Anleihen / AIF

Sicherer Hafen? – Boom im Geschäft mit Erneuerbare-Energie-Fonds



Im ersten Halbjahr 2009 haben die Anbieter von geschlossenen Fonds in den Bereichen Erneuerbarer Energie mit rund 200 Millionen Euro nahezu hundert Prozent mehr Eigenkapital eingesammelt als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus einer Erhebung von Feri EuroRating hervor. Diese Entwicklung ist laut Beobachtern vor allem eine Folge der Finanzkrise. Anleger bevorzugen nun Sachwert-Anlagen, die mehr Sicherheit bieten als etwa Börsengeschäfte. Die Einnahmen von Erneuerbare-Energie-Fonds sind in Deutschland durch das Erneuerbare Energie Gesetz (EEG) garantiert und damit von Wirtschaftskrisen abgekoppelt. Im EEG schreibt der Gesetzgeber fest, welchen Preis die Energieunternehmen für regenerativ erzeugten Strom zahlen. In vielen europäischen Ländern gibt es ähnliche Regelungen.

Dem aktuellen Trend folgend drängen immer mehr Anbieter von Erneuerbare-Energie-Fonds auf den deutschen Markt; 57 waren es laut Feri Euro Rating in 2008, 2009 werden etliche neue hinzukommen. Doch wie können Anleger hier die Spreu vom Weizen trennen? Im Bereich geschlossener Windfonds, vor wenigen Jahren noch die Fondsart mit dem größten Angebot unter den Erneuerbare-Energie-Fonds, stellt sich die Frage nicht: Nahezu sämtliche neuen Windparks werden heute von einzelnen Investoren gekauft. Teilweise von vermögenden Privatinvestoren, oft aber von Stadtwerken und Stromversorgern. Für die Projektierer von Windparks ist es rentabler, sie für solche Kunden zu entwickeln als sie über geschlossene Fonds zu vermarkten. Institutionelle oder andere Einzelinvestoren mit großem Budget erwarten laut Brancheninsidern oft weniger Renditen als Privatanleger, scheuen aber auch nicht vor Laufzeiten von über 20 Jahren zurück. Für diese Investoren hat die Stabilität des Investments Vorrang. Hier können Windparks trumpfen, weil Erfahrungswerte aus bereits rund 15 Jahren vorliegen. Scheinbar paradoxer Effekt: Verunglimpften etliche große Stromversorger die Windparks in den neunziger Jahren noch, versuchen sie heute, die Anleger der Windfonds zu überzeugen, aus den Fonds auszusteigen und die Windparks an die Konzerne zu verkaufen.

Gute Marktbedingungen vor allem für Photovoltaik

Bei Solarparks reichen die Erfahrungen erst wenige Jahre zurück, und erst seit 2007 werden vermehrt Solarfonds in Deutschland angeboten, deren Solaranlagen in Südeuropa platziert sind. Zwar sinken die Vergütungen für Solarstrom mit jedem Jahr. Doch sie profitieren derzeit vom Preisverfall bei den Solarmodulen – ein Minus von rund 30 Prozent sorgt für günstige Einkaufsmöglichkeiten. Grund dafür ist die Finanzkrise: Weltweit stand weniger Kapital für Solarprojekte zur Verfügung, so dass deutlich weniger Photovoltaikprodukte einen Abnehmer fanden als vorausgesagt. Wegen der gesunkenen Modulpreise war es noch nie so renditeträchtig, Solarparks zu betreiben. Kalkulierten Solarfondsbetreiber 2007 und Anfang 2008 noch mit Preisen von ca. 4.500 Euro pro kW/peak, kaufen sie heute teilweise für 2.800 Euro pro kW/peak ein. Schon 2008 entfielen laut Feri 58 Prozent des Platzierungsvolumens von Erneuerbare-Energie-Fonds auf Solarfonds; 2009 könnte der Anteil weiter steigen.

Auch ein Grünstromprojektierer wie die Hannoveraner Windwärts Energie GmbH setzt verstärkt auf Photovoltaik; im Oktober soll beispielsweise ein geschlossener Solarfonds auf den Markt kommen. Ab 3.000 Euro sollen Anleger sich an dem Projekt im bayerischen Altötting/Oberkastl beteiligen können. Es wurde bereits in Betrieb genommen. In den Jahren zuvor habe man zwar vereinzelt bei Windkraftprojekten Solaranlagen „beigemischt“, doch nur in kleinem Rahmen, da große Projekte nicht wirtschaftlich genug gewesen seien, so Björn Dosdall, Windwärts-vertriebsleiter. Weitere reine Solarfonds seien „sehr wahrscheinlich“, sagt er.  

