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Pfeifen im Walde oder Trotzreaktion? - Deutsche Solarunternehmen verbreiten auf der Intersolar Zuversicht



Wie in den 20 Jahren zuvor stellte die deutche Solarbranche mit 977 Unternehmen erneut die größte Zahl an Ausstellern, von denen aber bereits jedes vierte Unternehmen aus China kam, der stark aufstrebenden neuen Macht im globalen Solarmarkt. Deren Konkurrenz setzt deutschen Solarherstellern stark zu. Schließlich finanzieren die staatlichen Banken großzügig den enormen Ausbau der chinischen Produktionskapazitäten. Die so möglichen Skaleneffekte sind ein wesentlicher Grund dafür, dass Hersteller aus China und ihre Partner Solarprodukte deutlich billiger anbieten können als westliche Unternehmen.

Ein westlicher Solarhersteller ist die Solar-Fabrik AG aus Freiburg. Die Spezialistin für Solarmodule setzt im Wettbewerb auf hochwertige Produkte und zeigt sich für das laufende Jahr zuversichtlich. Im Gespräch mit ECOreporter kündigte Vorstandschef Günter Weinberger für das laufende Geschäftsjahr einen Anstieg von Absatz und Umsatz an. Aufgrund des starken Preisdrucks und daher sinkender Margen werde das Konzernergebnis jedoch dahinter zurückbleiben. Er verwies auf den starken Preisdruck, eine Folge des gegenwärtigen Überangebots an Solarprodukten im Weltmarkt und eben der günstigen Konkurrenz aus Fernost."Wir versuchen, den Preisverfall über den Einkauf zu kompensieren", erläuterte Weinberger. "Wir geben den Preisdruck in der Wertschöpfungskette weiter, also an die Hersteller von Solarwafern und -zellen. Der Markt ist jetzt ein Käufermarkt, die Käufer bestimmen das Spiel."

Keine Kritik äußerte der Vorstandschef auf die aktuellen Kürzungen der Solarstromtarife in den europäischen Kernmärkten Deutschland, Italien und Frankreich. "Die Änderungen im für uns wichtigen französischen Solarmarkt sind OK, damit können wir leben. Große Anlagen sind dort aber nicht mehr attraktiv", so Weinberger. Die Stärken der Solar-Fabrik lägen ohnehin im Geschäft mit Dachanlagen, also Anlagen im kleineren Maßstab. Und dieses Segment sieht der Unternehmenschef durch die neuen Regelungen der Solarförderung in Frankreich und auch in Italien gestärkt. Der deutsche Markt spiele für die Solar-Fabrik wegen ihrer Exportquote von 90 Prozent nur noch eine geringe Bedeutung. Weinberger begrüßte den verstärkten Trend hin zu Solaranlagen auf Dächern und fort von Großanlagen auf freier Fläche. Dachanlagen, für die es im privaten wie gewerblichen Bereichen ja viel Fläche gebe, würden zum einen die Netze viel weniger belasten, da sie kleiner seien als große Solarparks, und überdies befänden Sie sich, im Gegensatz zu den meisten Großanlagen auf freier Fläche, in der Nähe der Stromabnehmer. Der erzeugte Solarstrom müsse hier nicht weit geleitet werden.

Auch andere deutsche Solarunternehmen sehen ihre Zukunft vor allem im Auslandsgeschäft, etwa die Hamburger Conergy AG. Der Unternehmenssprecher nannte auf Nachfrage von ECOreporter Nordamerika als aussichtsreichen Markt. Conergy sei in vielen Regionen der Welt präsent, auch in Asien. In den letzten zwölf Monaten habe Conergy allein in Thailand drei Vertriebserfolge erzielt. Korea habe sich zuletzt weniger gut entwickelt als erhofft, auch existiere hier ein erhöhtes Währungsrisiko. Dagegen sei besonders der indische Solarmarkt ausgesprochen aussichtsreich. Leinhos kritisierte das "Hauruck-Prinzip", nachdem in Deutschland bei den Solartarifen verfahren werde. Durch ständige Debatten über Zeitpunkt und Stärke von Tarifkürzungen würden künstlich starke Marktschwankungen erzeugt, etwa der Boom in 2011 und die Absatzflaute im ersten Quartal 2011. Das bedeute für die Solarproduzenten ein Stop und Go und damit das Gegenteil von Planungssicherheit.

Die Phoenix Solar AG aus Sulzemoos bei München ist ein Photovoltaiksystemhaus, das auch stark im Projektgeschäft aktiv ist. Laut Unternehmenssprecherin Andrea Wegner sind die Geschäfte nach einem schwachen ersten Quartal zuletzt stark angezogen. Im ersten Quartal hätten viele Solarhersteller die Preise noch stabil gehalten, die Kunden hätten die erforderlichen Preissenkungen abgewartet. Inzwischen hätten die Preise deutlich nachgegeben, zudem stehe zum 1. Juli eine weitere Kürzung der Tarife in Deutschland und eine Neuregelung der Vergütung in Italien an. Beides beflügle die Nachfrage in diesem Monat sehr stark. Auf Nachfrage von ECOreporter legte sie dar, dass Phoenix Solar die Preissenkungen etwa durch Optimierung der Solarsysteme auffangen will. So verfüge das Unternehmen über eine eigene Abteilung 'Technik und Innovation', die Systeme entwickle, für die weniger Material wie etwa Stahl und Aluminium benötigt werde. Dies senke die Kosten für die kostspieligen Rohstoffe. Auch habe man Verfahren für eine einfachere und schnellere Montage der Solarsystem entwickelt. Mit derartigen Innovationen würden die Aufwendungen je Solarsystem verringert.

