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Siemens Energy geht an die Börse – mit großer fossiler Hypothek

Die von der Siemens AG abgespaltete Energietochter Siemens Energy geht heute an die Börse. Siemens hat damit alle Energiesegmente in eine gesonderte Firma ausgegliedert, neben der Kohle- und Gaskraftwerke-Herstellung gehört dazu auch eine Mehrheit am Windkraftanlagenbauer Siemens Gamesa. Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald kritisiert zum Start des Handels die Klimaschädlichkeit aktueller fossiler Siemens-Geschäfte.

Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald kritisiert zum Start des Handels die Klimaschädlichkeit aktueller fossiler Geschäfte. Der Fokus liegt dabei besonders auf Projekte in Israel und in Indonesien.

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So ist Siemens Energy einer der drei Anteilseigner des geplanten „Reindeer Station“-Gaskraftwerks in Israel, das laut urgewald von den Umwelt- und Friedensaktivisten der Organisation EcoPeace Middle East heftig kritisiert wird. Das Kraftwerk soll unweit der Green Line gebaut werden, die das palästinensische Westjordanland von Israel trennt, und wäre Israels größtes privates Stromkraftwerk. Es lege die Region für Jahrzehnte auf einen fossilen Pfad fest, obwohl es in Israel großes Potenzial für erneuerbare Energien gibt.

Das Projekt sei zudem gegen massive Proteste von 14 benachbarten israelischen und zwei palästinensischen Gemeinden durchgesetzt worden. Große Sorgen bereiten den Menschen vor Ort demnach Gesundheitsschäden, die von den Abgasen des Kraftwerks verursacht werden könnten. Verunreinigungen durch auslaufenden Diesel-Treibstoff, mit dem das Gaskraftwerk zum Teil betrieben werden soll, hätten außerdem fatale Auswirkungen auf die ohnehin schon kritische Wasserversorgung in der Region.

Trotz Kohleausstiegsankündigungen im Juli ist Siemens Energy in Indonesien zudem mit den Kohleblöcken Jawa 9 und 10 weiter am Bau eines neuen 2.000-MW-Kohlekraftwerks beteiligt. Prognosen zufolge wird es im Jawa-Bali-Stromnetz, an das das neue Kraftwerk unter Siemens Energy-Beteiligung angeschlossen werden soll, zu massiven Überkapazitäten führen.

Die 22 Kohlekraftwerke, die sich in der Region bereits in Betrieb befinden, tragen laut urgewald dazu bei, dass die Luftqualität in Jakarta zu den schlechtesten der Welt gehört. Eine Studie zu den gesundheitsschädlichen Folgen des neuen Kohlekraftwerks kommt zu dem Schluss, dass Jawa 9 und 10 mehr als 4.700 verfrühte Todesfälle verursachen könnte.

"Trotz Kohleausstiegankündigung stellt der Konzern seine Beteiligung an Jawa 9 und 10 nicht in Frage. Es ist höchste Zeit, intern zu klären, wie der Konzern so schnell wie möglich aus Fossilen aussteigen kann. Nur so lässt sich die von Siemens Energy viel zitierte Dekarbonisierung tatsächlich erreichen", erklärt Regine Richter, Energiecampaignerin von urgewald.

Handelsstart fällt verhalten aus

Das Debüt von Siemens Energy an der Börse fiel verhalten aus. Zum Handelsbeginn am Montag ging die neue Aktie mit einem Startkurs von 22,01 Euro in den Handel, damit ist das Unternehmen an der Börse mit rund 16 Milliarden Euro bewertet. Analysten und Investoren waren im Vorfeld im Schnitt von einem Wert von mehr als 20 Milliarden Euro ausgegangen. Der Kurs dürfte in den nächsten Tagen stark schwanken.

Aktionären von Siemens wurden die Papiere von Siemens Energy automatisch in ihre Depots gebucht. 55 Prozent am neuen Unternehmen wurden so verteilt. 35,1 Prozent der Anteile bleiben zunächst bei Siemens, weitere 9,9 beim Pensionsfonds des Konzerns.

Das Siemens-Kerngeschäft sollen künftig die drei Sparten Mobility, die das Zug-Segment umfasst, Infrastruktur-Technik und Industrie-Automatisierung bilden. Der scheidende Konzernchef Joe Kaeser will erreichen, dass Siemens an der Börse in Zukunft eher als Technologie- denn als Industriekonzern wahrgenommen und höher bewertet wird.

Die Siemens-Aktie liegt im Xetra-Handel aktuell bei 108,28 Euro und damit 3 Prozent niedriger als zum Handelsschluss am Freitag. Auf Monatssicht liegt die Aktie 5,9 Prozent im Minus, Im Jahresvergleich hat sie 16,4 Prozent an Wert gewonnen.

Siemens-Aktionäre müssen wegen der Ausgliederung der Energy-Sparte mit einem entsprechenden Abschlag auf den Kurs rechnen. Eine Einschätzung der Zukunftsaussichten des Konzerns ist schwierig – auch weil sich die neue Strategie noch bewähren muss.

Siemens ist eine ECOreporter-Favoriten-Aktie aus der Reihe Dividendenkönige. Zum ausführlichen Unternehmensporträt gelangen Sie hier.

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