Erneuerbare Energie

Roland-Berger-Studie: Offshore-Windkraft im Kommen

Schluss mit niedrigen Zubauzahlen und hohen Kosten bei Offshore-Windenergie – die Stromerzeugung auf See steht offenbar am Wendepunkt. Das verkündet jedenfalls eine aktuelle Studie von Roland Berger: Demnach sinken die Kosten für die Errichtung von Windkraftanlagen auf See, was die Energieerzeugung wettbewerbsfähiger macht. Aus diesen Gründen erwartet die Unternehmensberatung aus Berlin ein Wachstum des Offshore-Windkraftmarktes sowie einen internationalen Ausbau der Technologie.


Derzeit stockt der Ausbau von Offshore-Windparks in Europa:  Im ersten Halbjahr 2016 sind auf See Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 511 Megawatt (MW) in Europa installiert worden.  Damit fiel der Zubau um satte 78 Prozent geringer aus als im ersten Halbjahr 2015. "Hauptgrund dafür sind die hohen Kosten für Bau und Betrieb von Windparks unter den speziellen Bedingungen auf See", erklärt Roland Berger. Pro erzeugter Megawattstunde liegen sie bisher zwei- bis dreimal so hoch wie bei Anlagen an Land. Kritiker bezweifeln daher grundsätzlich, dass diese Art der Stromerzeugung wettbewerbsfähig werden kann.

Niedrige Kosten: Offshore-Windpark Borssele halbiert Abstand zu Onshore-Windenergie

Mit der Studie "Offshore wind power - Takeaways from the Borssele wind farm" will Roland Berger diese Annahmen wiederlegen: Die Unternehmensberater haben sich dafür mit  dem niederländischen Offshore-Windparkprojekt "Borssele"  beschäftigt. Das Ergebnis der Ausschreibung für diesen neuen Windpark beweise, dass die Kosten erheblich gesenkt werden könnten: "Mit Gesamtkosten von 87 Euro pro Megawattstunde (MWh) erzeugter Strommenge hat Borssele den Abstand zu Onshore-Windparks halbiert und liegt heute schon deutlich unter den 115 Euro pro MWh, die sich die Branche erst für 2020 als Ziel gesetzt hat", so die Autoren der Studie.

"Die rekordverdächtig niedrigen Stromgestehungskosten beim Borssele-Projekt zeigen das erhebliche Einsparpotenzial für die Offshore-Windkraft", sagt Manfred Hader, Partner von Roland Berger. Der günstige Preis von Borssele sei vor allem auf vier Faktoren zurückzuführen ist: optimierte betriebliche Prozesse, technische Innovationen, größere und leistungsstärkere Turbinen sowie mehr Wettbewerb unter den Zulieferern. "Diese strukturellen Faktoren gelten grundsätzlich für die gesamte Branche", erklärt Hader. "Dagegen spielen zyklische Effekte wie die niedrigen Zinsen sowie Stahl- und Ölpreise eine geringere Rolle."

Bei fossilen Kraftwerken liegen die durchschnittlichen Kosten pro Megawattstunde beim derzeit niedrigen Preis für CO2-Emissionszertifikate zwischen 40 und 60 Euro, bei Windkraft an Land zwischen 40 und 70 Euro und bei Strom aus Photovoltaik zwischen 70 und 130 Euro. "Das Borssele-Projekt mit seinen 87 Euro pro Megawattstunde zeigt deutlich, dass Offshore-Windenergie schon bald zum ernstzunehmenden Wettbewerber für alle anderen Stromerzeugungsmethoden wird", erläutert Hader.

Auch der europäische Windkraftverband, die European Wind Energy Association (EWEA), geht davon aus, dass der Offshore-Markt im kommenden Jahr wieder deutlich anziehen wird. So seien allein im ersten Halbjahr 2016 für sieben weitere Windparks in europäischen Gewässern Investitions-Entscheidungen gefallen.
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x