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“Nachhaltigkeits- und Ethikfilter bewirken ganz sicher keine schlechtere Wertentwicklung.” - ECOreporter.de-Interview mit Dr. Elisabeth Höller, INVERA
Dr. Elisabeth Höller ist eine Pionierin des nachhaltigen Investments. Das Research-Team ihrer INVERA Investment Ethics Research & Advisory AG aus Zürich erstellt bereits seit 1995 Nachhaltigkeits- und Ethik-Analysen zu Unternehmen und Emittenten von Wertpapieren. Im Gespräch mit ECOreporter.de nimmt Elisabeth Höller Stellung zur Entwicklung der Nachhaltigkeit von Unternehmen, zu der Bedeutung von Nachhaltigkeit für die Rendite von Geldanlagen und wagt einen Blick in die Zukunft.
ECOreporter: Der Klimawandel war in der Öffentlichkeit als Thema wegen der Finanzkrisen einige Jahre im Hintergrund. Aber er geht natürlich dennoch weiter. Nun hat der neueste Bericht des IPCC für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Inwiefern ist der Klimawandel ein Thema Ihrer Arbeit?
Dr. Elisabeth Höller: Wir legen Wert auf das Verantwortungsbewusstsein und eine redliche Gesinnung der untersuchten Unternehmen und Emittenten bei ihrem Umgang mit CO2–Emissionen und Erderwärmung. Dabei sind wir uns darüber im Klaren, dass wir nicht einfach quer durch die Länder und Branchen mit generell vordefinierten Vergleichszahlen aufwarten können. So weit sind wir leider noch nicht, aber mit Hilfe von Peergroup-Vergleichen (eine „Peergroup“ ist eine Reihe von Unternehmen mit ähnlicher Ausrichtung – die Red.) lernen wir für diese Thematik immer mehr dazu.
ECOreporter: Wenn Sie Nachhaltigkeitsrating um die Jahrtausendwende und heute vergleichen: Was hat sich verändert?
Höller: Da fällt zuerst einmal deutlich auf, dass wir im Zeitverlauf immer strenger geworden sind. Vor zehn und mehr Jahren hatten wir einzelne Firmen sogar als vorbildlich gelobt, deren Verhaltensmuster wir heute viel kritischer und reservierter betrachten. Wir waren früher vergleichsweise viel „grobschlächtiger“ z.B. gegenüber der Autoindustrie, während wir heute eine Palette von positiven Maßnahmen vorfinden, was die allgemeinen Fortschritte in der Ökofinanzierung, der Umweltbelastung oder auch den Energieaufwand in der Beschaffungskette betrifft. Und diese Fortschritte stehen erst am Anfang. Wirklich große Entwicklungssprünge gibt es z.B. auch im Umgang der Unternehmen und Emittenten mit dem Stakeholder „Lieferanten“. Die Lieferanten werden heute schon fast wie die Mitarbeitenden eng in die belieferten Firmen eingebunden. Das ist ein sehr positiver Trend.
ECOreporter: Manche Kunden wollen mit nachhaltiger Geldanlage einfach gute Renditen erzielen. Ist das möglich? Und sind Ihnen solche Kunden lieb, oder wollen Sie andere Erwartungen?
Höller: Wenn es um Geldanlagen geht, soll das Ziel nie und nimmer wegdiskutiert werden, mit dem angelegten Geld bei angemessener Risiko-Dimensionierung auch Geld zu verdienen. Ja, diese Kunden sind mir sehr lieb und wichtig, denn ihnen kann ich heute aus der Sicht des Portfolio Managers mit gutem Gewissen sagen, dass ein Nachhaltigkeits- und Ethikfilter bei der Titelselektion zwar keine Garantie für eine durchgängig bessere Performance gegenüber dem Investment-Prozess ohne Ethikfilter bietet. Aber ganz sicher braucht der Investor nicht fürchten, mit diesem Filter eine systematisch schlechtere Wertentwicklung einzukaufen. Wenn also die Spieße beim Ethikfilter gleich lang sind wie ohne diesen, dann muss ich hervorheben, dass es keinen Grund gibt, einen solchen Nachhaltigkeits- und Ethikfilter nicht einzusetzen. Die besseren Zukunftschancen für künftige Generationen nach uns sollten hier Rechtfertigung genug, für einen etwas aufwendigeren Selektionsprozess sein.
ECOreporter: Kunden wollen außer der finanziellen Seite einen Mehrwert haben, sie wollen, dass diese Welt nachhaltiger wird. Durch die Geldanlage. Inwiefern trägt Ihre Arbeit dazu bei?