Süddeutschland bietet gute Standorte

Ebenfalls im sonnenreichen Bayern will der Solarfonds „Chorus CleanTech Solar 2“ Solarparks errichten. Initiatorin des Fonds ist die Chorus CleanTech Management GmbH aus Neubiberg bei München. Ab 10.000 Euro plus fünf Prozent Agio können Anleger einsteigen. Es ist der zweite Solarfonds der Chorus-Gruppe, die sich seit Ende 2005 auf den Bereich Umwelt-Technologie konzentriert.
Der Chorus CleanTech Solar 2 wird unter anderem in ein Solarkraftwerk in Osterhofen bei Deggendorf investieren; es hat drei Megawatt Leistung. Die Solea AG aus Plattling soll dieses und weitere Projekte für Chorus realisieren. Der Fonds will mindestens zehn Millionen Euro Eigenkapital bei Anlegern einwerben. Nach Angaben von Chorus sollen insgesamt über die 20 Jahre der Laufzeit 288 Prozent an die Anleger ausgeschüttet werden. Also 188 Prozent Ausschüttungen plus die vom Anleger eingezahlten 100 Prozent.

Auch die PT Erneuerbare Energien GmbH aus Neckarsulm setzt auf süddeutsche Standorte. Anleger können sich hier schon ab 2.500 Euro beteiligen, plus fünf Prozent Agio. Der PT Energiefonds Deutsche Solardächer ist der erste eigene Erneuerbare-Energie-Fonds der Gesellschaft. Er soll Solaranlagen erwerben; für ein erstes Projekt bei Pforzheim liegt dem Fonds laut Erik Tröster, Geschäftsführer der PT Erneuerbare Energien, ein verbindliches Angebot der Wirsol GmbH vor. Diesen erfahrenen Generalunternehmer, der mit dem RAL Gütezeichen „Solar“ für sich werben darf, will der Fonds mit der Planung und Errichtung der Solarprojekte betrauen. Gekauft werde ausschließlich zu schlüsselfertigen Festpreisen, so Tröster. Insgesamt 213 Prozent soll der Fonds in 20 Jahren ausschütten – auch hier: 100 Prozent sind die Summe, die der Anleger eingezahlt hat, 113 Prozent die zusätzlichen Ausschüttungen.

Der Trend geht nach Südeuropa

Gute, sonnenreiche Solar-Standorte sind  in Deutschland bereits rar. Daher geht der Trend bei geschlossenen Solarfonds zu Projekten in Südeuropa. Spanien etwa war 2008 der am stärksten wachsende Solarmarkt der Welt - hohe Rechtssicherheit und viel Sonne lockten die Anleger. Die lukrative spanische Einspeisevergütung wurde allerdings im Herbst 2008 gekappt, weshalb der Markt dort in kurzer Zeit zusammenbrach und 2009 nur noch wenige neue Solarparks ans Netz kamen. Zumal die neuen Kapazitäten nun gedeckelt sind und es daher für spanische Solarprojekte einen Antragsstau gibt.  

Dennoch will der WOC Nachhaltigkeitsfonds 02 dort mit Sonnenstromkraftwerken sehr hohe Renditen erwirtschaften. Wie soll das gelingen? „WOC kauft derzeit sehr erfolgreich so genannte Bestandssolaranlagen in Spanien auf“, erläutert Tobias Pehle, Gründer und Vorstand der Berliner White Owl Capital (WOC) AG. „Durch den Boom 2008 hat sich ein Markt für den Handel mit bereits am Netz angeschlossenen Solarkraftwerken etabliert. Zudem verstärkt die spanische Immobilienkrise den Abgabedruck bei vielen Erst-Eigentümern.“ Ab 10.000 Euro plus fünf Prozent Agio können Anleger bei dem Solarfonds einsteigen. Pehle: „Ein besonderer Vorteil  in Spanien ist die Kopplung der Einspeisevergütung für Solarstrom an den Verbraucherpreisindex: So steigen die Einnahmen unserer Fonds von Jahr zu Jahr mit der Inflation mit.“
WOC hat Spezialisten als Partner eingebunden; beispielsweise sucht Florian Pfeffer, ansässig in Madrid, Projekte und verhandelt Verträge. Er war früher Geschäftsführer  der Conergy-Tochter Epuron Spain S.L.  Mit der Qualitätskontrolle in der Betriebsphase hat WOC das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg, beauftragt.

