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Erneuerbare Energie, Anleihen / AIF
„Photovoltaik wird in den USA jährlich 50 bis 60 Prozent wachsen“ – Erneuerbare-Energie-Experte Dr. Jan-Philipp Gillmann/Commerzbank im ECOreporter.de-Interview über Trends und über Anforderungen an Projektierer, die Kredite beantrage
ECOreporter.de: Herr Dr. Gillmann, wie beurteilen Sie die aktuellen Marktaussichten im Bereich Erneuerbare Energien?
Dr. Jan-Philipp Gillmann: Der gesamte Markt der Erneuerbaren Energien wird stark wachsen. Auch der weltweite Energiebedarf wird weiter ansteigen. Aber die fossilen Ressourcen sind begrenzt. Die Sicherstellung der globalen Energieversorgung und der Kampf gegen den Klimawandel sind die großen Herausforderungen der Zukunft. Weltweit arbeiten die Regierungen am Erreichen ihrer Klimaschutzziele. Das sind die entscheidenden Wachstumstreiber für den Ausbau der regenerativen Energien. Allerdings sorgen die wachsende Unsicherheit über die Förderungen in Europa und der aktuell schwache US-Markt für Unruhe. Positiv ist zu bemerken, dass insbesondere strategische Investoren zunehmend Interesse an der Anlageklasse Erneuerbare-Energien finden und dass der Bereich Offshore-Windenergie langsam anläuft.
ECOreporter.de: Wie sehen Sie die künftige Entwicklung im Bereich Photovoltaik?
Gillmann: Auch im Bereich Photovoltaik sehen wir große Zubau-Potenziale. Wie weit das Wachstum tatsächlich reicht, hängt stark von den politischen Entscheidungen ab. Weltweit liegt das Wachstumspotenzial für Photovoltaik bis zum Jahr 2014 zwischen ca. 15 und 25 Prozent pro Jahr. Das größte Ausbaupotenzial sehen wir in Nordamerika. Wir prognostizieren, dass sich der Photovoltaikzubau dort in den kommenden vier Jahren zwischen ca. 50 und 60 Prozent pro Jahr bewegen wird, allerdings ausgehend von einer geringen Basis. Asien kommt auf eine Zubaurate zwischen gut 20 und gut 30 Prozent jährlich. Das Photovoltaik-Wachstum in Europa wird nach unserer Ansicht zwischen 5 und 20 Prozent liegen pro Jahr – allerdings schon von einer hohen Basis kommend. Für Deutschland sehen wir über die kommenden Jahre ein Schrumpfen der Neuinstallation - geschuldet vor allem der Tatsache, dass Deutschland momentan weltweit eindeutiger Spitzenreiter ist bei den Neuinstallationen.
ECOreporter.de: Wie haben sich die politischen Diskussionen um die Solarstromvergütung auf die Solarmärkte ausgewirkt?
Gillmann: Sehr deutlich. 2008 machte der spanische Solarmarkt rund 40 Prozent des Weltmarktes aus. Als Spanien nach dem starken Photovoltaik-Wachstum eine strikte Obergrenze einführte, kam es zu einem massiven Überangebot. Der daraus folgende Markteinbruch in Spanien wurde vom deutschen Marktaufschwung kompensiert. Nach wie vor ist der Gesamtmarkt stark abhängig von politischen Entscheidungen in einzelnen Ländern. So gibt es derzeit in Ländern, die 70 Prozent des Weltmarkts ausmachen – u.a. Deutschland, Frankreich und Tschechien – Debatten um weitere Kürzungen der Einspeisevergütungen, ähnlich der in Spanien. Langfristig erhöhen die sinkenden Vergütungssätze den Preisdruck. Momentan beobachten wir aber aufgrund der noch hohen Nachfrage insbesondere aus Deutschland stabile und teilweise sogar steigende Preise.
„Bei Krediten erste Anzeichen für funktionierenden Syndizierungsmarkt, Interesse an Krediten bei Banken und nun auch Versicherungen“
ECOreporter.de: Inwiefern spüren die Erneuerbare-Energie-Branchen noch die Folgen der Finanzkrise? Bekommen die Projektierer mittlerweile wieder Kredite?
Gillmann: In Deutschland ist der Wettbewerb zwischen den Banken speziell bei kleinen und mittleren Projekten immer noch groß und damit die Finanzierung kein Engpass. Die Finanzierung von Großprojekten in Deutschland und generell auf internationaler Ebene ist jedoch weiterhin schwieriger. Die Finanzkrise hat einige erfahrene Regenerative-Energie-Finanzierer geschwächt. Als Reaktion darauf haben Förderbanken Refinanzierungsprogramme gestartet und teilweise auch Risikoübernahmen getätigt. Es gibt erste Anzeichen für einen funktionierenden Syndizierungsmarkt. „Neue“ Banken und auch Versicherungen zeigen zunehmend Interesse an der Assetklasse regenerative Energien.
ECOreporter.de: Wonach beurteilt Ihre Bank, ob sie einen Kredit für ein Erneuerbare-Energien-Projekt in der Größenordnung ab 5 Millionen Euro aufwärts vergibt?
Gillmann: An erster Stelle steht die Qualität des Projekts an sich. Maßgeblich sind gut und sauber kalkulierbare Cashflows und die Güte der zu verbauenden Komponenten. Zweitens sollten die am Projekt beteiligten Parteien regenerative Energien nicht als kurzfristigen Trend begreifen, sondern nachhaltiges Interesse mitbringen, dazu ausreichend Erfahrung in dem Bereich und das richtige Maß an Professionalität. Die Bank schaut auch darauf, inwiefern der Kunde weitere Projekte plant, die als mögliche Folgegeschäfte in Frage kommen – inwiefern also die Strategie der Bank mit der der Sponsoren zusammenpasst. Von Seiten der Bank ist es außerdem auch eine Frage der Kapazitäten. Als Kreditgeber muss sie zum gewünschten Zeitpunkt in der Lage sein, die Finanzierungsanfrage bearbeiten zu können.
ECOreporter.de: Dr. Gillmann, vielen Dank für das Gespräch!