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„Positiv sehen wir die Sektoren Bahntechnik und Bahnbetreiber“- ECOreporter.de-Interview mit Hans Berner, Fondsmanager Meridio GreenBalance



ECOreporter.de: Die Aktienindices haben sich seit ihren Tiefstständen im März deutlich erholt. Wie schätzen Sie die Lage ein: Geht es weiter bergauf mit den Märkten?

Hans Berner: Auch wenn es derzeit schick zu sein scheint, solche Dinge vorherzusagen: Ich erwarte keine weitere Crash-Welle. Das Schlimmste scheint mir überwunden. Es kann natürlich jederzeit ein kleinerer Rückschlag erfolgen, im Markt gibt es aber genügend Liquidität für eine weitere Aufwärtsbewegung. Die wird aber nicht weiter so steil verlaufen wie in den letzten Wochen.

ECOreporter.de: Wie groß ist die Gefahr einer starken Inflation?

Berner: Gering, es wird eine leichte Inflation geben. Die ist auch unausweichlich für die Staaten, die ihre Schulden reduzieren müssen.

ECOreporter.de: Welche Branchen sind aus Ihrer Sicht besonders erfolgversprechend?

Berner: Wir haben stärker auf den Biolebensmittelsektor gesetzt. Das ist eine Branche, der die Zukunft gehört. 2007 gab es in diesem Bereich starke Einbrüche, weil Biokonsum immer noch mit Luxus gleichgesetzt wurde. Die Analysten hatten die Sorge, dass die Konsumenten an diesen Ausgaben besonders sparen.
Ein Beispiel für den Erfolg der Branche ist die US-amerikanische Biosupermarktkette Whole Foods Market. Deren Aktie ist in den letzten zwölf Monaten um 50 Prozent gestiegen. Das Unternehmen hat es geschafft, das lange Zeit etwas verstaubte und sektiererische Image der Biobranche abzuschütteln. Und der Krise begegnet man mit einer intelligenten Vermarktungsstrategie: Attraktive Einsteigerangebote sollen neue Kunden anlocken. Ein anderer interessanter Titel ist United Natural Foods.

Positiv sehen wir auch die Sektoren Bahntechnik und Bahnbetreiber. Aus diesem Bereich ist die Vossloh AG zu empfehlen. Das Unternehmen hat sich gut durch die Krise manövriert und verfügt weiterhin über einen guten Auftragsbestand. Wir gehen generell davon aus, dass sich die Krise weniger gravierend auswirkt, als sie in der Öffentlichkeit thematisiert wird. Aufgrund der großen Bedeutung staatlicher Aufträge wird es im Bereich der Bahntechnik zudem nicht so starke Einbrüche geben wie in anderen Branchen.
Für aussichtsreich halten wir auch Canadian National Railways. Das Unternehmen hat ein hervorragendes Schienenetz, das quer durch Kanada und bis nach New Orleans in den USA reicht. In den letzten zwölf Monaten ist die Aktie fast unverändert.

ECOreporter.de: Welche Themenbereiche sollten Anleger meiden?

Berner: Auf jeden Fall die Themen Biogas und Biodiesel. Zurückhaltung ist auch bei Solartiteln geboten, für die honoriert die Börse derzeit selbst gute Zahlen nicht.

ECOreporter.de: Krisen werden vielfach als Chance für eine Marktbereinigung gesehen. Nur die Starken überleben. In welchen Bereichen rechnen Sie mit so einer Entwicklung und welche Unternehmen werden gestärkt aus der Krise hervor gehen?

Berner: Erlauben Sie mir dazu eine allgemeine Bemerkung: Ich bin enttäuscht darüber, dass diese tiefe Krise scheinbar nichts am Verhalten der Menschen verändert hat. Es wurde eine große Chance zu einer Ökologisierung der Wirtschaft und zum Aufschwung „grüner“ Geldanlagen verpasst. Mit dem wachsenden Zulauf an Kunden können wir zwar zufrieden sein, die erhoffte sprunghafte Steigerung des Anlagevolumens hat es aber nicht gegeben.

Ich erwarte eine Marktbereinigung in der Solarbranche. Das wird aber nicht zum Nachteil der Aktionäre sein. Große Player werden sich durch Zukäufe vergrößern und externe Konzerne wie Bosch oder Siemens werden zur Diversifikation in diesen Bereich investieren; besonders jetzt zu Zeiten niedriger Preise.
Als sicheren Gewinner der Entwicklung sehe ich die SolarWorld. Trotz der hohen Verschuldung hat auch Solon gute Chancen, gestärkt aus der Krise hervor zu gehen. Q-Cells hat in den letzten Monaten sehr enttäuscht. Gut aufgestellt ist auch Phoenix Solar. Ganz klar: Chinesische Solarfirmen werden von der Bereinigung profitieren. Allerdings halte ich den Markt dort im Moment für überhitzt.

Auch bei Biogas und Biodiesel findet eine Marktbereinigung statt. In diesem Sektor rechne ich damit, dass einzelne Unternehmen vollständig aufgeben müssen und auch nicht übernommen werden.



ECOreporter.de: Herr Berner, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Bildhinweis: Vossloh-Lok. / Quelle: Unternehmen
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