Höller: Es liegt in der Natur der Sache, dass extrafinanzielle Ziele von Unternehmen und Emittenten unter kürzerfristiger Betrachtung wie etwa von Jahresbericht zu Jahresbericht nicht immer gleich auch im Aktienkurs durchschlagen. Dazu bedarf es erstens eines ganzen Bündels von Maßnahmen und zweitens sollten diese über mehrere Jahre bis Jahrzehnte hinweg erfolgen. Aber, glauben Sie mir, dieses Tun wird nicht verborgen bleiben, die Erfolge kommen zum Tragen! Mit unseren Direktkontakten zu den untersuchten Firmen und den einen oder anderen Verbesserungsvorschlägen können wir als Ethik-Rating-Agentur gelegentlich auch etwas Positives beitragen. Wir freuen uns jeweils sehr, wenn wir feststellen, dass sich die von uns betrachteten Firmen über die Jahre hinweg weiter und weiter verbessern konnten.
ECOreporter: Ob Bankenkrise, Eurokrise, X- oder Y-Krise: Immer geht es eigentlich darum, dass sich jemand nicht nachhaltig verhalten hat. Aber in der Öffentlichkeit in Deutschland sind die Stimmen, die Nachhaltigkeit und Finanzen zusammen bringen, eher wenig zu hören. Weder in den Talk-Shows noch in Publikationen. Nachhaltige Finanzpolitik scheint hierzulande noch nicht auf dem Radar zu sein. Wie das in der Schweiz?
Höller: Bei uns in der Schweiz sind die Fortschritte nicht besser, aber auch nicht schlechter. Sie sind vorhanden, sind feststellbar von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr. Darüber besteht kein Zweifel, und darüber dürfen wir uns freuen. Vielleicht sollten wir die positiven Fortschritte mehr und lauter loben und nicht einfach als selbstverständlich hinnehmen.
ECOreporter: Was denken Sie, wo die nachhaltige Geldanlage in fünf und zehn Jahren stehen wird?
Höller: Vor zehn bis 15 Jahren freuten wir uns, wenn alle paar Wochen bis Monate in den Medien einmal die Thematik Umwelt- und Sozialverantwortung bei der Geldanlage zur Sprache kam. Heutzutage würde es uns verwundern, wenn einmal ein ganzer Tag verginge ohne solche Nachrichten in den Medien. Wir haben uns oft mit der Frage befasst: Werden Verbesserungen der extrafinanziellen Unternehmenskonturen vor allem von einigen wenigen „Players“ bewirkt und getragen oder sollten sie nicht eines Tages zum Mainstream werden? Heute können wir meiner Meinung nach feststellen, dass Verantwortungsdenken der Umwelt und dem sozialen Kontext gegenüber schon längst Mainstream geworden ist.
Die Umwelt- und Sozialverantwortung hat sich nicht nur in den Bankkonten und den Anlagedepots etabliert, sondern auch schon sichtlich fest in den sozialen Netzwerken, in den Lehrplänen der Schulen und in den Kindergärten, in Spitälern und den Altersheimen, und vielem mehr. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird es nicht nur hunderte sondern vielleicht tausende von neuen Nachhaltigkeitsfonds, -indices und -zertifikaten geben. Und die alle dürfen wir freundlich und wohlwollend, aber kritischer aufnehmen als früher. So kommen wir mit unserem Wissen vorwärts und können dieses auch vielfältig und immer rascher weiter verbreiten. Damit wird auch der Wettbewerb noch intensiver. Geben wir der Zukunft eine Chance, jeder an seinem Platz!
ECOreporter: Und wo werden Sie und Ihr Unternehmen dann sein?
Höller: Die INVERA möchte im bewährten Zusammenwirken unseres Ethik-Research-Teams mit dem seit bald 20 Jahren bestehenden, sehr erfahrenen und interdisziplinär zusammengesetzten Ethik-Komitee ihre rund 1500 Unternehmen und Emittenten umfassende Datenbank weiter schrittweise ausdehnen und auch künftig den institutionellen und privaten Investoren mit Beratung und Analysen zur Seite stehen.
Was mich persönlich betrifft, so hat mein Herz neben dem Research- und der Produkt-Entwicklung im Besonderen immer auch fürs Portfolio Management geschlagen. Es ist mir ein großes Anliegen, dabei aufzuzeigen, dass es noch niemandem geschadet hat, wenn mit einem Ethikfilter investiert wurde, und dass man es darum keineswegs unterlassen sollte. Denn wenn wir alle nachhaltig investieren, bringt das die Welt zügiger weiter als ohne ein solches Vorgehen. In unserem internen INVERA-Vokabular sagen wir, dieses Verhalten weist in die ethisch richtige Richtung.
