Anleihen / AIF

Nachschusspflicht: Bei notleidenden Schiffsfonds sollen viele Anleger zusätzlich zahlen – wäre das auch bei Solarfonds möglich?

Von dem Eigenkapital, das im ersten Halbjahr 2010 in Schiffsfonds floss landeten 58 Prozent nicht in neuen Fonds, sondern in bestehende – als Stütze gegen eine finanzielle Schieflage. Infolge der weltweiten Finanzkrise sind etliche Schiffsfonds in schwere See geraten. Viele Anleger sahen und sehen sich mit Nachschussforderungen oder konfrontiert oder mit der Forderung, Ausschüttungen wieder zurückzuzahlen. Oftmals werden auch „freiwillige“ Kapitalerhöhungen durchgeführt, um einen Schiffsfonds zu stützen. Ist so ein Krisenszenario auch bei Solarfonds denkbar?

2008 wurde nach Angaben des Verbandes Geschlossene Fonds (VGF) noch 2,52 Milliarden Euro Eigenkapital inkl. Agio in Schiffsfonds investiert. 2009 waren es nur noch 0,74 Milliarden Euro. Nach den von VGF veröffentlichten Quartalszahlen sind die Platzierungszahlen 2010 weiter gesunken. Im Gegensatz zu den Jahreszahlen werden für die Quartalszahlen nur die Mitglieder des Verbandes befragt. 2010 wurden im ersten Quartal 72,3 Millionen Euro und im zweiten Quartal 127,2 Millionen Euro Eigenkapital eingeworben. Sind die Anleger also noch einigermaßen willig, in neue Schiffsfonds zu investieren? Wohl nicht: Von diesen Summen entfallen 43 (1. Quartal) bzw. 72,9 (2. Quartal) Millionen Euro auf Nachschüsse und Kapitalerhöhungen von Anlegern, um bestehende Schiffsfonds zu sichern. Somit sind von dem gesamten Eigenkapital, das im ersten Halbjahr 2010 in Schiffsfonds platziert wurde, 58 Prozent in die Stützung von Schiffsfonds in finanzieller Schieflage geflossen.

Bisher sind für mindestens 200 Schiffsfonds Sanierungskonzepte erarbeitet worden (Stand: September 2010). Nach einer Schifffahrtsstudie der Strategieberatung Roland Berger aus dem September 2010 sind Tilgungsstundungen das vorrangige Instrument der Emissionshäuser bei der Sanierung von Schiffsfonds.

Aussichten für sanierungsbedürftige Schiffsfonds

Die Schiffsmärkte haben sich allerdings nach der Krise schneller erholt als erwartet. Trotzdem sind die Charterraten, die Mieten für Schiffe, nicht in allen Segmenten schon hoch genug, um die Betriebskosten, die Fremdkapitalbedienung und die Eigenkapitalverzinsung abdecken zu können. Zudem gehen 75 Prozent der Teilnehmer der Roland Berger-Studie davon aus, dass die Charterraten in den nächsten zwölf Monaten wieder sinken werden. Somit besteht die Gefahr, dass die Maßnahmen zur Tilgungsstundung sich als nicht ausreichend erweisen. In diesem Fall könnten noch mehr Anleger als bislang zum Kapitalnachschuss aufgefordert werden.

Die Entwicklung bei den Energiefonds verläuft anders; sie sind stark nachgefragt, vor allem Solarfonds. Können hier ähnliche Risiken entstehen wie bei Schiffsfonds? Die Liquiditätskrise bei den Schiffsfonds ist entstanden, weil Schiffe nicht vermietet werden konnten bzw. nur Mieten am Markt erzielt werden konnten, die oftmals nicht mal die Betriebskosten des Schiffs abdeckten. Dagegen befinden sich Solarfonds meist in der vorteilhaften Situation, dass der Staat die Einspeisevergütungen für die Solaranlagen per Gesetz garantiert. Allerdings können defekte Module oder andere Probleme die Ertragslage von Solarfonds negativ beeinflussen. Nachschussforderungen könnten dann allenfalls sinnvoll sein, wenn eine kurzfristige Krise überwunden werden müsste.

Eine solche Krise könnte etwa bei einem größeren Vulkanausbruch eintreten, wenn die Sonnenstrahlung stark zurückgehen würde. Hier könnten Nachschüsse oder Rückzahlungen von Ausschüttungen seitens Anleger sinnvoll sein. Auslöser für eine Problemsituation eines Solarfonds können auch schadhafte Module oder andere Technikbestandteile sein. Zwar gibt es Gewährleistungen und Garantien, doch wenn die Hersteller zahlungsunfähig werden sollten, können Fonds ihre Ansprüche nicht mehr durchsetzen.

Lesen Sie morgen den 2. Teil unseres Berichts zur Nachschusspflicht für Fondsanleger: Wie ist die rechtliche Situation?
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