Der  WOC 02 ist das zweite Beteiligungsangebot der WOC im Bereich der Erneuerbaren Energien. Für den im Herbst 2008 gestarteten Vorgängerfonds mit 25 Millionen Euro Eigenkapital meldete das Unternehmen Mitte Februar 2009: „Ausverkauft!“ Auch für den zweiten Solarfonds will WOC 25 Millionen Euro als Eigenkapital einwerben. Einschließlich der Kredite soll der Fonds dann 83,76 Millionen Euro investieren können. Die Laufzeit des Fonds endet laut Prospekt nach 25 Jahren, also Ende 2034.  322 Prozent sollen die Anleger bekommen – 222 zusätzliche Ausschüttungen und die 100 Prozent ihrer Einlage.

In Italien boomt die Photovoltaik

Besonders zieht es deutsche Solarprojektierer derzeit wegen der Vergütungsregelungen nach Italien. Ein Solarfonds, der hier investiert, ist der „Trend Capital Sonne Italiens“. Er plant ein Acht-Megawatt-Kraftwerk bei Turin. Fondsinitiator ist mit der Trend Capital AG aus Mainz ein Unternehmen, das wie die WOC zuvor auf Immobilienprojekte setzte und nun auf alternative Energieprojekte umgeschwenkt ist. Seit 2005 realisierte Trend Capital drei Solarfonds mit knapp acht Millionen Euro Eigenkapital. Anleger können sich ab 5.000 Euro an diesem Photovoltaikfonds beteiligen. Das Agio beträgt fünf Prozent, die Laufzeit 20 Jahre.

Das Solarkraftwerk bei Turin soll Ende des 2. Quartals 2010 ans Netz gehen. Eine Entscheidung über den Bauantrag lag zur Zeit des Prospektdrucks ebenso wenig vor wie verbindliche Zusagen für Fremdfinanzierungen. Die Ausschüttungen des Fonds sollen 2011 mit 1,9 Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital inklusive Agio beginnen und sich bis auf 13,3 Prozent im letzten Jahr steigern. Erst 2029 soll dann die Kapitalrückzahlung in Höhe von 100 Prozent hinzukommen. Der Prospekt prognostiziert insgesamt 169 Prozent Ausschüttungen plus die vom Anleger eingezahlten 100 Prozent. Für den Fonds gibt es keine so genannte Platzierungsgarantie: Sollte nicht genug Kommanditkapital eingesammelt werden, droht die Rückabwicklung. In der Vergangenheit hat Trend Capital bei anderen Fonds ähnlicher Größe allerdings Vertriebsstärke unter Beweis gestellt.

Solarprojekte in Südeuropa bergen vor allem wegen der hohen bürokratischen Hürden für Genehmigungen auch Risiken, betont Götz Fischbeck, Experte der BHF Bank. Laut seiner Analyse verharren alleine in Italien aufgrund des bürokratischen Aufwandes derzeit Solarprojekte mit mehreren Hundert Megawatt im Vorbereitungsstatus. Eine Ausnahme sei die Region Apulien, wo sich die Behörden vor Ort der Photovoltaik gegenüber besonders aufgeschlossen zeigten.

