten kann. Die Erklärung: Einige Solar-Aktiengesellschaften sind schon sehr hoch bewertet, die Luft wird dünner. Und andere sind zwar erfolgreich und liefern gute Leistungen ab – aber die wechselhafte Politik in vielen Weltregionen verhindert eine stabile Entwicklung. Für Menschen mit eigenem Dach über dem Kopf bietet es sich daher eher an, eine Solaranlage zu installieren als Solaraktien zu kaufen.

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