Wie Wenger weiter ausführte, rechnet Phoenix Solar für das Gesamtjahr in Deutschland mit einem Zubau der Photovoltaikleistung um 5 bis 6 Gigawatt (GW). Damit würde zwar der Rekordwert des Jahres unterschritten. Aber der Zubau fiele deutlich höher aus als die 3,5 GW, die das Bundesministerium anstrebt. Je deutlicher diese Marke überschritten wird, desto höher werden die folgenden Kappungen der Solarstromtarife ausfallen. Nach dem Willen der Bundesregierung werden die weiteren Kürzungen halbjährlich erfolgen und hängt deren Höhe vom Ausmaß des Zubaus ab.   

Laut Wenger baut auch Phoenix Solar das Auslandsgeschäft aus. Stark ist das Unternehmen bereits in Italien aktiv. Daher wurde es auch durch die lange Unsicherheit über die Neugestaltung der dortigen Solartarife belastet. Die Unternehmenssprecherin betonte im Gespräch mit ECOreporter zwar, dass noch immer viele Fragen nicht endgültig geklärt seien, aber nun imerhin die Konturen der neuen Regelung erkennbar seien. "Wir erwarten hier für die zweite Jahreshälfte keinen Solarboom, aber eine 'vernünftige' Entwicklung." Das Aufdachgeschäft werde ja sogar gestärkt.

Verstärkt setzt das bayrische Solarunternehmen auf den Solarmarkt in Nordamerika. Es hat eine US-Tochtergesellschaft mit Sitz in Kalifornien gegründet, dem mit Abstand größten Solarmarkt in den Vereinigten Staaten. Die habe zwar noch keine Aufträge ergattert, so Wegner, stehe aber nun kurz davor. Es sei in den USA einfach mehr Zeit erforderlich, ein Photovoltaikprojekt zu entwickeln, als in den schon reiferen Märkten Europas. Das Marktpotential in den USA und in Kanada sei aber enorm. Auf Nachfrage stellte sie klar, dass Phoenix Solar im US-Markt nicht mit Fist Solar und SunPower konkurrieren werde, den beiden Platzhirschen unter den einheimischen Solarprojektierern. Denn die konzerntrierten sich auf sehr große Projekte, während die Bayern sich auf kleinere Projekte beschränken würden.

Der europäische Solarbranchenverband EPIA (European Photovoltaics Industry Association) geht für die kommenden Jahre von einem starken Wachstum der weltweiten Photovoltaik aus. Für 2011 erwartet er einen Rückgang beim Neubau um 20 Prozent auf 13.3 GW. Danach aber werde die weltweit installierte Photovoltaikkapazität bis 2015 stark zulegen, von rund 40 GW Ende 2010 auf mindestens 130 GW in 2015. Die Bedeutung der Märkte in Europa und vor allem der bislang weltweit führende deutsche Solarmarkt werde aber an Bedeutung verlieren. Daher dürften die deutschen Solarunternehmen verstärkt Kunden jenseits von Europa suchen. Viele Marktteilnehmer gaben sich auf der Intersolar gegenüber ECOreporter bei der Frage nach den Aussichten für deutsche Akteure in diesen Märkten und im weltweiten Solarmarkt insgesamt selbstbewusst. Die Innovationskraft deutscher Solargesellschaften sei ungebrochen, der großen Erfahrungsvorsprung weiter ein Wettbewerbsvorteil. Es könne ihnen gelingen, bei Innovationen im Bereich der Effizienz von Produkten und Produktion die Konkurrenz aus Fernost weiter auf Abstand zu halten. Jedoch sei es wahrscheinlich, dass große Teile der Produktion in die Nähe der Kunden verlagert werde. Sinke die Bedeutung der Nachfrage aus Deutschland, würde auch weniger in Deutschland selbst produziert.

Insgesamt dürfte für viele Solarunternehmen aus Deutschland die Luft dünner werden. Der Druck, die Preise für Solarprodukte zu senken, wird anhalten und durch den Anstieg der Rohstoffkosten verschärft. Der Solarbranche steht insgesamt eine dramatische Konsolidierung bevor, stellt eine zur Intersolar veröffentlichte Studie der Managementberatung Oliver Wyman fest. Viele Hersteller von Zellen und Modulen könnten nur überleben, wenn sie einen Partner finden, also fusionieren oder übernommen werden. Die Übernahme von SunPower durch den Ölkonzern Total ist ein aktuelles Beispiel dafür (wir Opens external link in new windowberichteten). Die Marktforscher der US-amerikanischen iSuppli halten es angesichts der starken Überkapazitäten im Markt sogar für unausweichlich, dass in den kommenden Jahren eine Marktbereinigung stattfindet.

Nach Pfingsten werden wir weiter über unsere Gespräche mit Marktteilnehmern auf der Intersolar berichten.
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