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Paradigmenwechsel? - Mikrofinanzinstitutionen fühlen sich von der Wirtschaftskrise betroffen

Bislang herrschte die Annahme vor, dass Mikrofinanzinstitutionen sich unabhängig vom allgemeinen Marktgeschehen entwickeln können. Schließlich handelt es sich bei Mikrokrediten um Kleinkredite an Kleinstunternehmer aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Bislang wurde davon ausgegangen, dass etwa eine Tortillabäckerin aus den Slums von Mexiko einen Kredit für einen Ofen auch dann abzahlen kann, wenn die Weltwirtschaft ins Stottern gerät. Denn schließlich sind auch ihre Kunden nicht in das Finanzsystem der Industriestaaten eingebunden. Doch offenbar hat diese Theorie den aktuellen Praxistest der weltweiten Finanzkrise nicht überstanden. Das legt zumindest der Zweite Microfinance Banana Skins Report nahe. Er wurde vom 'Centre for the study of financial innovation' (CSFI) verfasst.

Der Bericht basiert auf einer Umfrage bei Branchenvertretern der weltweiten Mikrofinanz. Der Sektor ist in den letzten Jahren enorm gewachsen, 2008 wurden über die mittlerweile 1200 Mikrofinanzinstitutionen (MFI) rund 32 Milliarden Dollar an rund 64 Millionen Darlehensnehmer verliehen. In der aktuellen Befragung antworteen 430 MFIs aus 82 Ländern. Ihr Fokus lag auf den 350 Institutionen, die mehr als fünf Millionen Dollar verwalteten, dabei profitabel waren und wirtschaftliches Wachstum aufweisen können.

Im ersten Microfinance Banana Skins Report von 2008 hatten die Befragten noch die Managementqualität und die Unternehmensführung als die größten Risiken in dem Geschäft eingestuft. Nun aber wurde vor allem das Kreditausfallrisiko genannt. Bislang lag die Ausfallquote bei Mikrokrediten unterhalb von zehn Prozent. Die MFI scheinen nun zu befürchten, dass die grassierende Weltwirtschaftskrise es ihren Kunden immer schwerer macht, die Kredite wieder zu tilgen. Sollte es so kommen, würde ein gewichtiges Argument für Mikrokredite wegfallen.
Der von den Befragten am zweithäufigsten genannte Risikofaktor für das Geschäft der MFI ist der Mangel an Liquidität. Nachdem in den letzten Jahren viele Finanzinvestoren in den Sektor eingestiegen sind, könnte deren Engagement durch die Finanzkrise stark zurückgehen. Generell dürfte es den MFI schwerer fallen, an Geld zu kommen. Durch makroökonomische Trends verursachte Risiken landeten in der Umfrage auf Rang drei, ein weiteres Argument gegen die Annahme, es gebe bei der Mikrofinanz kaum Verbindungen zur Entwicklung der Industriestaaten. Das scheint aber auch die Akteure des Sektors selbst zu überraschen. Nur fünf Prozent der Befragten gab an, gut auf die genannten Risiken vorbereitet zu sein.

Zu dem in englischer Sprache veröffentlichen Report gelangen Sie per Opens external link in new windowMausklick.

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