Anleihen / AIF

Prokon: Anlegerschützer plädieren für Verkauf an EnBW

Spannung auf der Zielgeraden: Maßgebliche Gläubiger von Prokon sind uneins darüber, welcher Weg aus der Insolvenz der richtige für den Windkraftprojektierer aus Itzehoe ist. Wenige Tage bevor die Anleihegläubiger eine erste wegweisende Entscheidung verbindlich treffen müssen, hat die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) offiziell Stellung bezogen: Der Anlegerschutzverein plädiert für den Verkauf des Kerns von Prokon an den Atomkonzern EnBW und gegen die Fortführung als Genossenschaft in Anlegerhand.
In drei Tagen, am 26. Juni 2015, steht für die rund 75.000 Anleihegläubiger von Prokon eine wichtige Vorentscheidung an, ohne die Prokon keine Chance hat, als Genossenschaft „Prokon 2.0“ fortgeführt zu werden: Damit der Genossenschaftsverband die Gründung von Prokon 2.0 überhaupt zulässt, muss sichergestellt sein, dass das Unternehmen mit ausreichendem Eigenkapital starten wird. Im Fall von Prokon sollen es soll das Eigenkapital  mindestens 161 Millionen Euro betragen. Es müssen aber mindestens 660 Millionen Euro Nominalvolumen an Genussrechten zusammenkommen, damit eine Umwandlung in eine Genossenschaft zur Abstimmung kommt. Damit das möglich wird, müssen entsprechend viele Genussrechte-Gläubiger bis spätestens zum kommenden Freitag verbindlich erklären, dass sie einen Teil ihres Investments bei Prokon belassen.

Für diese Lösung trommelt vor allem der Anlegerverein „Die Freunde von Prokon“, einer der maßgeblichen Vertreter im Gläubigerausschuss.  Laut Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin müssten rund 30.000 Anleger sich dazu bereit erklären, damit die Hürde des Genossenschaftsverband genommen werden kann.

DSW-Funktionär: „Lieber Spatz in der Hand als Taube auf dem Dach“

Allerdings wird deutlich, dass in dieser Frage im Gläubigerausschuss keine vollständige Einigkeit besteht. Der ebenfalls dort vertretene Anlegerschutzverein DSW hat öffentlich Zweifel daran angemeldet, ob das Genossenschaftsmodell für alle betroffenen Anleger die richtige Lösung darstellt. „Dies kann nur eine Option sein für Anleger, die sich bewusst über viele Jahre binden wollen und vollends verstehen, welche Verpflichtung und welches Risiko sie damit eingehen“, wird Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW,  in Medien zitiert. Es sei fraglich, ob sich Prokon tatsächlich so entwickle wie es im Insolvenzplan für die Genossenschaftsvariante vorgesehen sei. Deshalb sei die Offerte des Energieriesen EnBW, der 550 Millionen Euro bietet, aus Tünglers Sicht die bessere Alternative. „Lieber kurzfristig den respektablen sogenannten Spatz in der Hand zu wählen, also das mit der EnBW-Offerte verbundene Investorenmodell, anstelle der erst in vielen Jahren wertmäßig aufschließenden Taube auf dem Dach“, erklärt Tüngler einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zufolge.

Anleger sollen in beiden Fällen mehr als die Hälfte zurückbekommen

Unabhängig davon, wie sich die Genussrechteinhaber entscheiden, besteht die Chance auf eine vergleichsweise hohe Insolvenzquote. Sowohl die Pläne von EnBW als auch die der Verfechter des Genossenschaftsmodells sehen vor, dass die Gläubiger mehr als die Hälfte ihrer Investitionen zurückerhalten sollen. Vielfach liegen Insolvenzquoten im unteren zweistelligen Prozentbereich. Bei Prokon ist es nun so, dass der Insolvenzplan für das Genossenschaftsmodell zwar knapp 59 Prozent Insolvenzquote in Aussicht stellt, dafür aber ein langfristiges unternehmerisches Engagement als Genossenschaftler zur Bedingung macht. Die EnBW-Offerte soll den Anlegern 52,2 Prozent ihrer Einlagen zurückbringen, wobei diese kurzfristiger ausgezahlt werden sollen (mehr lesen Sie  hier). Der Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hatte stets betont, dass beide Lösungen aus seiner Sicht „tragfähig“ seien.

Viel öffentlicher Zuspruch für Genossenschaftsmodell
Bisher schien es, als schlage das Pendel eher in Richtung Genossenschaft aus. Weite Teile der Belegschaft von Prokon in Itzehoe hatten sich dafür ausgesprochen. Zudem gab es vor einigen Monaten bereits eine nicht bindende Abstimmung dazu, in der zahlreiche Anleger ihre Bereitschaft zum Eintritt in eine Genossenschaft signalisiert hatten. Die Verfechter des Genossenschaftsmodells haben zudem mit der GLS Bank aus Bochum einen prominenten Führsprecher auf ihrer Seite (Aussagen von GLS-Vorstandssprecher Thomas Jorberg und weitere Hintergründe lesen Sie lesen Sie  hier).

Der Verein „Die Freunde von Prokon“ teilt unterdessen mit, dass die GLS Treuhand die Verfechter des Genossenschaftsmodells aktiv unterstütze. Mit dem gemeinmützigen Verein der GLS Bank sei ein entsprechendes Treuhandverfahren vereinbart worden. Damit werde denjenigen Anlegern, die für das Genossenschaftsmodell sind, ein weiterer Weg eröffnet, zum Eigenkapital der Prokon Genossenschaft Kapital zuzuschießen. Dafür sollen die Genussrechte-Gläubiger im Vorgriff auf die geplante Anleihe zustimmen, 34,5 Prozent ihrer angemeldeten Forderungen als Eigenkapital in die Genossenschaft einzubringen. Zudem können Gläubiger, die bis zu 1.000 Euro investiert hatten, der GLS Treuhand erlauben, „Barkapital von Ihrem Konto einzuziehen“. Den Ablauf einer solchen Einverständniserklärung erklären „Die Freunde von Prokon“ auf ihrer Internetseite.


Freunde Prokons zwingen EnBW zur Änderung von Präsentationsfolien

Sowohl „Die Freunde von Prokon“ als auch EnBW werben im Internet und in Veranstaltungen bundesweit für ihre Ziele. Im Kampf um die Stimmrechte der Genussrechte-Anleger von Prokon für die entscheidende Gläubigerversammlung am 2. Juli 2015 in Hamburg haben die Freunde von Prokon jetzt einen Erfolg für sich verbucht. Es sei gelungen die  EnBW mittels einer „strafbewehrten Unterlassungserklärung“ dazu zu zwingen, die Präsentationsfolien zu ändern, mit denen EnBW bei Anlegern für die Übernahme werbe. Das teilt der Anlegerverein mit. Dabei ging es darum, wie EnBW die künftige Liquiditätssituation von Prokon darstellte für den Fall, dass das Unternehmen als Genossenschaft fortgeführt wird.
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