Aktientipps

Solaraktie SolarCity - Kursrakete im Startblock oder Zockerpapier?

Nachdem SolarCity Ende Juli erneut einen hohen Nettoverlust gemeldet hat, verlor die Solaraktie bis Ende September ein Drittel ihres Wertes. Seit Anfang Oktober hat sich der Aktienkurs der Spezialistin für Aufdach-Solaranlagen wieder erholt. Mit knapp 49 Dollar an der Nasdaq bzw. 43,3 Euro in Frankfurt notiert sie aber immer noch rund zehn Prozent unter dem Vorjahreskurs. Sollten Anleger diese Gelegenheit nutzen?

Den jüngsten Kursaufschwung hatte das Unternehmen aus San Mateo in Kalifornien mit einem technologischen Erfolg ausgelöst. Es kann nach eigenen Angaben Solarmodule mit 22,04 Prozent Wirkungsgrad produzieren und damit die effizientesten Solarmodule für Dachanlagen. SolarCity ist erst auf dem Weg, ein großer Solarhersteller zu werden. Das Unternehmen hatte zwar schon 2014 den US-amerikanischen Solarhersteller Silevo für bis zu 350 Millionen Dollar übernommen. Doch erst im August feierte SolarCity das Richtfest für die große Solarfabrik, die der Konzern in Buffalo im US-Bundesstaat New York auf eine Kapazität von jährlich 1.000 Megawatt (MW) bringen will. Und diese Kapazität strebt er erst für 2017 an.

Wenn diese Pläne aufgehen, wäre SolarCity allerdings bestens vorbereitet darauf, wenn ab Anfang 2017 die staatliche Solarförderung für Photovoltaikinvestments stark absinkt. Diese so genannten tax credits räumen derzeit für solche Inevstitionen Steuernachlässe von 30 Prozent ein. Ab 2017 sollen sie nach derzeitiger Gesetzeslage nur auf 10 Prozent abschmelzen. Es ist unwahrscheinlich, dass dies verhindert wird, da die Republikaner den US-Kongress in beiden Kammern dominieren und derartige Solarförderungen mehrheitlich ablehnen. Solarinvestments dürften sich also ab 2017 weitaus weniger rentieren als bislang. SolarCity könnte Kunden dennoch für seine Angebote überzeugen, wenn das Unternehmen anbietet, Soalranlagen mit besonders leistungsfägigen Modulen für sie zu errichten.

SolarCity häuft hohe Verluste an

Bislang basiert das Geschäftsmodell der Kalifornier darauf, Solaranlagen auf Wohn- und Gewerbeimmobilien von Kunden zu errichten und ihnen dafür Kredit- und Leasingfinanzierungen zu ermöglichen, so dass diese die Anlagen zunächst nicht selbst besitzen, sondern langfristig abzahlen oder mieten. Zunächst hatten SolarCity mit Zep Solar ein Unternehmen übernommen, dass eine Technologie für die schnelle und stabile Errichtung von Aufdachsolaranlagen entwickelt hat und dann mit Silevo einen Hersteller von Solarmodulen. Diese Investitionen jedoch und die finanziellen Vorausleistungen, mit denen der Konzern seinen Kunden die Anlagen schmackhaft macht, haben ihm hohe Verluste im operativen Geschäft beschert – im zweiten Quartal 2015 kletterten sie auf 132,5 Millionen Dollar. Um die Relationen zu verdeutlichen: um im zweiten Quartal einen Dollar Umsatz zu erwirtschaften, musste SolarCity 2,27 Dollar investieren. Das ist Geldverbrennung im großen Stil.

Zugleich verzeichnet das Unternehmen einen starken Kundenzustrom. Allein im zweiten Quartal gewann es 44.900 neue Kunden hinzu. Damit stieg die Zahl der Kunden bis Mitte 2015 auf Jahressicht um 86 Prozent auf 262.500. Und diese Kunden werden in den kommenden Jahren alle Geld an SolarCity zurückzahlen müssen. Zugleich erreichten die Kalifornier mit 189 Megawatt (MW) neuer Photovoltaikleistung eine neue Rekordmarke, die 77 Prozent über der des Vorjahresquartals lag. Insgesamt stieg die von SolarCity installierte Photovoltaikleistung auf Jahressicht um 86 Prozent auf 1.418 MW. Für das dritte Quartal 2015 erwartet die Unternehmensführung Neuinstallationen im Umfang von 260 MW, was ein abermals ein neuer Rekord wäre und ein Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 89 Prozent bedeuten würde. Im Gesamtjahr sollen es zwischen 920 MW und 1.000 MW werden.

