Erneuerbare Energie

Noch untertrieben? - Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert Investitionsboom in Erneuerbare Energie



Demnach müssen laut den Berechnungen der Agentur mit Sitz in Paris umfassende Investitionen in Erneuerbare Energien getätigt werden. Um die Erderwärmung auch nur auf 3,5 Grad zu begrenzen, sei es erforderlich, bis 2035 5,7 Billionen US-Dollar in den Sektor  zu pumpen. Zum Vergleich: 2009 wurden weltweit 115 Milliarden Dollar in Grünstromanlagen investiert. Klimawissenschaftler gehen davon aus, dass schon eine Erwärmung des Weltklimas um über 2 Grad verheerende Auswirkungen hätte. Laut dem Energiereport ist es möglich, auch diese Marke noch zu erreichen, aber nur durch weitaus höhere Investitionen. Allein im Vergleich zum Jahr 2009 käme dies um eine Billion Dollar teurer und würde zusätzliche Investitionen von rund 12 Billionen Dollar erfordern.

Die IEA geht davon aus, dass nicht zuletzt die öffentliche Hand mehr Geld für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bereitstellen muss. 2009 beliefen sich deren Investitionen in den Sektor auf 57 Milliarden Dollar, nach 44 bzw. 41 Milliarden Dollar in 2008 bzw. 2007. Als Zielmarke für 2035 nennt die IEA in ihrem aktuellen Weltenergiereport eine Summe der öffentlichen Gelder von 205 Milliarden Dollar. Sie weist darauf hin, dass gegenwärtig mit Abstand die meisten staatlichen Gelder der Nutzung fossiler Brennstoffe zugute kommen. Für 2009 hätten sich die Mittel für diesen Sektor auf 312 Milliarden Dollar summiert, ein Vielfaches der Mittel für die alternative Energieerzeugung. Die negativen Folgen dieser Praxis seien gravierend. Die IEA fordert, die Stützmaßnahmen für fossile Brennstoffe auslaufen zu lassen. Sie prognostiziert, dass zum Beispiel der globale Ölverbrauch dadurch stark verringert würde.

Ein großes Problem für den Ausbau der klimaschonenden Energieerzeugung sieht die IEA in dem Überangebot an Erdgas. Das sei zum einen eine Folge der weltweiten Wirtschaftskrise, als mehr von diesem fossilen Brennstoff zur Verfügung stand als eingesetzt werden konnte. Zum anderen werde verstärkt verflüssigtes Erdgas verwendet, dass leicht per Tanker zu transportieren sei statt über eigens dafür errichtete Pipelines. Das Überangebot sei zwar vorübergehender Natur, werde aber für rund zehn Jahre bestehen. Das verringere die Attraktivität von Grünstromprojekten enorm und bremse deren Ausbau. In den USA hat in diesem Jahr nicht zuletzt der geringe Gaspreis die Verhandlungen von Grünstromanbietern mit Energiekonzernen über Abnahmeverträge erschwert und den Zubau der Windkraftkapazitäten scharf gebremst (wir Opens external link in new windowberichteten).

Nach Einschätzung der Agentur wird der weltweite Erdgasverbrauch in den kommenden 25 Jahren um 44 Prozent steigen und damit deutlich stärker als bei jeder anderen Energieform. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtmix werde in diesem Zeitraum von 19 auf 30 Prozent anwachsen - getrieben vor allem von Wind- und Wasserkraft - der Anteil von Kohleverbrennung von 41 auf 32 Prozent sinken. Diese Kalkulationen sind aus Kreisen der Grünstrombranche bereits scharf kritisiert worden. Hans-Josef Fell,  energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und Vizepräsident Eurosolar e.V., wirft der IEA hierzu vor, „nichts aus ihren gravierenden Fehlprognosen der letzten Jahre gelernt“ zu haben. Sie überschätze weiterhin die Verfügbarkeit und Kostenstabilität der fossilen Rohstoffe und unterschätze die Realität des rasanten weltweiten Ausbaus der Erneuerbaren Energien.

Bildhinweis: Hans-Josef Fell / Quelle: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

„Die prägnanten Fehleinschätzungen in den Prognosen der IEA sind jedoch keine Neuheit“, stellt Fell weiter fest. So habe die IEA im 2002 einen Ölpreis von 22 US-Dollar für das Jahr 2010 prognostiziert, der trotz der zwischenzeitlichen weltweiten Wirtschaftskrise bei rund 90 US-Dollar angelegt sei. Im gleichen Report habe sich die IEA mit ihrer Windkraftprognose bis 2020 von 100 Gigawatt ebenfalls stark verschätzt: 2009 lag die weltweite Kapazität bereits bei 157 Gigawatt.
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