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Schweres Erbe? – Was Solar Millennium erdrückte, soll solarhybrid zu neuen Höhen führen




Die solarhybrid AG aus der sauerländischen Kleinstadt Brilon will eine Größe im internationalen Solarkraftwerks-Geschäft werden. Gelingen soll dies vor allem durch den Kauf der US-Sparte von Solar Millennium samt aller Projekte, die das Erlanger Unternehmen in den USA bis zu seiner Pleite kurz vor Weihnachten 2011 vorangetrieben hatte. Das sind Sonnenstromkraftwerksvorhaben mit 2,25 Gigawatt (GW) oder 2250 Megawatt (MW) geplanter Leistungskapazität. Zum Vergleich: das wäre mehr Energie als zwei durchschnittliche Atomkraftwerke liefern.

Solarthermische Großkraftwerke - teure Technik mit großem Potenzial

Die Solar Millennium AG setzte nicht auf Photovoltaik, also auf die Erzeugung von Strom durch Solarmodule, wie man sie von den Hausdächern gewohnt ist. Stattdessen arbeitet sie mit Solarthermie, genauer gesagt mit „Concentrated Solar Power“, kurz CSP. Solar Millennium projektierte und baute diese Kraftwerke. Ihre Technologie hat gegenüber der Photovoltaik zwei Vorteile: Sie ist wesentlich leistungsstärker, und der Strom ist zumindest für etwa eine Nacht und einen Tag speicherbar.

Und so funktioniert es: Zahlreiche gewölbte Spiegel werfen die Sonnenstrahlen gebündelt auf ein Rohr, in dem sich eine Flüssigkeit so erhitzt, dass sie verdampft. Der Dampf treibt eine ganz normale Turbine an, die wiederum einen Generator, und der erzeugt Strom. Weil sich diese Form der Stromerzeugung für extreme Hitze eignet, spielt sie in den Planungen der Wüstenstrom-Initiative Desertec eine große Rolle (mehr dazu lesen Sie Opens external link in new windowhier).Die kleineren dieser Großkraftwerke haben 30 bis 50 MW Leistungskapazität. Mit „Andasol“ realisierte Solar Millennium selbst mehrere zusammenhängende Parabolrinnen-Kraftwerke in Spanien, die seit 2009 Strom produzieren.
Bildnachwies: Solarfeld eines solarthermischen Großkraftwerks von Novatec Solar. / Quelle: Unternehmen

Schon die Größenordnung der einzelnen Projekte macht CSP-Kraftwerke zum Milliardengeschäft mit langen und schwierigen Planungsphasen. Immer wieder sind hohe Anschubfinanzierungen nötig. Die Solar-Millennium-Aktie erwies sich wegen des unsteten Projektgeschäfts über Jahre als sehr schwankungsanfällig.

Die solarhybrid AG bemühte sich schon vor der Solar-Millennium-Pleite um die US-Sparte des Unternehmens (ECOreporter.de Opens external link in new windowberichtete). Während dieser ersten Verhandlungen war die Rede davon, die geplanten Kraftwerke an den fünf US-Standorten nicht mit Photovoltaik zu realisieren, sondern mit CSP. Die Insolvenz von Solar Millennium kam dem Geschäftsabschluss zuvor. Quasi im zweiten Anlauf unterzeichnete solarhybrid Anfang Februar doch noch einen Kaufvertrag. Dieser steht allerdings noch unter dem Vorbehalt, dass solarhybrid bis Ende März Barbürgschaften in Millionenhöhe beibringt, die Solar Millennium hinterlegt hatte (mehr dazu erfahren Sie Opens external link in new windowhier).