Weiter hoher Kapitalbedarf

Geht also die Strategie auf, zunächst viel Geld in die Hand zu nehmen, um sich für die Zukunft hohe Einnahmen zu sichern? Und um sich mit einem Hochleistungsmodul darauf vorzubereiten, dass Solarinvestments sich ab 2017 in den USA weniger lohnen? Es ist möglich. Vor allem wäre SolarCity mit einem eigenen Hochleistungsmodul klar im Vorteil gegenüber Konkurrenten wie Sunrun oder die nun von SunEdison übernommene Vivint Solar, die sich ebenfalls im US-Markt für Aufdachsolaranlagen tummeln. SolarCity dominiert diesen Markt bislang, laut dem Marktforschungsunternehmen GTM Research aus Boston haben die Kalifornier im ersten Halbjahr 34 Prozent aller neuen privaten Solarstrom-Anlagen in den Vereinigten Staaten installiert. Erst mit weitem Abstand auf SolarCity folgten Vivint Solar mit 12 Prozent vor Sunrun und weiteren Anbietern.

Aber Anleger sollten im Blick haben, dass SolarCity weiter einen hohen Kapitalbedarf haben wird. Der Vorstand hat weiter steigende Verluste bereits angekündigt. Bislang hat das Unternehmen immer wieder Investoren gefunden, die das erforderliche Kapital bereitstellten. So haben im Sommer Institutionelle Investoren über 100 Millionen Dollar in einen neue Anleihe mit Laufzeit bis 2022 angelegt. Doch diese wird 4,18 bis 5,58 Prozent verzinst. Das belastet die Kostenstruktur von SolarCity in den kommenden Jahren zusätzlich. Skeptisch stimmt zudem, dass Elon Musk sich jetzt genötigt sah, dem von ihm mitgegründetem Solarunternehmen über seine Gesellschaft SpaceX eine Kapitalspritze von 165 Millionen Dollar zukommen zu lassen. Cousins von Elon Musk, dem Gründer von Paypal und Chef des Elektrosportwagenherstellers Tesla Motors, führen SolarCity. Tesla finanziert ebenfalls ehrgeizige Wachstumsziele mit dem Geld von Investoren, die hoffen müssen, dass die Pläne aufgehen und der Autobauer einmal profitabel wirtschaften wird.

Warnung vor den Produktionsrisiken

Vor allem aber spricht derzeit gegen das Investment in die Aktie von SolarCity, dass noch völlig offen ist, ob das Unternehmen wirklich zu einem großen Solarhersteller und somit zu einem integrierten Solarkonzern werden kann. Denn noch verfügt das Unternehmen lediglich über eine Pilotproduktion. Und die hat es nicht einmal selbst gestemmt. Der Bundesstaat New York finanzierte die Fabrik in Buffalo mit satten 750 Millionen Dollar und stellt sie SolarCity für einen Dollar pro Jahr zur Verfügung. Woher will SolarCity das Geld für den Aufbau weiterer, eigener Solarfabriken nehmen? Die für Buffalo anvisierte Produktion von 1.000 MW würde zwar das für 2015 angestrebte Installationsvolumen von SolarCity decken. Sie reicht aber nicht aus, wenn das Unternehmen hier weiter zulegt.

Hinzu kommt, dass längst nicht ausgemacht ist, ob es SolarCity gelingen wird, den unter Laborbedingungen hohen Wirkungsgrad auch im Alltag zu erreichen. In der industriellen Massenfertigung ist das weitaus schwieriger. Für gewöhnlich besteht eine deutliche Kluft zwischen den Wirkungsgraden, die Solarhersteller im Labor einerseits und in ihren Fabriken andererseits erreichen, wo sie hohe Stückzahlen in kurzer Zeit fertigen müssen. Hinzu kommt, dass der Wirkungsgrad nur eine wichtige Messgröße für die Qualität ist. So ist noch unklar, wie hoch die Degration der Module von SolarCity ist, also wie stark sie in welcher Zeit an Wirkungsgrad verlieren. Sinkt er im Betrieb schnell und deutlich, können die Module kaum am Markt bestehen und SolarCity die erhofften Vorteile bringen. Und auch über die Produktionskosten ist nur bekannt, dass für 2017 anstrebt, die eigenen Solarmdoule von 0,55 Dollar je Stück anbieten zu können. Damit wären sie heute konkurrenzfähig. Aber niemand weiß, wie sich die Preise bis 2017 entwickeln. Experten rechnen mit weiter sinkenden Preisen. Einige sagen sogar ab 2017 einen deutlichen Preisverfall voraus (mehr darüber lesen Sie  hier). Angesichts dieser vielen Risiken rät ECOreporter.de davon ab, in die Aktie von SolarCity zu investieren.

SolarCity: ISIN US83416T1007 / WKN A1J6UM
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