Erneuerbare Energie

Sind die Hoffnungen auf einen Aufschwung der Offshore-Windkraft überhöht? - Branchenexperten skeptisch

In den Gewässern vor der deutschen Küste aufgestellte Windparks sollen nach den Plänen der Bundesregierung bis 2025 eine Gesamtkapazität von 25.000 Megawatt (MW) erreichen. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) halten Branchenexperten dieses Ziel für unrealistisch. Sie gehen vielmehr davon aus, dass lediglich 16.000 MW zu erreichen sind. Die so genannte Offshore-Windenergie sei zwar „zweifellos ein enormer Wachstumsmarkt“, erklärt Heiko Stohlmeyer, bei PwC Finanzierungsexperte für erneuerbare Energien. Aber es gebe noch viele Unwägbarkeiten bei der Anlagentechnologie, der Anbindung an die Stromnetze und nicht zuletzt der Anlagenwartung. „Riskante Investments sind im gegenwärtigen Finanzmarktumfeld nur schwer zu realisieren", gibt Stohlmeyer zu bedenken.

Für die Studie befragte PwC 26 Führungskräfte der Offshore-Branche. Sie erwarten demnach im Durchschnitt bis 2011 eine installierte Windkraft-Leistung vor der deutschen Küste von 1.120 MW. Bis Ende 2013 werde dieser Wert auf 2.340 MW steigen, bis Ende 2025 auf 16.000 MW. Bei Kosten von rund drei Millionen Euro je Megawatt installierter Leistungskapazität belaufen sich die Investitionen bis 2011 auf 3,4 Milliarden Euro, bis 2013 auf 7,0 Milliarden Euro und bis 2025 auf 48 Milliarden Euro. Eine Kurzversion der Studie ‚Offshore-Windenergie in Deutschland. Potenziale, Anforderungen und Hürden der Projektfinanzierung von Offshore-Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee’ ist unter www.pwc.de kostenfrei als Download erhältlich.

Ende 2007 gab es weltweit 26 Offshore-Windenergieprojekte mit einer Gesamtleistung von rund 1.034 MW. Vor allem Großbritannien setzt stark auf die seegestützte Windkraft, hier engagieren sich stark ausländische Energiekonzerne wie Vattenfall und E.on. Derzeit sind 16 der 29 in Nord- und Ostsee genehmigten Offshore-Projekte in Besitz von Energieversorgungsunternehmen. Für sie ist eine Finanzierung aus Unternehmensmitteln möglich. PwC weist darauf hin, dass andere Unternehmen auf eine Projektfinanzierung setzen, also auf die Refinanzierung ihrer Investition durch Erträge aus dem Windpark. In der aktuellen Situation an den Finanzmärkten ließen sich Kapitalgeber jedoch nur zögerlich darauf ein.

"Wir erwarten, dass die ersten kommerziellen Offshore-Windparks von den Energieversorgern errichtet werden“, prognostiziert Heiko Stohlmeyer. „Dabei dürfte es sich um zunächst kleinere Projekte handeln. Große projektfinanzierte Windparks werden folgen, sobald die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit hinreichend belegt ist", meint er. Obwohl zumindest bis zu Beginn der Finanzkrise ausreichend Kapital für die Finanzierung von Offshore-Windparks vorhanden war, haben laut PwC bislang weder Energiekonzerne noch Projektfinanzierer eine Entscheidung für den Bau eines größeren Windparks gefällt. Gründe für die Zurückhaltung seien in erster Linie die Risiken bei Bau und Betrieb der Anlagen.


Selbst die Lieferanten der Windkraftanlagen betrachten die Sicherstellung des Betriebs als "erhebliche Herausforderung", so PwC. "Die Errichtung kommerzieller Parks mit 80 Windkraftanlagen weit vor der Küste ist derzeit ein kaum belastbar kalkulierbares Risiko", kommentiert Heiko Stohlmeyer. Er verweist darauf, dass es zu wenig Erfahrungswerte etwa dazu gebe, wie Wartungsteams Offshore-Anlagen bei schlechtem Wetter und starkem Seegang erreichen können. Längere Betriebsstörungen würden die Wirtschaftlichkeit eines Projektes möglicherweise erheblich negativ beeinflussen.
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