Nachhaltige Aktien, Meldungen

Sind Autoaktien für nachhaltige Anleger investierbar? - Studie fällt strenges Urteil

Investments in den Automobilsektor kommen für nachhaltige Investoren nur eingeschränkt in Frage. Nur ein einziger Automobilbauer erfüllt hier höhere Ansprüche. Elektroantriebe sind derzeit kaum mehr als eine Zukunftshoffnung und der Nachhaltigkeitsnutzen von Biokraftstoffe steht in Frage. Das sind die wesentlichen Ergebnisse eines aktuellen Branchenreports, den die  Bank Sarasin & Cie AG aus Basel vorgelegt hat. Der Titel: "Gas geben Richtung Nachhaltigkeit". Die Studie stellt einen großen Nachholbedarf fest und dass eine nachhaltige Unternehmensstrategie sowie die Entwicklung von zukunftsfähigen Technologien sich direkt auf die längerfristigen Erfolgsaussichten von Unternehmen aus dem Automobilsektor auswirken.

In vielen nachhaltigen Fonds und Indices sind Aktien von Autobauern enthalten. Dabei verzeichnet die Automobilindustrie im Vergleich zu anderen Branchen große ökologische und soziale Risiken, wie die Analyse der Banks Sarasin feststellt. Der Straßenverkehr sei einer der größten Verbraucher von Erdöl und mit einem Anteil von 15 Prozent einer der größten Verursacher von Treibhausgasen, mit stark steigender Tendenz. Die anhaltende Verlagerung von Produktionsstandorten in Niedriglohnländer berge zudem hohe soziale Risiken. Den zum einen führt dies zum Abbau von Arbeitsplätzen an den bisherigen Standorten, zum anderen werden an Standorten in Schwellenländern soziale Mindeststandards - etwa beim Arbeitsschutz und der Unabhängigkeit von Gewerkschaften - häufig nicht erfüllt. Hinzu kommt, dass die Sicherheitsanforderungen An Fahrzeuge weiter verschärft werden, denn Unfälle im Straßenverkehr gehören weiterhin zu den häufigsten Todesuraschen.  Aus all diesen Gründen seien die Anforderungen an die Unternehmen bei einer Nachhaltigkeitsanalyse sehr hoch, betont der Report.

Zudem steht die Automobilindustrie durch strengere Auflagen der Umweltpolitik und durch die absehbare Verknappung von Erdöl, die zu einem starken Anstieg der Brennstoffpreise führen wird,  unter Zugzwang. Sie muss die Energieeffizienz der bestehenden Technologien verbessern und neue energieeffiziente und emissionsarme Technologien oder Alternativen zum Erdöl als Treibstoff entwickeln. Das Spektrum der Automobilhersteller und -zulieferer, um dieser Entwicklung zu begegnen, reicht von motor- und fahrzeugtechnischen Lösungen zur Optimierung der bestehenden Verbrennungsmotortechnologie, über Biokraftstoffe bis hin zu neuen Antriebskonzepten.

Der Schwerpunkt der Technologieentwicklung wird nach Einschätzung der Sarasin-Experten mittelfristig bei der Steigerung der Brennstoffeffizienz und Reduktion der Emissionen des Verbrennungsmotors liegen. Dabei beurteilen sie das Potential der kombinierten Antriebe aus Verbrennungs- und Elektromotor skeptisch, auf die insbesondere die japanische Toyota mit dem von ihr entwickelten Hybridantrieb setzt. Die klimaschonende Wirkung des Hybridmotoren komme lediglich auf kürzeren Strecken zum Tragen, nämlich dann, wenn der Elektroantrieb eingesetzt werden könne. Auch die hohen Erwartungen an den reinen Elektromotorantrieb teilt man bei Sarasin nicht. Diese Technologie sei derzeit „noch nicht ausgereift und wenig konkurrenzfähig“. Insbesondere müsse wegen der hohen Kosten und Gewichte die Batterietechnologie verbessert werden. Aus ökologischer Sicht würden reine Elektroantriebe außerdem nur Sinn machen, wenn zur Aufladung der Batterien ein hoher Anteil CO2-freien Grünstroms verwendet. „Elektroantriebe dürften in den nächsten zehn Jahren keine nennenswerte Bedeutung erlangen“, lautet das Fazit der Studie hierzu.