ECOreporter: Frau Dr. Höller, wir danken Ihnen für das Gespräch.
ECOreporter: Der Klimawandel war in der Öffentlichkeit als Thema wegen der Finanzkrisen einige Jahre im Hintergrund. Aber er geht natürlich dennoch weiter. Nun hat der neueste Bericht des IPCC für einige Aufmerksamkeit gesorgt. Inwiefern ist der Klimawandel ein Thema Ihrer Arbeit?
Dr. Elisabeth Höller: Wir legen Wert auf das Verantwortungsbewusstsein und eine redliche Gesinnung der untersuchten Unternehmen und Emittenten bei ihrem Umgang mit CO2–Emissionen und Erderwärmung. Dabei sind wir uns darüber im Klaren, dass wir nicht einfach quer durch die Länder und Branchen mit generell vordefinierten Vergleichszahlen aufwarten können. So weit sind wir leider noch nicht, aber mit Hilfe von Peergroup-Vergleichen (eine „Peergroup“ ist eine Reihe von Unternehmen mit ähnlicher Ausrichtung – die Red.) lernen wir für diese Thematik immer mehr dazu.
ECOreporter: Wenn Sie Nachhaltigkeitsrating um die Jahrtausendwende und heute vergleichen: Was hat sich verändert?
Höller: Da fällt zuerst einmal deutlich auf, dass wir im Zeitverlauf immer strenger geworden sind. Vor zehn und mehr Jahren hatten wir einzelne Firmen sogar als vorbildlich gelobt, deren Verhaltensmuster wir heute viel kritischer und reservierter betrachten. Wir waren früher vergleichsweise viel „grobschlächtiger“ z.B. gegenüber der Autoindustrie, während wir heute eine Palette von positiven Maßnahmen vorfinden, was die allgemeinen Fortschritte in der Ökofinanzierung, der Umweltbelastung oder auch den Energieaufwand in der Beschaffungskette betrifft. Und diese Fortschritte stehen erst am Anfang. Wirklich große Entwicklungssprünge gibt es z.B. auch im Umgang der Unternehmen und Emittenten mit dem Stakeholder „Lieferanten“. Die Lieferanten werden heute schon fast wie die Mitarbeitenden eng in die belieferten Firmen eingebunden. Das ist ein sehr positiver Trend.
ECOreporter: Manche Kunden wollen mit nachhaltiger Geldanlage einfach gute Renditen erzielen. Ist das möglich? Und sind Ihnen solche Kunden lieb, oder wollen Sie andere Erwartungen?
Höller: Wenn es um Geldanlagen geht, soll das Ziel nie und nimmer wegdiskutiert werden, mit dem angelegten Geld bei angemessener Risiko-Dimensionierung auch Geld zu verdienen. Ja, diese Kunden sind mir sehr lieb und wichtig, denn ihnen kann ich heute aus der Sicht des Portfolio Managers mit gutem Gewissen sagen, dass ein Nachhaltigkeits- und Ethikfilter bei der Titelselektion zwar keine Garantie für eine durchgängig bessere Performance gegenüber dem Investment-Prozess ohne Ethikfilter bietet. Aber ganz sicher braucht der Investor nicht fürchten, mit diesem Filter eine systematisch schlechtere Wertentwicklung einzukaufen. Wenn also die Spieße beim Ethikfilter gleich lang sind wie ohne diesen, dann muss ich hervorheben, dass es keinen Grund gibt, einen solchen Nachhaltigkeits- und Ethikfilter nicht einzusetzen. Die besseren Zukunftschancen für künftige Generationen nach uns sollten hier Rechtfertigung genug, für einen etwas aufwendigeren Selektionsprozess sein.
ECOreporter: Kunden wollen außer der finanziellen Seite einen Mehrwert haben, sie wollen, dass diese Welt nachhaltiger wird. Durch die Geldanlage. Inwiefern trägt Ihre Arbeit dazu bei?