Bioenergie-Fonds unterscheiden sich stark voneinander

Der Markt für geschlossene Erneuerbare-Energie-Fonds besteht zur Zeit neben den Solarfonds vor allem aus Biogas- oder Biomasse-Fonds. Ein Beispiel: Die Hamburger NMI (New Milestone Investments) Capital GmbH hat einen Fonds aufgelegt, der in Biomasse-Kraftwerke investieren soll. Hersteller und Betreiber der Anlagen ist die Hochtief Energy Management GmbH aus Essen. Langfristige Wärmeabnahme- und Brennstofflieferverträge sollen die Anleger absichern.  
Für zwei Standorte wurden laut der der Initiatorin Vorverträge über die Wärmelieferung an Industrieunternehmen unterzeichnet und die Kraftwerke fertig konzipiert. Anleger können ab 10.000 Euro einsteigen, plus fünf Prozent Agio. Die Laufzeit des Fonds liegt bei 15 Jahren. Es ist Fonds Nummer eins der erst 2008 gegründeten NMI. Sie gehört zur die Ownership-Gruppe, die auf Schiffsbeteiligungen spezialisiert ist. Die Ausschüttungen sollen bei 221 Prozent liegen. Auch hier gibt es keine Platzierungsgarantie. Sollte nicht genug Kommanditkapital eingesammelt werden, droht die Rückabwicklung und dem Anleger damit ein Verlust.

Biomasse in Brasilien

Mit Risiken behaftet ist auch das Investment in den Fonds „MPC Bioenergie“ der MPC Capital Investments GmbH. Sie ist eine Tochterfirma der börsennotierten MPC AG aus Hamburg. Insgesamt 27 Millionen Euro will MPC für den Fonds einwerben, der auf ein Biomassekraftwerk in Brasilien setzt. Es soll täglich 400 Tonnen Abfallstoffe aus der Reisproduktion verbrennen und dann eine elektrische Leistung von bis zu 12,3 Megawatt erzeugen. Laut MPC wird das Kraftwerk in São Borja im südlichsten brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul bereits gebaut. Einsteigen können Anleger ab 10.000 Euro plus drei Prozent Agio. Investments in Brasilien sind aber nicht so geschützt wie in Deutschland. Hinzu kommt das beträchtliche Wechselkursrisiko: Die Einnahmen aus dem Kraftwerk erfolgen laut Prospekt in der Landeswährung. Die Laufzeit des MPC Bioenergie beträgt 17,5 Jahre. In diesem Zeitraum sollen Gesamtausschüttungen in Höhe von 268 Prozent auf die Kommanditeinlage erfolgen, also 168 Prozent Ausschüttungen plus die vom Anleger eingezahlten 100 Prozent.

Auch wenn Verträge über die Lieferung von Reishülsen für zwölf Jahre vorliegen sollen, auch wenn mit der deutschen Areva Bioenergy GmbH ein Anlagenlieferant mit solidem Namen mit im Boot ist und selbst wenn der Fonds CO²- Umweltzertifikate (Carbon Credits) verkaufen könnte: Das Projekt ist riskant und für den normalen privaten Anleger mit zu viel Unsicherheiten verbunden.

Tipps für die Anlage in geschlossene Erneuerbare Energie-Fonds

Bevor Anleger ihr Geld in einen nachhaltigen geschlossenen Fonds investieren, sollten sie sich den Prospekt für den Fonds sorgfältig durchlesen. Vermittelt er ein übersichtliches Bild von den bisherigen Leistungen des Fonds-Initiators? Vor allem eine so genannte „Leistungsbilanz“ offenbart, ob der Anbieter seine früheren Prognosen realisiert hat.

Die Sicherheit des Investments steigt, wenn bei Erneuerbare-Energie-Projekten Bau- und Betriebsgenehmigungen vorliegen und der Netzzugang geregelt ist. Zudem sollte eine Finanzierungszusage für die Kredite vorliegen. Die Banken tragen meist immerhin etwa zwei Drittel der gesamten Investitionen. Wesentlich sind auch die Angaben zur Mittelverwendung im Prospekt: Das Kapital sollte zum allergrößten Teil in die Kraftwerke fließen und nicht etwa in Verkaufsveranstaltungen oder horrende Planungsleistungen.

Nicht zuletzt gilt: Wer in geschlossene Fonds investiert, wird zum Mitunternehmer. Diese Fonds sind keine Sparbücher, sondern erheblich riskanter. Und die Laufzeiten von oft 20 Jahren stellen Anleger vor allem vor eine Frage: Kann ich es mir leisten, so lange auf mein eingesetztes Geld zu verzichten? Denn einfach kündigen und das Geld herausverlangen – das geht bei geschlossenen Fonds nicht.


Bildhinweise: Süddeutscher Solarpark / Quelle: Phoenix Solar; Tobias Pehle / Quelle: White Owl Capital (WOC) AG.
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