Bei der Zusammenstellung eines nachhaltigen Anlageuniversums verfolgt die Bank Sarasin einen so genannten Best-of-class-Ansatz. Dabei gelten zwar grundsätzlich alle Branchen als für nachhaltige Investoren investierbar. Unternehmen aus problematischen Sektoren wie etwa der Ölbranche oder auch der Automobilbranche müssen aber besonders hohe Ansprüche erfüllen, um in Frage zu kommen. Unter den Autobauern kommt derzeit allein französische Gruppe PSA Peugeot Citroën für das nachhaltige Anlageuniversum der Bank Sarasin in Frage. Das Unternehmen schneidet laut dem Report bei wichtigen Kriterien wie der Klimagas-Effizienz der Fahrzeugflotte gut ab. Hier stehen etwa sehr auf PS-starke Autos ausgerichtete Unternehmen wie Daimler, BMW und Chrysler schlecht ab, aber auch die für leichtere Fahrzeuge bekannte italienische Fiat.

In die Bewertung ist ferner eingeflossen, inwiefern sich die Autobauer um die Entwicklung emissionsärmerer Fahrzeuge bemühen und dafür technologische Kompetenz aufgebaut haben. Neben PSA Peugeot Citroën sind bei der Optimierung des Verbrennungsmotors laut Sarasin auch Toyota, Volkswagen sowie BMW gut aufgestellt. Zusammen mit Honda habe dieses Quartett auch die Nase vorn, wenn es um neue Technologien wie Elektromotoren oder die Nutzung der Brennstoffzelle geht.

Bildhinweis: Vor Jahren wurde Toyota für den Hybridantrieb des Prius gelobt. Nun sind weitere Innovationen erforderlich. / Quelle: Unternehmen


„Die Optimierung der bestehenden Verbrennungsmotortechnik hat ein Potenzial zur Klimagas-Reduktion von bis zu 50 Prozent“, heißt es in der Analyse der Bank Sarasin. Dies gelte in erster Linie für die Leistungs- und Effizienzsteigerung beim Verbrennungsprozess. Durch die automatische Motorabschaltung im Stillstand (Start/Stopp-Systeme), effizientere Getriebe und fahrzeugtechnische Maßnahmen wie Leichtbau-Karosserien könne man sich weitere Verbesserungen erreichen. Der Report geht davon aus, dass bis 2020 weltweit der Verbrennungsmotor dominieren dürfte, Direkteinspritzungssysteme und Hybridantriebe aber nennenswerte Marktanteile erreichen werden.

Im Bereich der Automobilzulieferer kommt die Untersuchungzu dem Ergebnis, dass dort der Branchenführer Bosch auch in Sachen Nachhaltigkeit deutlich herausragt. Das Unternehmen verfüge über ein breit aufgestelltes Technologiespektrum mit Schwerpunkt Verbrennungsmotortechnik. Die traditionell konstruktive Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und die auf Stabilität ausgelegte Personalpolitik trügen weiter zur guten Bewertung bei. Gute Nachhaltigkeitsleistungen bescheinigen die Sarasin-Experten auch der japanischen Denso, einem eng mit Toyota zusammenarbeitender Zulieferer, der unter anderem Einspritzsysteme und energieeffiziente Klimaanlagen produziert, sowie Johnson Controls aus den USA, der unter anderem Inneneinrichtungen sowie Batterien für Fahrzeuge spezialisiert ist.

Bei der Bewertung von Biokraftstoffen hebt die Bank Sarasin hervor, dass der Anbau von Agrarrohstoffen für die Biokraftstoffproduktion mit der Nahrungsmittelproduktion konkurriert und zum Preisauftrieb von Agrargütern beiträgt. In vielen Anbauregionen würden die Vorteile für Biokraftstoffe fast vollständig aufgehoben, wenn man alle Umweltauswirkungen wie etwa die Überdüngung aus der Landwirtschaft berücksichtige. Zudem sei die durch den Einsatz von Biokraftstoffen erreichbare Verringerung von Treibhausgasen begrenzt. Auch daher habe sich die politische Unterstützung für diese alternativen Brennstoffe generell stark abgeschwächt.

Bildhinweis: Abernte eines Maisfeldes. Die so genannte "Vermaisung" von Landschaften hat die Produktion von Biotreibstoffen, wofür Mais ein wichtiger Rohstoff ist, in Verruf gebracht. / Quelle: MTV
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