Höller: Es liegt in der Natur der Sache, dass extrafinanzielle Ziele von Unternehmen und Emittenten unter kürzerfristiger Betrachtung wie etwa von Jahresbericht zu Jahresbericht nicht immer gleich auch im Aktienkurs durchschlagen. Dazu bedarf es erstens eines ganzen Bündels von Maßnahmen und zweitens sollten diese über mehrere Jahre bis Jahrzehnte hinweg erfolgen. Aber, glauben Sie mir, dieses Tun wird nicht verborgen bleiben, die Erfolge kommen zum Tragen! Mit unseren Direktkontakten zu den untersuchten Firmen und den einen oder anderen Verbesserungsvorschlägen können wir als Ethik-Rating-Agentur gelegentlich auch etwas Positives beitragen. Wir freuen uns jeweils sehr, wenn wir feststellen, dass sich die von uns betrachteten Firmen über die Jahre hinweg weiter und weiter verbessern konnten.
ECOreporter: Ob Bankenkrise, Eurokrise, X- oder Y-Krise: Immer geht es eigentlich darum, dass sich jemand nicht nachhaltig verhalten hat. Aber in der Öffentlichkeit in Deutschland sind die Stimmen, die Nachhaltigkeit und Finanzen zusammen bringen, eher wenig zu hören. Weder in den Talk-Shows noch in Publikationen. Nachhaltige Finanzpolitik scheint hierzulande noch nicht auf dem Radar zu sein. Wie das in der Schweiz?
Höller: Bei uns in der Schweiz sind die Fortschritte nicht besser, aber auch nicht schlechter. Sie sind vorhanden, sind feststellbar von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr. Darüber besteht kein Zweifel, und darüber dürfen wir uns freuen. Vielleicht sollten wir die positiven Fortschritte mehr und lauter loben und nicht einfach als selbstverständlich hinnehmen.
ECOreporter: Was denken Sie, wo die nachhaltige Geldanlage in fünf und zehn Jahren stehen wird?
Höller: Vor zehn bis 15 Jahren freuten wir uns, wenn alle paar Wochen bis Monate in den Medien einmal die Thematik Umwelt- und Sozialverantwortung bei der Geldanlage zur Sprache kam. Heutzutage würde es uns verwundern, wenn einmal ein ganzer Tag verginge ohne solche Nachrichten in den Medien. Wir haben uns oft mit der Frage befasst: Werden Verbesserungen der extrafinanziellen Unternehmenskonturen vor allem von einigen wenigen „Players“ bewirkt und getragen oder sollten sie nicht eines Tages zum Mainstream werden? Heute können wir meiner Meinung nach feststellen, dass Verantwortungsdenken der Umwelt und dem sozialen Kontext gegenüber schon längst Mainstream geworden ist.
Die Umwelt- und Sozialverantwortung hat sich nicht nur in den Bankkonten und den Anlagedepots etabliert, sondern auch schon sichtlich fest in den sozialen Netzwerken, in den Lehrplänen der Schulen und in den Kindergärten, in Spitälern und den Altersheimen, und vielem mehr. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird es nicht nur hunderte sondern vielleicht tausende von neuen Nachhaltigkeitsfonds, -indices und -zertifikaten geben. Und die alle dürfen wir freundlich und wohlwollend, aber kritischer aufnehmen als früher. So kommen wir mit unserem Wissen vorwärts und können dieses auch vielfältig und immer rascher weiter verbreiten. Damit wird auch der Wettbewerb noch intensiver. Geben wir der Zukunft eine Chance, jeder an seinem Platz!
ECOreporter: Und wo werden Sie und Ihr Unternehmen dann sein?
Höller: Die INVERA möchte im bewährten Zusammenwirken unseres Ethik-Research-Teams mit dem seit bald 20 Jahren bestehenden, sehr erfahrenen und interdisziplinär zusammengesetzten Ethik-Komitee ihre rund 1500 Unternehmen und Emittenten umfassende Datenbank weiter schrittweise ausdehnen und auch künftig den institutionellen und privaten Investoren mit Beratung und Analysen zur Seite stehen.
Was mich persönlich betrifft, so hat mein Herz neben dem Research- und der Produkt-Entwicklung im Besonderen immer auch fürs Portfolio Management geschlagen. Es ist mir ein großes Anliegen, dabei aufzuzeigen, dass es noch niemandem geschadet hat, wenn mit einem Ethikfilter investiert wurde, und dass man es darum keineswegs unterlassen sollte. Denn wenn wir alle nachhaltig investieren, bringt das die Welt zügiger weiter als ohne ein solches Vorgehen. In unserem internen INVERA-Vokabular sagen wir, dieses Verhalten weist in die ethisch richtige Richtung.
ECOreporter: Frau Dr. Höller, wir danken Ihnen für das Gespräch.