„Solarstrom ist in einigen US-Bundesstaaten günstiger als konventionelle Energie“, sagt Albert Klein, Finanzvorstand der solarhybrid AG gegenüber ECOreporter.de. solarhybrid hat durchaus Erfahrung mit großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Das Unternehmen realisierte in der jüngeren Vergangenheit mehrere große Solarparks, unter anderem auf ehemaligen Militärflugplätzen im Osten Deutschlands.
Bildnachweis: Albert Klein, Finanzvorstand der solarhybrid AG. / Quelle: Unternehmen


Mit welcher Technologie sie den US-Markteinstieg schultern will, ist allerdings noch offen: „Die endgültige Entscheidung über die einzusetzende Technik ist noch nicht gefallen. solarhybrid befindet sich derzeit in Verhandlungen mit verschiedenen Lieferanten, unter anderem mit First Solar“, sagt Klein. Wird solarhybrid wie früher Solar Millennium privaten Anlegern Anleihen oder Genussrechte verkaufen, um das US-Geschäft zu finanzieren? „Wir haben verschiedene Finanzierungsmaßnahmen in Planung, auch für unser anderweitiges deutsches und internationales Geschäft. Details hierüber werden wir im Rahmen der gesetzmäßigen Ad-hoc Pflichten veröffentlichen“, kündigt der Finanzvorstand an.

Der US-Markt hält Fallstricke bereit – ist solarhybrid gerüstet?

Die Erneuerbaren Energien werden auch in den USA staatlich gefördert, unter anderem über die so genannten Federal Tax Credits. Das sind Steuernachlässe, die für Erneuerbare-Energie-Vorhaben einmalig beantragt werden können. Bauherren können ihre Errichtungskosten damit deutlich verringern. Für zahlreiche Erneuerbare-Energiesparten, unter anderem Windenergie, hat die US-Regierung die Tax Credits jüngst gekürzt. Albert Klein zufolge wird das für die Amerika-Strategie der solarhybrid AG voraussichtlich keine Probleme nach sich ziehen: „Die Tax Credits in den USA wurden für Solaranlagen noch nicht gesenkt. Das ist für Ende 2016 geplant. Bis dahin erwarten wir einen weiteren Rückgang der Kosten von Solaranlagen. Das wird diese Entwicklung ausgleichen. Unsere US-Projekte werden aber wahrscheinlich vor diesem Zeitpunkt umgesetzt.“

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist in den USA ein klassisches Thema der Demokraten um Präsident Barack Obama, der sich im November 2012 zur Wiederwahl stellen wird. Was, wenn danach ein erklärter Gegner der Erneuerbaren-Energien aus dem Lager der Republikaner ins Weiße Haus einziehen würde? „Die Projekte befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium. Daher bestehen geringe Gefahren bei einem Regierungswechsel. In jedem Fall aber ist die Produktion von Solarstrom in Kalifornien und anderen Bundesstaaten der USA schon heute teils günstiger als Strom aus konventionellen Kraftwerken. Ferner gibt es, beispielsweise in Kalifornien, Gesetze auf Bundesstaatenebene, die nicht von der Bundesregierung in Washington beeinflusst werden“, so der Finanzvorstand weiter. Zu welchem Preis Sonnenstrom in den USA rentabel sei, hänge von verschiedenen Faktoren ab: „Da kommt es in den USA ganz wesentlich auf die Verfügbarkeit von Erdgas an. Ferner gibt es in den USA unterschiedliche Preise für Tages- und Nachtstrom. Besonders der von Photovoltaik-Anlagen produzierte Tagstrom wird teurer verkauft. Preise von 12 bis 15 Dollarcent sind allgemein akzeptabel.“

Ob die solarhybrid AG tatsächlich das gesamte Portfolio der US-Sparte von Solar Millennium komplett selbst realisiere, sei noch offen. Der Weiterverkauf einzelner Projekte sei eine Option, die derzeit geprüft werde, so Klein.

Aktionäre im Wechselbad der Gefühle

Die Aktie der solarhybrid AG ist, wie viele andere Solaraktien, sehr schwankungsanfällig. Als die Unterzeichnung des Kaufvertrages mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter von Solar Millennium Anfang Februar bekannt wurde, sprang die Aktie zwischenzeitlich auf 7,50 Euro. Heute startete die solarhybrid Aktie den Handel an der Deutschen Börse bei 4,73 Euro. Seit dem Zwischenhoch vor knapp drei Wochen verlor die Aktie sogar 37 Prozent an Wert. Auf Jahressicht verbilligte sie sich um knapp 29 Prozent.

solarhybrid AG: ISIN DE000A0LR456 / WKN A0LR45
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